Bujold, Lois McMaster - Die magischen Messer 2
Dag gefertigt. Es musste nicht eigens gesagt we r den – und Cattagus sagte es auch nicht –, dass Dag nun eine neue Quelle benötigte. Fawn stellte fest, dass sie ein besond e res Gespür für Gleichgewicht und eine sichere Hand fürs Pfeilm a chen hatte, und bald war sie auch mit den Vor und Nachteilen von Truthahn, Falken und Krähenf e dern vertraut.
Dag stapfte mehrfach davon, um, wie er sagte, die G e gend zu erkunden. Wenn er zurückkehrte, wirkte er jeweils in unte r schiedlichem Maße besorgt, erfreut oder regelrecht wütend. Fawn und Cattagus saßen gerade u n ter einem Walnussbaum und arbeiteten an Pfeilen, als er einmal in letzterer Stimmung zurückkehrte, wortlos durch die Zeltplane trat und schließlich mit Bogen und Köcher wieder herauskam. Im Vorübergehen fischte er einen Wasserkürbis aus dem Korb neben der Zel t klappe und stellte ihn auf einen Stumpf im Walnusshain.
Innerhalb von fünfzehn Minuten hatte er den Wasse r kürbis auf etwas reduziert, was einem Stachelschwein glich, welches von einem Felsblock erschlagen worden war. Dags Atmung hatte sich fast wieder beruhigt, als er die fest verkeilten Fehlschüsse aus dem Baum hinter dem Stumpf herauszerrte. Andere Feh l schüsse weiter verstreut im Hain gab es nicht.
»Den hast du wohl erwischt «, stellte Cattagus mit e i nem Nicken in Richtung der Überreste fest. »Jemand, den ich kenne? «
Dag trat zu ihnen und lächelte ein wenig verlegen. »Nicht mehr so wichtig. « Seufzend setzte er sich nieder, löste die Sehne und legte den Bogen beiseite. Dann nahm er einen der neuen Pfeile auf und musterte ihn fachkundig. »Du wirst immer besser, Fünkchen. «
Das sollte wohl eine ganz bewusste Ablenkung sein. »Weißt du, immer wieder erzählst du mir, ich solle besser nicht mitko m men, damit die Leute frei und offen mit dir sprechen. Aber ich habe das Gefühl, mit manchen kämst du weiter, wenn sie nicht ganz so frei und offen reden würden. «
»Das mag sein «, räumte er ein. »Morgen vielleicht. «
Der nächste Morgen war allerdings einigen überfälligen Wa f fenübungen gewidmet, nicht zuletzt, weil Maris Pa t rouille bald wieder aufbrechen sollte. Auf Razis Einl a dung hin schaute Saun vorbei, und zum ersten Mal wurde Fawn sich der Tatsache b e wusst, wie wenig Besucher bisher auf dem Zeltplatz gewesen waren. Wenn sie und Dag tatsächlich das Thema des Sees w a ren, hätte doch zumindest die Neugier einen steten Strom an Nachbarn vorbeiführen sollen – und sei es nur, um unter alle r hand Entschuldigungen einen Blick auf sie zu erhaschen. Fawn war nicht sicher, wie sie diese Abwesenheit zu deuten hatte: Höflichkeit oder Ausgrenzung? Doch Saun war so nett zu ihr wie immer.
Die Übungen begannen mit Bogenschießen. Fawn war fasz i niert und machte sich nützlich, indem sie hinter den Fehlschü s sen her in den Walnusshain lief oder Wasse r kürbisschalen für Schüsse auf bewegliche Ziele in die Luft warf. Befriedigt stellte sie fest, dass ihre Pfeile a n scheinend genauso gut ihren Dienst taten wie die ihres Lehrmeisters.
Cattagus saß indes auf einem Holzblock und komme n tierte die Leistung der Schützen so freimütig, wie es sein Atem nur z u ließ. Saun neigte dazu, sich von ihm entm u tigen zu lassen, aber Mari zahlte ihm in gleicher Münze heim. Dag lächelte nur. Dann fuhren die fünf Streifenre i ter mit dem Fechtkampf fort, mit Messern und Schwe r tern aus Holz. Mari war schnell und raffiniert, aber kon n te in Stärke und Ausdauer nicht mithalten. Für eine Frau von fünfundsiebzig Jahren war das allerdings w e nig überraschend, und bald brachte ihr ihr Alter einen Platz n e ben Cattagus ein, von wo aus sie die anderen treffend kritisierte.
Allmählich wurde der Kampf hitziger, mit vielen Fi n ten, die Fawn ziemlich hinterhältig vorkamen, nicht zu sprechen von den Zweifeln, ob sie nun bei einem Schwert oder einem Rin g kampf zuschaute. Das Klacken und Klappern der Holzklingen war durchsetzt von Schreien und Flüchen oder, zu Sauns gel e gentlicher Freude, von einem Gut so! Dag trieb die anderen bis weit über die Atemlosigkeit hinaus und brachte keuchend, aber übe r zeugend die Theorie vor, dass es im Ernstfall auch keine geregelten Pausen gab und man deshalb be s ser wusste, wie man sich bewegte, wenn man sich kaum noch bew e gen konnte.
Anschließend gingen die schweißgetränkten und dreckigen Kämpfer im See schwimmen, und als sie wieder zum Vorschein kamen, rochen sie nicht schlimmer als gewöhnlich. Sie ve
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