Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
Cattagus muste r te Fawn von oben nach u n ten, mit einem leisen Lächeln um die Lippen, und schü t telte dann den Kopf. Er holte Luft und fügte hinzu: »Verlorene Götter, Junge. Ich wäre nie mit so was durchg e kommen. Nicht mal, als ich noch dreißig Jahre jünger war. «
Dag schnaubte und wirkte eher amüsiert als beleidigt. »Natü r lich nicht. Tante Mari hätte aus deiner Haut eine Zeltklappe gemacht. «
Cattagus gluckste und hustete. »Das ist wahr. « Er winkte mit dem Messer in eine Richtung. »Die Mädchen vom Magazin h a ben dein Zelt vorbeigebracht. «
»Schon? «, sagte Dag. »Das ging schnell. «
Fawn folgte ihren Blicken und bemerkte einen großen Handw a gen neben einem der Blockhäuser, auf dem sich anscheinend alte Lederplanen stapelten. Ein Haufen la n ger Stangen ragte nach hinten über den Wagen hinaus.
»Sie meinten, du sollst ihnen ihren Wagen zurückbringen, s o bald du ihn leergeräumt hast. «
»Kann ich machen. Haben Mari und Sarri gesagt, wo ich es au f stellen soll? «
»Frag sie lieber. « Cattagus machte eine Handbewegung in Ric h tung des Sees.
Fawn folgte Dag und blickte am Ufer en tl ang . Links der Anl e gestelle, an der zwei schmale Boote festgemacht waren, befand sich eine Art hölzernes Gerüst im Wasser, vielleicht drei Schritt lang und zwei Schritt breit. Eine Frau, die langes, schwarzes Haar bis zu den Hüften trug und sonst gar nichts, stampfte mit einem ebenfalls schwarzhaarigen Mädchen kräftig darauf he r um. Mit ihnen marschierte Razi, der ebenfalls nackt war, klatschte in die Hände und rief dem Mädchen – das ungefähr vier sein mochte zu: »Spring, Tesy! Spring! « Sie kreischte vor Lachen und hüpfte wie ein Frosch, bespritzte die Frau, die sich duckte und grinste.
Das Gestell diente anscheinend dem Rötten irgendeiner lan g stieligen Pflanze, und die stapfenden Gestalten waren damit beschäftigt, den verrottenden Teil abzutr e ten, um die Fasern zu reinigen. Hinter ihnen stand Utau bis zur Hüfte im Wasser und hielt die Hände eines kle i nen Jungen, der vielleicht zwei Jahre alt sein mochte und sich an ihm festklamme r te, während seine dicken kleinen Beinchen hinter ihm das Wasser schaumig au f wirbelten.
Mari, die nur ein einfaches, ärmelloses und wadenla n ges Hemd trug und dazu Sandalen wie die ihres Mannes, stand auf dem Anleger, stützte die Hände in die Hüfte und schaute lächelnd zu. Sie schien ungefähr zur Hälfte damit fertig zu sein, einige Dutzend Rollen grob wirkendes Tau entweder in die Boote ei n zuladen oder aus ihnen heraus. Das Tau glich sehr dem Material der Haltenetze, mit denen Fawn die Wasserkürbis - Tragekörbe verschlo s sen gesehen hatte.
»Hey Mari! Wir sind zurück «, rief Dag zum Ufer hi n unter.
Also war er am Morgen schon einmal hier gewesen, wah r scheinlich, um alles zu arrangieren. Fawn fragte sich, ob das sein erster Einfall gewesen war oder sein dritter und welche Erklärungen er dabei vorgebracht ha t te. Anscheinend war ihm das Geschick zur Überredung nicht gänzlich abhanden geko m men.
Mari winkte zurück. »Bin gleich da! «
Stufen aus flachen Steinen führten die steile Böschung hinab zur Anlegestelle, und bald sah sich Fawn dem ein wenig e r schreckenden Anblick einer ganzen Familie von nackten, na s sen Seenläufern ausgesetzt, die vom Ufer her emporstiegen. Sie wirkten trotz der fehlenden Kleidung recht unbefangen.
Fawn selbst hatte nie mehr getan, als mit hochgeschlagenen R ö cken durch die seichten Stellen eines Flusses zu waten. Alle r dings nahm sie an, dass das Verhalten dieser Leute durchaus vernünftig war, wenn man davon au s ging, dass sie vermutlich ein Dutzend Mal am Tag aus den verschiedensten Gründen ins Wasser gingen und wieder herauskamen.
Dennoch war Fawn erleichtert, als sie nur mit den spärlichsten Grüßen an ihr vorüberströmten und einige Minuten später wi e der bekleidet aus dem nördlichen Holzhaus hervorkamen. Diese Kleidung allerdings war immer noch spärlich: Razi und Utau trugen eine gekürzte Hose wie Cattagus; Sarri und ihre Tochter lange, kittela r tige Hemden. Der kleine Junge war entwischt und strebte, immer noch nackt, schnurg e rade wieder dem Wasser zu, wurde aber unterwegs von Utau abgefangen und durch g e kitzelt .
Mari folgte den übrigen die Treppe hinauf und machte vor Dag Halt. »Morgen, Fawn. « Ihr Ausdruck war ein wenig spöttisch, aber nicht abweisend. »Dag, Sarri hat sich überlegt, dass du es dort unter dem Apfelbaum au f stellen kannst.
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