Bullet Boys
Gesichter.
Er rannte über den Hof und bergab über die Weide und den Sumpf bis zum Zaun. Er kletterte durch das Loch undlief an den Bäumen vorbei ins offene Moorland. Hier mussten die anderen auch langgekommen sein, denn hier war der Boden zertrampelt. Das war der gepflasterte Weg, der nach Süden führte. Alex fand ein blutiges Taschentuch auf dem Boden und lief weiter.
Als der Weg einen Bogen machte, verlangsamte Alex seinen Schritt. Rechts von ihm lag weites Sumpfland und mittendrin sah er am Flussufer eine kleine Gestalt. Das war Baz. Er ging südwestlich in Richtung Mill Hügel. Alex guckte sich die Augen aus, konnte aber weder Max noch Levi entdecken. Doch es musste einen Grund geben, warum Baz diese Richtung einschlug. Sicherlich war er den anderen auf den Fersen. Alex lief weiter. Hinter ihm wellte sich die Moorlandschaft, es gab jede Menge Schafe und Steine zu sehen, aber weder Max noch Levi.
Das bedeutete, dass seinen Freunden keine unmittelbare Gefahr drohte. Irgendwie hatten sie Baz abgeschüttelt. Alex schaute zu, wie der Soldat in furchterregender Geschwindigkeit durchs Tal pflügte, aber vor ihm war niemand, es sei denn, Max und Levi hätten sich irgendwo versteckt.
Alex schaute hinüber zu der Gabelung des Flusses. Er lief ein paar Schritte weiter und beobachtete den steilen, mit Gestrüpp bewachsenen Hügel, der vom Fluss aufstieg. Oben auf dem Kamm verlief eine Steinmauer. Alex meinte, dort eine Bewegung gesehen zu haben. Ja, da bewegte sich was. Es war zu weit, als dass er hätte erkennen können, was es war, aber immer mal wieder erhaschte Alex den Blick auf etwas Dunkles, wie ein Rücken, der sich nach vorn schob. Ein Schaf war es jedoch nicht. Ja, das musste Max sein. Die Art, wie er sich bewegte, so plötzlich und ruckartig, überzeugte Alex davon, dass es Max war.
Das war gut. Max, die Beute, und Baz, der Jäger, bewegten sich offenbar in verschiedene Richtungen. Das gab Alex Zeit. Gott wusste, wo Levi sein mochte. Aber er war es nicht, der auf Baz’ Bruder geschossen hatte.
Er war nicht die Beute.
Alex wollte nicht, so wie er war, ins brütend heiße Moor hinaus: müde, durstig, ohne etwas zu essen oder zu trinken und ohne Hemd. Das wäre Wahnsinn.
Doch da gab es noch ein Problem. Max lief direkt auf das Artillerieschussgebiet zu. Und heute sollte scharf geschossen werden. Aber vermutlich war das Manöver längst abgeblasen worden. Saul hatte mit Hauptfeldwebel Furzey Funkkontakt gehabt, als er den Strangeways-Hof verließ.
Alex rannte zurück zum Hof. Er machte die Hunde los und ließ sie in den Wagen steigen. Er wendete und raste los. Zehn Minuten später war er zu Hause. An der Zufahrt zum Strangeways-Hof hatte kein Posten mehr gestanden, in der Kaserne rührte sich nichts. Saul musste Riley direkt ins Krankenhaus gefahren haben. Und wahrscheinlich würde bald die Polizei hier aufkreuzen. Man konnte nicht einfach jemandem ins Auge schießen und ohne Weiteres davonkommen. Aber was war mit den Soldaten? Welche Befehle waren ausgegeben worden? Würde ein Trupp losgeschickt werden, der die Jungen einfangen sollte? Wenn ja, dann wollte Alex nichts damit zu tun haben. Andererseits wusste er, dass er der Einzige war, der vielleicht Max erreichen konnte, bevor Baz ihn erwischte. Gut möglich, dass der Soldat in diesem Moment schon umgekehrt war. Gut möglich, dass er Levi geschnappt hatte.
Alex sprang aus dem Wagen, die Hunde hinterher, ihrePfoten trappelten über das Hofpflaster. Im Innern der Kate sah alles so normal und friedlich aus. Aber draußen, da spielte die Welt gerade verrückt. Seine Freunde flohen vor einem wahnsinnigen Soldaten, sie rannten um ihr Leben. Max hatte einem Mann ins Auge geschossen. Das war so entsetzlich wie unwahrscheinlich. Max hätte bleiben sollen. Alle, die dabei gewesen waren, hätten geschworen, dass es ein Unfall war. Aber er war weggerannt (was Alex auch gemacht hätte, wenn Baz hinter ihm her gewesen wäre), sodass es jetzt so aussah, als wäre Max schuldig. Schuldig. Schuldig.
Alex griff sich die Zweiliter-Feldflasche aus dem Küchenschrank und füllte sie mit kaltem Wasser. Er überprüfte, ob er sein Taschenmesser einstecken hatte, und nahm eine Schachtel Streichhölzer vom Herd. Er schnappte sich einen Laib Brot und ein paar Schokoriegel. Er guckte, ob die Handys, seins und das von Saul, genügend Strom hatten, und nahm die kleine Taschenlampe von der Wand. In der Küchenschublade fand er einen Kompass, das kleine, leichte Fernglas und eine
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