Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)

Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition)

Titel: Bullenpeitsche: Kriminalroman (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
Vom Netzwerk:
kann.
    »Hier«, sage ich, und halte Krasniqi meine Schachtel mit den Luckys hin.
    Er sieht mich an. Zum ersten Mal sieht er mich richtig an. Ich bin mir inzwischen sicher, dass er mich kennt. Dass er mich in jener Nacht gesehen hat. Ich lag ja nur ein paar Stockwerke unter dem Faller auf einer Kneipenbank, ebenfalls aufs Schönste ausgeknockt. Manchmal wüsste ich gerne, was genau die uns damals eigentlich in die Drinks getan haben.
    Krasniqi nimmt sich eine Zigarette, ich nehme mir auch eine, gebe zuerst ihm Feuer, dann mir. Wir lassen uns dabei nicht aus den Augen.
    Und dann schwingt die Tür auf, und Oberstaatsanwalt Schubert platzt rein. Mitten in die Vernehmung. An einer hochsensiblen Stelle.
    Ich glaub’, es hackt.
    Er nickt mir kurz zu und stellt sich in einer Ecke auf, so dass er Krasniqi beobachten kann. Dem scheint unser Besuch relativ egal zu sein, wahrscheinlich hält er den Oberstaatsanwalt nur für einen weiteren langweiligen Ermittler. Der Calabretta, der Inceman und ich hingegen sind wie vom Donner gerührt. Keiner redet mehr. Wir hatten den Faden gerade wieder gefunden, jetzt fliegt er in Stücke gerissen durch den Raum.
    Der Calabretta schüttelt kurz den Kopf, dann setzt er nochmal an:
    »Also, Herr Krasniqi, für wen arbeiten Sie? Sagen Sie es uns. Wir wissen es sowieso.«
    Krasniqi sieht ihn finster an. Er scheint jetzt doch zu spüren, dass sich soeben etwas gravierend geändert hat. Typen wie Krasniqi reagieren äußerst sensibel auf kleine Verschiebungen der Macht.
    »Ich sage nichts mehr.«
    Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück, verschränkt die Arme vor der Brust und ist wieder exakt so ruhig und unangreifbar wie vorhin, als ich noch hinter der Scheibe stand.
    Ich schaue Oberstaatsanwalt Schubert an. Wie er da in der Ecke lehnt und seine Kälte verspritzt. Mit einem Gesichtsausdruck, als wäre er der König der Löwen. Ich könnte kotzen.
    »Lassen Sie uns mal alleine«, sagt er.
    » Wie bitte?«, frage ich. Das bitte bleibt mir fast im Hals stecken.
    Der Calabretta dreht sich zu Oberstaatsanwalt Schubert um, macht aber keine Anstalten aufzustehen.
    »Ich möchte mit Herrn Krasniqi unter vier Augen sprechen«, sagt Schubert scharf.
    Der Calabretta knurrt, der Inceman fletscht die Zähne, und ich fühle mich, als würde mir jemand den Magen auskratzen. Ich habe keine Ahnung, was Schubert vorhat, aber das hier geht nicht. Er kann uns nicht einfach unseren Verdächtigen wegnehmen. Er kann uns nicht wie Praktikanten behandeln.
    Er kann.
    Und wir können nichts dagegen tun.
    Krasniqi lächelt.
    »Kommen Sie«, sage ich zu meinen Kollegen und warte, bis der Calabretta und der Inceman an mir vorbei und zur Tür raus sind. Dann schmeiße ich dem Oberstaatsanwalt einen Blick aus meinem tiefsten, dunkelsten Keller ins Gesicht, verlasse den Raum und lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

    * * *

    Unsere Vernehmung von Kushtim Krasniqi mag etwas unglücklich gelaufen sein, aber es ist nicht so, dass wir vollkommen bescheuert sind.
    »Los«, sage ich, »avanti, meine Herren«, und treibe den Calabretta und den Inceman vor mir her. »Ab hinter die Spiegelwand. Wollen doch mal hören, was Schubert von Krasniqi will.«
    »Den Oberchef belauschen?« Der Calabretta zieht die rechte Augenbraue hoch.
    »Selbstverständlich«, sage ich.
    Meine Restloyalität gegenüber Schubert hat sich vor ein paar Minuten in Luft aufgelöst.
    Das Dumme ist nur: Der Oberstaatsanwalt hat wohl genau damit gerechnet. Oder er will generell sicher sein, dass niemand hört, was er mit Krasniqi redet. Er hat die Tonverbindung nach draußen gekappt.
    So stehen wir da in dem dunklen Raum hinter der Scheibe, kucken Schubert dabei zu, wie er unserem Verdächtigen ein paar Fragen stellt, und fühlen uns wie die Idioten.

    * * *

    Er hat Krasniqi gehen lassen. Und er hat die Akten mitgenommen. Hat den Fall einfach an sich gezogen. Er will sich jetzt selbst darum kümmern. Kann doch verdammt nochmal nicht so schwer sein, einen durchgeknallten Polizistenmörder zu schnappen. So hat er sich ausgedrückt. Das ist eigentlich mein Sound. Oberstaatsanwalt Schubert ist hier reingelatscht und innerhalb von einer läppischen Stunde mit meinen Fall, meiner Würde und meiner Sprache wieder rausgelatscht.
    Wir hocken alle zusammen in unserer erbärmlichen SoKo-Zentrale. Der Calabretta, der Inceman, der Brückner, der Schulle, der Kringe, der Bartels, der Tschauner. Und ich. Keiner sagt was.
    Ich haue ab, bevor sie anfangen, mich mitleidig

Weitere Kostenlose Bücher