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Bullenhitze

Bullenhitze

Titel: Bullenhitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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entgegen.
    »Was machen Sie denn hier, noch dazu in diesem Zustand?«, wollte Hubert Conradi, ein langjähriger Angestellter, von ihm wissen.
    »Der Kollege Sallner ist ausgefallen, seine Frau ist krank. Deshalb müssen Sie leider mit mir vorliebnehmen.«
    »Aber so ganz gesund sehen Sie beim besten Willen auch nicht aus, Chef«, bohrte Conradi nach.
    »So fühle ich mich auch nicht, aber was hilft es denn? Die Arbeit muss gemacht werden, und ich will Sie zumindest bis Mittag oder Nachmittag unterstützen, so gut es geht. War viel los letzte Nacht?«
    »Gestern Abend sind es zwei gewesen, in der Nacht sind drei dazugekommen. Liegen alle in der Kühlung.«
    »Jemand dabei, den man kennen muss?«
    Trotz des vollen Vertrauens, das Wohlrabe seinen Mitarbeitern entgegenbrachte, wollte er sich um die Hinterbliebenen sogenannter Premiumkunden immer persönlich kümmern. Als solche betrachtete er Verstorbene aus der Politik, der Wirtschaft, dem Sport oder sonstige Prominente, von denen es nach seiner Meinung leider viel zu wenige in Kassel gab.
    »Leider nein, Chef«, klärte Walter Viesemann, ein anderer Mitarbeiter, ihn auf. »Alles ganz normale Sterbliche. Eigentlich könnten Sie gleich wieder umdrehen und sich zu Hause ins Bett legen. Was ist denn eigentlich mit Ihnen passiert, dass es Ihnen so schlecht geht? Zu viel Schnaps gestern Abend?«
    Die Mitarbeiter des Bestatters am Tisch lachten freundlich.
    »Nein, der Alkohol war es wohl nicht. Ich war gestern Abend mit meiner Frau aus zum Essen, und irgendwas davon habe ich offensichtlich nicht vertragen. Damit habe ich mich dann die ganze Nacht herumgeplagt.«
    »Wollen Sie uns nicht verraten, wo man derart schlechtes Essen kriegt, dass man am nächsten Tag so aussieht wie Sie heute?«, fragte Conradi. »Das könnte uns vielleicht vor dem bösen Erwachen nach einem schönen Essen bewahren, was meinen Sie.«
    Wieder Gelächter.
    »Das könnte euch so passen«, feixte Wohlrabe zurück. »Ich sage euch, wo ich zum Essen war, und ihr posaunt in der ganzen Stadt aus, wie man sich fühlt, wenn man dort gegessen hat. Das können Sie getrost vergessen, meine Herren.«
    »Außerdem«, bemerkte Viesemann, »war die Mahlzeit bestimmt in einer Preisliga angesiedelt, die wir uns eh nicht leisten können. Und von einer Currywurst bei der Bratwursthilde habe ich noch niemals nicht mal Bauchschmerzen gekriegt.«
    »Das stimmt auch wieder«, gab Wohlrabe zurück. »Dafür schmeckt alles gleich und immer nach altem Frittenfett. Und jetzt genug davon, Männer, lasst uns loslegen.«
    Alle tranken ihren Kaffee aus, standen auf und begaben sich an die Arbeit. Conradi folgte Wohlrabe mit ein paar schmalen Ordnern unter dem Arm in dessen Büro.
    »Hier sind die Sachen, die am besten gleich heute Morgen erledigt werden sollten.« Er begann mit einer Aufstellung der Leichen, die seit dem vorigen Mittag angefallen waren.
    »Wenn Sie wirklich nicht zu bremsen sind, Chef, können Sie diesen Brandau hier übernehmen. Der ist nicht der Hellste unter der Sonne, so weit ich es verstanden habe, und sollte relativ schnell gehen. Danach fahren Sie nach Hause zu Ihrer Frau, legen sich schnuckelig ins Bett, und lassen sich schön bedienen.«
    Er sah Wohlrabe mitleidig an.
    »Wobei ich ehrlich gesagt nicht verstehen kann, warum Sie sich das heute Morgen antun müssen. So viel ist doch beileibe nicht zu tun, dass wir es nicht allein schaffen würden.«
    »So ist das eben Herr Conradi. Ich bin die Vertretung, wenn einer ausfällt, und das mache ich dann auch. Ich verlange nicht weniger von mir als das, was ich auch von Ihnen erwarten würde.«
    »Ich weiß, Chef«, winkte Conradi ab. »Also fahren Sie zu diesem Brandau, ich übernehme den Rest. Und wenn tatsächlich noch eine der wenigen Kasseler Berühmtheiten abnippeln sollte, holen wir Sie gerne wieder ins Boot. Einverstanden?«
    Wohlrabe nickte, griff sich an den Bauch, kniff die Augen zusammen und rannte los Richtung Toilette. Conradi sah ihm kopfschüttelnd hinterher.
     
     

6
    Lenz warf einen letzten Blick auf die unter ihm liegende, von tausenden Lichtern erleuchtete Stadt, drehte sich um und ging am Oktogon des Herkules vorbei zu dem großen, einsamen Parkplatz, auf dem sein Wagen stand.
    Nachdem er Gensungen verlassen hatte, war er auf die Autobahn nach Frankfurt gefahren. Ohne Sinn und ohne Ziel hatte er Kilometer um Kilometer Richtung Süden hinter sich gebracht, bis bei Bad Nauheim starker Schneefall einsetzte. Er war bis zur Raststätte Wetterau

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