Bullet Boys
zuckrige Donuts gegessen. DONUTS! In meinemSchädel tobt ein irrer Schmerz. Als wäre da ein anderes Wesen eingesperrt, ein stachliger kleiner Alien. Ich träume von Flüssigkeiten: von einer Packung kalter weißer Milch, einem Glas Eiswasser, in dem die Eiswürfel klicken. Ich denke an das Knacken und Zischen von Cola, wenn man am Ring der Dose zieht. Ich stelle mir vor, wie das kalte Getränk hinten im Rachen ankommt. Mutter fragt mich dauernd: »Möchtest du eine Tasse Tee?«, was mir komischerweise immer blöde vorkommt und ich jedesmal mit NEIN beantworte. Aber jetzt hätte ich gerne eine Tasse Tee in dem grünen Tonbecher, den Mutter schon ewig benutzt. Ich stelle mir einen Löffel Zucker vor, kling, kling, der Löffel rührt, Dampf steigt auf, silberne Tröpfchen schweben in der Luft. Ich denke an schwarzen, starken Kaffee, der mein Herz zum Rasen bringt, oder an die Kakaobrühe aus dem Automaten im Aufenthaltsraum auf der Risings, an den Schmerz an Finger und Daumen, wenn man den heißen Plastikbecher anfasst. Ich denke an die Zuckerpampe am Boden des Bechers.
Mann, der Druck in meinem Kopf wird stärker und stärker, als wäre er mit Schnur umwickelt und jemand zöge fest daran. Ich muss mich bewegen. Ich muss Wasser finden. Aber kaum habe ich mich stöhnend aufgerappelt und bin in die länger werdenden Schatten getreten, sehe ich auf einem Hügel ganz deutlich Baz. Er ist mir auf den Fersen. Das ist, als würde ich auf dem elektrischen Stuhl sitzen. Baz ist vielleicht, na, zwei Meilen entfernt? Ganz übel.
Baz läuft mit Methode, wie ein trainierter Läufer. Er ist fit, stark und trägt Stiefel – nicht bloß Socken wie ich. Eine bittere Substanz macht sich in meiner Kehle breit, während ich Baz den Moorweg abwärtsfegen sehe. Die Sonne glänztauf seinem hellen Haar. Wenn er auf diesem Weg bleibt, ist er in dreißig Minuten, vielleicht sogar noch eher, hier bei meiner Baumhöhle. Mein ganzer Körper spannt sich vor Angst.
Ich höre ein Rufen im Wind und spüre den Hass, der mir entgegenschlägt. Ich bin gesehen worden, ich bin gesehen worden! Wo soll ich hin? Hier in der Senke gibt es keinen Schutz, aber der Hügel dahinter ist übersät mit Felsen und Steinen, als wären die direkt vom Himmel gefallen. Dort könnte ich mich verstecken. Die Entscheidung ist getroffen, ich presche auf Socken durchs Gras. Als ich die Sumpfwiesen erreiche, drehe ich mich um und sehe, dass Baz seine Geschwindigkeit erhöht hat. Ich quäle mich vorwärts und sehe ein Jelly-Tot-Einwickelpapier. Das muss mir vor Stunden aus der Tasche gefallen sein. Bin ich wirklich nur bis zu dem Baum gekommen? Und jetzt bin ich wieder hier. Ich kämpfe mich weiter vorwärts und merke, dass ich den zweiten Schuh unter dem Baum liegen gelassen habe. Ich kann ihn nicht mehr holen. Meine Beine sind wie Gummi und zu nichts nutze, mein Magen krampft sich zusammen. Ich habe solche Angst, dass ich mich am liebsten hinlegen und es hinter mich bringen würde, die Prügel oder was auch immer, denn dann wäre das hier wenigstens vorbei.
Vielleicht, wenn ich Baz ganz doll bitte, gibt er mir was zu trinken, bevor er mich umbringt?
Ich stolpere weiter, bei jedem Schritt beißt mir der Boden in die Füße. Das Gras ist hart wie Draht und meine Socken sind so nass, dass sie rutschen und ich drüberstolpere. Mit den Schlammpuscheln an den Füßen sehe ich bestimmt aus wie ein Clown. Ich wage nicht, mich umzudrehen, aberich weiß, dass ich geliefert bin. Diese menschliche Maschine kann ich nicht abhängen. Baz ist für so was ausgebildet. Auf den Sumpfwiesen wachsen viele kleine Blumen, leuchtende, kleine, sonnige Gesichter, so gelb wie Eidotter.
Hat Baz-der-Soldat ein Gewehr?
Weiter. Vor mir ist ein riesiger Ginsterstrauch. Wenn ich bis dahinter komme … wenn ich nur schneller wäre …
»HEY!« Der Schrei hallt durchs Tal und schlägt mir an die Ohren. »HEY, DU! DU BIST TOT.«
Ich schleppe mich weiter, die gelben Blumen unter meinen Füßen verschwimmen, meine Beine bewegen sich von alleine. Ich bin ein menschlicher Tausendfüßler auf der Flucht vor dem mörderischen Stiefel. Aber jetzt habe ich den Ginster erreicht, ich bin durch den Sumpf durch und plötzlich sehe ich vor mir ein Ufer und einen Fluss! Wie aus dem Nichts! Strahlend weißes, klares silbernes Wasser gurgelt über dunkle Steine. Ich platsche auf die andere Seite rüber, erlaube meiner Hand, Wasser zu schöpfen und mir einen kostbaren Schluck in den Mund zu kippen, und werfe mich auf
Weitere Kostenlose Bücher