Bullet Boys
verfallenen Schuppen gehabt hatte: dunkle, unheilvolle Angst. Das Gefühl, dass etwas furchtbar Böses dahintersteckte.
»Wo hast du das Zeug? Doch nicht bei dir zu Hause, oder?« Er blickte die beiden Jungen vor sich an. »Du hast esdoch nicht mit nach Hause genommen, oder? Wie viele hast du geholt?«
»Nur ein Gewehr«, sagte Levi. »Und die Kiste mit der Laserausrüstung. Die war schwer.« Das schien ihn erstaunt zu haben. »Ich hab die Sachen doch nur vorübergehend woanders untergebracht.«
»Wo?«, fragte Alex lahm.
Levi zeigte auf das graue Schulgebäude, das durch die Bäume schimmerte.
»Die Kiste mit dem Laserzeugs ist noch unter meinem Bett.« Er hielt inne. »Aber das Gewehr ist in meinem Spind.«
ZURÜCK INS SPERRGEBIET
Tim blieb an der Tür stehen, die Reisetasche in der Hand. Sein frisch gewaschenes Haar war noch feucht. »Bist du sicher, dass du das alleine schaffst?«
»Ja«, sagte Alex und kippte den letzten Schluck seiner dritten Tasse Kaffee runter.
»In den letzten Tagen warst du irgendwie merkwürdig. Was ist los mit dir?«
»Nichts. Fahr los.«
»Du fütterst die Vögel zweimal am Tag und gibst ihnen Wasser? Schließt das Büro ab?«
»Ja, ja.«
Trotzdem zögerte Tim noch immer. »Letzte Nacht haben wir zwei Füchse erwischt, aber das heißt nicht, dass keine mehr da sind. Du überprüfst vor dem Schlafengehen noch mal, ob auf den Zäunen Strom ist?«
»Mach dich nicht verrückt. Ich krieg das hin.«
»Und du hast alles für die Rattenbekämpfung? Hast den Schlüssel fürs Tor? Besonders gesichert ist das Gelände dort ja sowieso nicht.«
»Ja, Dad. Nun geh schon. Amy mag es nicht, wenn du sie warten lässt.«
»Sparky ist ein guter Hund. Der fasst bestimmt jede Menge Ratten.«
»Ich weiß, Dad, ich hab das schon hundertmal gemacht.«
»Klar. Aber nicht ausräuchern, hörst du? Dazu muss man zu zweit sein.«
»Okay, kein Rauch.«
»Vielleicht sollte ich doch lieber bleiben. Und das mit den Ratten mit dir zusammen machen.«
»Dad, Amy wird nicht gerade erfreut sein, wenn du sie wegen ein paar Ratten versetzt.«
Tim rieb sich über den Nacken und blies die Backen auf. »Ich war noch nie in Birmingham. Sie hat uns Karten für dieses Scheiß-Konzert besorgt und …«
»Es wird dir gefallen«, sagte Alex.
»Komm doch mit!«, sagte Tim und guckte gleich viel fröhlicher. »Ich sag Jason, er soll sich ums Füttern kümmern. Morgens macht der das ja sowieso. Und das mit den Ratten können wir später erledigen.«
»Dad, ich komm klar«, sagte Alex. »Ich möchte nicht mit. Sei nicht böse, aber so was ist echt nicht mein Ding.« Er konnte sich kaum was Schlimmeres vorstellen, als vier Stunden lang in einem knallvollen Zug in eine riesige Stadt zu fahren, um sich dort unter Tausende von Menschen zu mischen.
»Also gut.« Tim guckte seinen Sohn prüfend an. Überlegte einen Moment. »Wie geht’s Sasha?«
Alex sagte: »Prima. Dad – jetzt verschwinde endlich! Ich bin schon ein großer Junge.« Er spürte, wie das Koffein in ihm wirkte. Er wollte endlich loslegen.
Aber Tim hatte immer noch Bedenken. »Irgendwas liegt dir auf der Seele.«
»Du verpasst deinen Zug.« Wenn Tim nicht ging, dann ging er eben selber, beschloss Alex. »Ich mach mich an die Arbeit.« Er klopfte seinem Dad auf die Schulter und trat vors Haus, hinaus in den hellen Tag.
»Ich bin Dienstag zurück«, sagte Tim.
Als sein Dad endlich weg war, atmete Alex auf.
Es gab so viel zu tun. Er lief an den Gehegen mit den piepsenden Fasanen vorbei zu einem baufälligen Schuppen, dem Kaninchenstall. Kaninchen waren allerdings keine mehr drin, sondern nur kaputte Möbel und Alex’ Geweihsammlung. Alex ging über den gestampften Boden in eine Ecke, wo ein alter Teppich vor sich hin moderte. Darunter lag ein großer schwarzer Sack.
Alex hatte darauf bestanden, das Gewehr mit zu sich nach Hause zu nehmen. Er hatte gesagt, Levi dürfe es auf keinen Fall in seinem Spind haben. Noch jetzt wurde ihm heiß und kalt bei der Vorstellung, dass so eine Waffe im Schulgebäude gewesen war. Max hatte protestiert, bis Alex gedroht hatte, er würde sofort die Polizei anrufen und auf der Stelle alles erzählen, wenn die anderen beiden nicht zustimmten. Er hatte das Gewehr mit aufs Klo genommen und geguckt, ob es geladen war – war es nicht –, und es dann sofort nach Hause gebracht. Den Unterricht am Nachmittag hatte er sich erspart.
Alex hievte den Sack hoch und trug ihn aus dem Schuppen über den Hof zu Tims altem
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