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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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die
meisten trieben ihre Scherze mit dieser Tradition. Er konnte sich gut an seine
Kumpel erinnern, die sich spaßeshalber Schilder umgehängt hatten, auf denen die
Größe ihrer Höfe verzeichnet war, getreu dem Motto: Schönheit vergeht, Hektar
besteht. Dann warteten sie am Bierstand, und vor der Brust baumelte gut
sichtbar: »Achtzig Hektar Land, hundertzwanzig Milchkühe«. Vielleicht war sogar
ein kleiner Funken Ernst dabei gewesen, doch soweit sich Hambrock erinnerte,
hatte keiner von ihnen seine Frau auf dem Bullenball kennengelernt.
    Es kam Bewegung in den Stau. Ein paar Meter ging es voran, danach
wieder Stillstand. Sein Handy klingelte. Er zog es hervor und sah aufs Display.
Es war Suhrkötter.
    »Sie werden es nicht glauben«, begrüßte er Hambrock. »Aber es gibt
eine neue Amokdrohung für das Anne-Frank-Gymnasium. Die ist heute Nachmittag
aufgetaucht.«
    »Bitte nicht.«
    »Wieder in diesem Forum für ehemalige Schüler. Es ist derselbe User
wie beim letzten Mal, mercenaryX.«
    »Als hätten wir sonst nichts zu tun. Wann soll das Ganze denn
diesmal stattfinden?«
    »Am Freitag. Also übermorgen.«
    »Ist die Schule informiert?«
    »Ja, alles ist in die Wege geleitet. Ich würde vorschlagen, wir
treffen uns morgen, um die Sache durchzugehen. Um elf bei Ihnen?«
    »Also gut. The show must go on. Dann bis morgen um elf.«
    Er beendete das Gespräch und warf das Handy auf den Beifahrersitz.
Sie würden sich die Schüler noch einmal vorknöpfen müssen. Nicht ohne Grund war
es schon wieder das Anne-Frank-Gymnasium. Der Täter war dort zur Schule
gegangen oder war noch immer Schüler, das stand außer Frage. Wenn der Junge
sich mit seinen Androhungen einen Spaß erlaubte, wovon Hambrock ausging, dann
würde er sich sehr über die rechtlichen Konsequenzen wundern, die das alles
nach sich ziehen würde.
    Es ging wieder ein paar Meter voran. Langsam arbeitete Hambrock sich
zur nächsten Ampel vor. Er gähnte. Schaltete das Radio ein und suchte nach
einem Sender. Eher zufällig entdeckte er die junge Frau auf dem Bürgersteig. Es
war Vanessa, die Freundin des toten Wachmanns. Ihm war sofort klar, was die
Frau hier vorhatte. Die Wohnung des Toten war seit heute freigegeben, sie lag
keine hundert Meter entfernt in einer Seitenstraße. Und tatsächlich fischte sie
in diesem Moment ein Schlüsselbund aus ihrer Handtasche, bog in die
Seitenstraße und verschwand aus seinem Blickfeld.
    Hambrock beugte sich vor und versuchte einen weiteren Blick auf sie
zu erhaschen. Da ertönte ein Hupen. Es war wieder grün, die Karawane schleppte
sich ein paar Meter weiter. Er schaltete in den ersten Gang und nahm den Fuß
von der Kupplung. Vanessa war verschwunden.
    Der Schlüssel glitt mühelos durchs Schloss. Die Wohnungstür sprang
auf. Vanessa lauschte, doch alles war ruhig. Vorsichtig betrat sie den Flur.
Sie spürte nichts. Ihr Atem floss ruhig und gleichmäßig. Sie hatte alles unter
Kontrolle.
    In der Wohnung schien sich nichts verändert zu haben. Sie hatte ein
Chaos erwartet, schließlich war sie von der Polizei durchsucht worden. Aber
alles sah aus wie vorher.
    Sie ging ins Schlafzimmer. Die Bettwäsche war dieselbe wie bei ihrer
letzten gemeinsamen Nacht. Ein hässliches Blumenmuster, irgendein Schnäppchen
aus dem Schlussverkauf. Matthis hatte eben keinen Geschmack gehabt.
    Am besten begann sie mit der Suche im Schlafzimmer. Sie hatte alle
Zeit der Welt, nichts würde ihr verborgen bleiben. Im Gegensatz zur Polizei
wusste sie, wonach sie suchte. Und deshalb würde sie auch erfolgreich sein.
    An diesem Abend erreichte Marie den Probenraum als Letzte. Die
anderen standen bereits auf dem Parkplatz vorm Eingang und rauchten. Wie an
jedem Mittwochabend traf sich die Jazzband in einer Brooker Gastwirtschaft, in
deren Festsaal die Bandprobe stattfand. Jule stand da und lauschte den
Gesprächen. Offenbar gab es etwas Wichtiges zu bereden. Mit einem Lächeln
begrüßte sie Marie, dann wandte sie sich der Flötistin zu, die gerade etwas
sagte.
    »So eine Tuba lässt sich bestimmt gut bei eBay verkaufen. Da kann
man ordentlich Geld machen.«
    »Ach was, das traut der sich nicht. Ich erkenne die Tuba unter
Hunderten wieder. Das wäre viel zu gefährlich für ihn, die bei eBay
reinzustellen.«
    Es ging um den Einbruch im Anhänger der Jazzband. Marie stellte sich
zu der Gruppe und schnorrte vom Schlagzeuger eine Zigarette.
    »Ich glaube auch nicht, dass der die im Internet verkauft«, sagte
ein anderer. »Es gibt genügend andere

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