Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
gleicherm a ßen reserviert ausfiel.
Dar wartete einen Moment, dass Dag das Wort ergriff. Als aber nichts dergleichen geschah, meinte er: »Das war gestern Abend ein schlauer Rückzug. Du musstest dir die Klagen nicht anh ö ren. «
»Du hättest einen Spaziergang machen können. «
»Im Regen? Außerdem dachte ich mir, dass das eher ein Kniff von euch Streifenreitern ist. «
Dag senkte die Augenlider. »Wenn du meinst. « Er nickte Fawn zu und legte sich seine Satteltaschen und die ihren über die Schulter. »Komm, Fünkchen. Mach ’ s gut, Dar. «
Fawn lief hinter ihm her und nickte Dar noch hastig zu, der ganz offensich tl ich noch mehr hatte sagen wollen – zumindest der Art nach zu urteilen, wie er jetzt den Mund auf und z u klappte.
»Gab es Schwierigkeiten? «, fragte Dag, sobald sie außer Hö r weite waren. »Mit Dar, meine ich. «
»Eigentlich nicht. Abgesehen von einer wirklich u n höflichen Frage. «
»Und die war? «
Fawn errötete. »Er fragte, ob wir in seiner Hütte mite i nander geschlafen haben. «
»Ach. Nun, er hat tatsächlich ein Recht darauf, das zu erfahren. Aber er hätte mich fragen sollen. Als ob er sich nicht darauf verlassen könnte, dass ich es besser weiß. «
»Ich bin noch nicht dazu gekommen, ihn zu fragen, ob deine Mutter über Nacht irgendwie milder gestimmt wurde. Wolltest du dich nicht danach erkundigen? «
»Wäre das geschehen «, stellte Dag kühl fest, »hätte Dar sie g e wiss von Neuem aufbringen können. «
Fawn blickte auf ihre Füße herab, während sie den schlamm i gen und mit Blättern und Ästen übersäten Pfad entlangeilte. Mit ruhigerer Stimme fragte sie: »Hat diese Sache – dass du mich geheiratet hast – das Verhältnis zwischen dir und deinem Br u der irgendwie durcheina n dergebracht? «
»Nein. «
»Weil er ziemlich wütend auf dich zu sein scheint. Auf uns. «
»Er ist immer wegen irgendwas wütend auf mich. Es ist eine Gewohnheit. Mach dir darum keine Sorgen, Fünkchen. «
Sie erreichten die Straße und wandten sich nach rechts. Dag blickte kaum auf, als sie an der Lichtung seiner Familie vo r überkamen, und er machte keine Anstalten, sich dorthin zu wenden. Die Straße folgte der Kü s tenlinie rings um die Insel und beschrieb eine Biegung nach Süden, verlief zwischen dem Wald und noch weiteren Grüppchen von Holzhäusern, die en t lang des Ufers standen. Die tropfenden Bäume funkelten im Morgenlicht, und die Sonne, die bereits hoch über dem gege n überliegenden Ufer stand, sandte goldene Strahlen zw i schen den Stämmen durch die kühle, feuchte Luft hi n durch, die nach Moos und Regen roch.
Keine Viertelmeile weiter wandte Dag sich nach links zu einer Lichtung, die drei Blockhütten und eine Anleg e stelle aufwies, ganz wie viele andere auch. Im Norden markierte ein Hain aus hohen, schwarzen Walnussbä u men die Grenze zu den Nachbarn und im Süden eine Pflanzung mit kürzeren Obstbäumen. Unter Letzteren erkannte Fawn auch einige Bienenstöcke.
Auf einem Baumstumpf vor einer der Hütten saß ein älterer Mann, der nur Hosen und Ledersandalen trug. Die Hose war auf Kniehöhe abgeschnitten und wurde von einen Seil als Gü r tel gehalten. Sein graues Haar war im Nacken zu einem Knoten gebunden. Mit schwungvollen Schlägen schnitzte er an einem Holzstück, das ansche i nend eine Art Ruder oder Paddel werden sollte, und bei ihrem Anblick winkte er ihnen mit dem Messer einen liebenswürdigen Gruß zu.
Dag ließ die Satteltaschen auf einen anderen Stumpf fallen und führte Fawn zu dem Alten hinüber. Wegen seiner knorrigen Füße vermutete sie, dass er ein alter Streifenreiter war. Eins t mals war er eindeutig ein großer Mann gewesen, und jetzt im Alter wurde er etwas sehnig, außer um seine – für einen See n läufer ausladende Mitte. Er betrachtete Fa wn ebenso neugierig wie sie ihn.
»Fawn, das ist Cattagus Rotdrossel, Maris Mann «, stellte Dag ihn vor.
Dags Onkel also. Dann hatte diese Ehe Dag immerhin nicht von seiner gesamten Familie entfremdet. Fawn knickste. Sie lächelte besorgt und hielt verstohlen nach Mari Ausschau. Es wäre großa r tig, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Aber sie entdeckte niemanden sonst, auch wenn sie fröhliche Stimmen vom Ufer heraufscha l len hörte.
Cattagus neigte den Kopf zu einem spöttischen Gruß. »Das ist also die Ursache für dieses ganze Getue. Niedlich ist sie ja, muss ich dir lassen. « Er keuchte beim R e den, mit einem hohen, pfeifenden Laut, der seine Stimme untermalte.
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