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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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einen heben.«
    »Geht klar. Mach ich.« Ben wandte sich wieder dem Ballerspiel zu.
Aus dem überquellenden Aschenbecher fischte er eine halb gerauchte Zigarette
heraus und zündete sie erneut an.
    Tim schloss die Tür und machte sich auf den Weg. Er war spät dran.
Wenn er alles nicht noch schlimmer machen wollte, als es ohnehin schon war,
musste er sich beeilen. Es war für ihn zwar nur ein Pflichtbesuch, aber das
musste Maike ja nicht wissen. Er würde ihr irgendetwas vorspielen, das
funktionierte bestimmt.
    Maike wohnte in einem Mietshaus aus den Fünfzigerjahren. Alle
Fenster der Wohnung gingen zu einer vierspurigen Ausfallstraße. Es war nie
ruhig, sondern Tag und Nacht laut und ungemütlich. Aber irgendwie, fand er,
passte das ganz gut zu ihrer Beziehung.
    Er trat in das düstere Treppenhaus. Sein Klopfen an ihrer
Wohnungstür ging in dem plötzlichen Lärm unter, den ein Krankenwagen mit
Blaulicht und Martinshorn verursachte. Er klopfte erneut, und kurz darauf
öffnete sich die Tür. Maikes Gesicht verdunkelte sich zwar, als sie ihn sah,
aber er konnte auch Hoffnung und Erleichterung darin erkennen. Es würde ein
Kinderspiel werden.
    Er brachte einen zerknirschten Hundeblick zustande.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte er unterwürfig.
    Sie verschränkte mürrisch die Arme und schwieg.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Es ging mir ganz einfach nicht gut.
Nach der Sache mit Matthis wollte ich alleine sein. Er war mein bester Freund.
Das musste ich erst mal verdauen.«
    »Er war auch ein Freund von mir.«
    »Ich weiß.«
    »Ich hab versucht, dich anzurufen.«
    »Mein Handy war ausgeschaltet. Ich hab ziemlich viel gekifft in den
letzten Tagen.«
    Sie schmollte immer noch.
    »Können wir nicht wenigstens darüber reden?«, fragte er.
    Wieder der Hundeblick, und im nächsten Moment hatte er es geschafft.
Sie gab sich mit einem Seufzer geschlagen und ließ ihn herein. Er versuchte sie
zu küssen, doch sie entzog sich und ging stattdessen in die Küche, um Teewasser
aufzusetzen. Er folgte ihr und setzte sich an den Tisch.
    Während sie den Wasserkocher füllte, machte sich bei ihm das
schlechte Gewissen bemerkbar. Er wollte ja gar nichts mehr von Maike, es war
alles nur Theater. Was ihn betraf, war ihre Beziehung längst Geschichte. Er war
nur hier, um Informationen zu bekommen. Doch jetzt fragte er sich: War es das
denn wert, sie erneut zu verletzen?
    Maike war Vanessas beste Freundin. Wenn einer etwas über sie wusste,
dann sie. Tim hatte keine Wahl. Er musste herausfinden, ob er Vanessa trauen
konnte, und dies war der einzige Weg, der ihm einfiel.
    »Wie geht es Vanessa?«, fragte er. »Kommt sie mit der ganzen Sache
zurecht?«
    »Es geht so.« Maike setzte sich zu ihm.
    »Er war schließlich ihr Freund. Das muss sie ziemlich umgehauen
haben.«
    »Es hat uns alle umgehauen.« Sie betrachtete ihn eingehend. »Warum
redest du nicht mit mir? Warum ziehst du dich zurück? Lass dir doch von mir
helfen.«
    Tim unterdrückte einen Seufzer. Also gut, reden wir über mich,
dachte er. Das bekomme ich auch noch hin.
    In der folgenden halben Stunde gab er Maike das, was sie von ihm
wollte: den harten Kerl mit dem weichen Kern, dem es schwerfiel, über seine
Gefühle zu sprechen. Er fühlte sich mies dabei. Dieses Theater hatte sie eigentlich
nicht verdient. Aber so war nun mal das Spiel, er konnte das nicht ändern.
    Am Ende hatte er Maike genau da, wo er sie haben wollte. Sie hockten
sich an dem winzigen Küchentisch gegenüber, hielten einander die Hände, und
Maike schaffte es kaum mehr, die Tränen zurückzuhalten.
    »Aber für Vanessa muss alles viel schlimmer sein«, tastete er sich
erneut vor. »Sie hat ihn schließlich geliebt.«
    Maikes Blick veränderte sich. Zaghaft zog sie ihre Hände zurück.
Dann stand sie auf und setzte eine zweite Kanne Tee auf.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht … Ach egal.«
    »Was meinst du damit?«
    »Matthis war dein Freund. Ich will nicht schlecht über ihn reden.«
    »Maike.« Er zwang sie, ihm in die Augen zu blicken. »Bitte sag mir,
was du weißt.«
    »Nun ja. Ich denke nicht, dass Vanessa mit ihm so glücklich war.«
    »Wieso denn? Sie waren doch ein hübsches Paar.«
    »Vanessa …« Sie zögerte. »Vanessa hatte Angst vor ihm. Sie hat nicht
oft darüber geredet, aber ich wusste es trotzdem. Ich glaube, sie wollte ihn
verlassen, aber sie befürchtete, er würde ihr dann etwas antun.«
    »Ihr etwas antun? Das ist doch Unsinn. So etwas hätte Matthis
niemals gemacht.«
    In ihren Augen

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