Bullenhitze
einer anderen Lösung, doch Altenburg war der einzige ernst zu nehmende Interessent. Während Himmelmann sich noch zierte und wann immer es ging kundtat, dass die Stadt Hofgeismar nicht als Geldgeber in das Projekt einsteigen würde, brachte Patzner Altenburg mit seinem Mentor Kronberger zusammen, doch die Vorstellungen der beiden lagen um Welten auseinander. Zu dem von Altenburg anvisierten Preis konnte Kronbergers Baufirma das Krematorium unmöglich kostendeckend erstellen. Trotzdem waren die Unternehmer immer im Gespräch geblieben.
Wieder blickte Klaus Patzner auf die Szenerie vor der Kulisse des im Umbau befindlichen Auestadions, aus dessen Mitte zwei große Baukräne aufragten. Er hätte etwas für ein Fernglas gegeben und überlegte einen Augenblick, sich noch etwas näher heranzuwagen, ließ es jedoch mit Rücksicht auf Peters bleiben.
Nun wurde die Leiche des Bauunternehmers von zwei Bestattern aus dem Wagen gehoben und auf ein Tragegestell gelegt. Nachdem sie zur Seite getreten waren, beugten sich mehrere Männer zu dem Toten hinunter.
19
Der Rechtsmediziner hob erst Kronbergers schlaffen rechten Arm an, danach den linken, und betrachtete die beiden Handgelenke. Danach sprach er leise etwas in ein Diktiergerät. Im Anschluss wiederholte er die Prozedur an den Fußgelenken. Wieder benutzte er sein Diktiergerät.
»Kommen Sie bitte mal her«, forderte er zwei neben einem Leichenwagen stehende Bestattungshelfer auf, »und helfen Sie mir, ihn aus dem Wagen zu heben.«
Die Männer kamen mit einer Bahre in der Hand näher, stellten das Metallgestell neben den Mercedes und hievten den Toten vorsichtig aus dem Auto. Nachdem sie ihn abgelegt hatten, traten sie zur Seite, und Franz kniete sich neben die Bahre.
»Kommen Sie mal her, Herr Lenz.«
Der Kommissar und Hain traten neben ihn.
Mit einer geschickten Bewegung hob der Arzt Kronbergers Kopf an und schob den Mantelkragen zurück.
»Genau so habe ich mir das vorgestellt«, erklärte er mit dem Anflug eines Lächelns um die Lippen und ließ den schlaffen Körper zurücksinken. »Vorbehaltlich der Obduktion natürlich gehe ich stark davon aus, dass er tot oder zumindest bewusstlos war, als er ins Auto gesetzt wurde. Es gibt eindeutige Haltespuren an seinen Handgelenken und im Genick, also den Stellen, wo man einen Leblosen in der Regel anfassen muss, um ihn zu transportieren. Und ich bin sicher, dass ich unter seinen Achseln die gleichen Hinweise finde, allerdings bin ich gerade zu faul, um ihn hier zu entkleiden. Das muss ich im Institut ohnehin machen.«
»Dann können wir ab jetzt davon ausgehen, dass er für seinen Tod nicht selbst verantwortlich ist?«
Dr. Franz nickte. »Wie gesagt, vorbehaltlich der Obduktion, deren Ergebnisse Sie spätestens morgen Nachmittag haben. Aber Zweifel habe ich definitiv keine mehr.«
»Tja«, meinte Hain, »dann bestellen wir am besten gleich die Spurensicherung, damit nicht noch mehr Spuren von herumwuselnden Polizisten zerstört werden.«
»Gute Idee. Übernimmst du das bitte, Thilo«, gab Lenz zurück.
20 Minuten danach standen die beiden Polizisten etwas abseits und sahen den Kollegen der Spurensicherung bei der Arbeit zu. Die Leiche des Bauunternehmers war unterdessen auf dem Weg ins Rechtsmedizinische Institut nach Göttingen.
»So schnell geht das, und man hat zwei Mordfälle innerhalb von 24 Stunden«, bemerkte Hain und trat dabei von einem Bein auf das andere, um sich warm zu halten.
»Sollen wir die Sache hier abgeben, oder willst du uns das auch noch aufhalsen?«
»Darüber hab ich vorhin nachgedacht. Ich glaube, das hier geben wir ab, damit wir uns ganz auf die Wohlrabe-Geschichte konzentrieren können. Außerdem sind wir nicht mehr die Jüngsten, was meinst du?«
Sein um viele Jahre jüngerer Kollege musterte ihn. »Da hast du ausnahmsweise recht, wenn du dich damit meinst. Ein bisschen Sport würde dir zur Abwechslung sicher ganz gut tun, du siehst nämlich nicht fit aus, mein Freund.«
Der Hauptkommissar winkte ab. »Ich fühl mich auch nicht so besonders prickelnd. Aber das wird schon wieder. Und vielleicht hast du recht, vielleicht sollte ich mal wieder Sport treiben. Aber jetzt lass uns den Kollegen den Fall übertragen und dann an unserer Sache weitermachen. Das hat auch den unbestreitbaren Vorteil, dass sie den Hinterbliebenen die Todesnachricht überbringen müssen.«
*
Um Punkt 13 Uhr fuhren die beiden auf den Hof des Bestattungsinstituts Wohlrabe. Hain stellte den
Weitere Kostenlose Bücher