Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)
einfach nicht trockener, so viel er auch kuckt.
»Auf jeden Fall war Sackmann die Schulden nach relativ kurzer Zeit schon wieder los, keiner konnte sich erklären, wie er das gemacht hat. Und der Albaner mauserte sich quasi über Nacht vom Kiezganoven zum Teil der Hamburger Geldsociety.«
Ich lege dem Faller die Hand auf die Schulter.
Er hat doch tatsächlich nochmal seinen rostigen alten Vorschlaghammer rausgeholt und eine der Mauern zertrümmert, von denen wir auf allen Seiten umgeben sind. Langsam, ganz langsam kommt Licht ins Dunkel.
* * *
»Das ist er«, sagt Sebastian Diekmeier. »Das ist der Mann, der mir gestern gedroht hat.«
Kushtim Krasniqi sitzt auf der anderen Seite der verspiegelten Scheibe in einem unserer Vernehmungsräume. Er ist allein, wartet darauf, dass jemand kommt und ihm sagt, warum er hier ist. Er saß die Nacht über in einer Zelle im Keller des Präsidiums. Müsste ihn eigentlich ein bisschen mürbe gemacht haben. Bisher sieht er allerdings nicht danach aus.
»Okay«, sage ich zu Diekmeier, »ich danke Ihnen.«
Ich gebe Diekmeier die Hand, komplimentiere ihn nach draußen, rufe den Calabretta an und sage ihm, dass er loslegen kann. Dann ist es ganz still. Ich bin allein hinter dem Spiegelglas. Krasniqi sitzt am Tisch, die Füße nebeneinander auf den Boden gestellt, die Hände auf dem Tisch gefaltet, den Kopf gesenkt. Er wirkt eher müde als nervös. Er wirkt, als könne ihm nichts passieren. Ich setze mich, nehme die gleiche Haltung ein wie er und warte, was passiert. Es ist so still hier drin, ich kann meinen Herzschlag hören.
Die Tür zum Vernehmungsraum geht auf. Herein kommen der Calabretta und der Inceman. Beide tragen dunkle Jeans und dunkle Hemden. Sie sehen gefährlich aus. Der Calabretta setzt sich an den Tisch, er sitzt jetzt Krasniqi gegenüber. Der Inceman lehnt hinter dem Rücken von Krasniqi an der Wand. Der Calabretta schaltet das Aufnahmegerät ein. Ich suche das Pult vor mir im Dunkeln nach dem Lautsprecherknopf ab und drücke drauf.
»Vernehmung von Kushtim Krasniqi«, sagt der Calabretta, »31 Jahre alt, albanischer Staatsbürger, Wohnsitz in Hamburg seit dem Jahr 2003. Ist das richtig, Herr Krasniqi?«
Krasniqi sieht den Calabretta mit dem Anflug eines spöttischen Lächelns an und nickt.
»Sie waren gestern gegen Mittag in der Anwaltskanzlei Diekmeier. Was wollten Sie da?«
» Ich war nicht da«, sagt Krasniqi. Sein r rollt, sein ch klingt wie eine Säge.
»Sie wurden gesehen, Herr Krasniqi.«
»Ich war nicht da.« Er hebt die Hände, dreht die Handflächen zur Decke und zuckt selbstgefällig mit den Schultern. Dann verschränkt er die Arme vor der Brust und lehnt sich zurück.
»Sie und ein anderer Mann waren mit einem nicht zugelassenen schwarzen Mercedes unterwegs«, sagt der Calabretta. »Das Kennzeichen ist eine Doublette, das ist kein besonders guter Trick. Und nebenbei einer, den wir überhaupt nicht mögen. Er ist zu billig, verstehen Sie?«
Jetzt lehnt sich der Calabretta zurück und verschränkt die Arme.
»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie hier so einfach wieder rauslatschen können.«
Er inspiziert seine Fingernägel.
»Wir lassen Sie erst mal nicht gehen, Herr Krasniqi, darauf können Sie Gift nehmen.«
Er beugt sich zur Krasniqi vor.
»Und dabei geht es gar nicht um den Besuch bei Herrn Diekmeier. Es geht um was ganz anderes.«
Krasniqi grinst und sagt: »Worum geht es denn?«
»Das wissen Sie doch selbst, Herr Krasniqi. Und dafür kriegen wir Sie jetzt dran.«
Der Inceman gibt dem Calabretta ein Zeichen. Der erhebt sich, die beiden gehen vor die Tür. Krasniqi bleibt allein zurück. Sie lassen ihn ein bisschen schmoren. Aber der Typ scheint sich sehr sicher zu fühlen. Er legt den Kopf einmal nach rechts und einmal nach links und lässt seine Halswirbelsäule krachen. Dann steht er auf, läuft um den Tisch herum, bleibt kurz vor der Tür stehen. Dreht sich um, kommt aufs Fenster zu. Er weiß, dass es Spiegelglas ist. Er kann sich denken, dass jemand dahinter sitzt. Er stellt sich direkt vor mich, kuckt über mich hinweg. Er rechnet damit, dass der, der ihn hinter der Scheibe beobachtet, aufrecht steht. Er hebt Zeigefinger und Mittelfinger seiner rechten Hand zum Mund, spreizt die Finger, steckt die Zunge zwischen den Fingern durch und bewegt sie langsam auf und ab. Ich kenne die Geste, aber noch nie fand ich sie so ekelhaft wie in diesem Moment bei Krasniqi. Es ist die Geste eines Mannes, der will, dass sich sein
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