Bullet Catcher 1: Alex
mit genau der gleichen Intensität betrachtet hatte wie er ihr Gesicht. »Ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen.«
»Keine Geschäfte«, antwortete er, ohne sich zu bewegen. »Ich verhandle nicht, bei mir gibt es weder Konzessionen noch Extraabsprachen.«
Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Was hast du denn sonst im Angebot, Alex Romero?«
»Fang nicht so an«, drohte er leise. »Du kannst nicht gewinnen.«
Sie drehte sich wieder um und klappte den Bildschirm hoch. »Ich wollte nur einen Kompromiss vorschlagen, damit wir uns gegenseitig helfen können.«
Seufzend griff er nach einer Tasse. Amerikanischer Kaffee war für ihn schon genug Kompromiss. »Wie könntest du mir denn helfen?«
»Ich könnte … kooperieren.«
Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, weil es ihr offensichtlich so schwerfiel, dieses Wort auszusprechen. »Das heißt?«
»Ich werde dir erlauben, mich zu … beschützen.« Das war noch schwerer gewesen.
»Dir ist deine Unabhängigkeit wirklich sehr wichtig, nicht wahr?« Er lehnte sich an den Tresen und wappnete sich für den ersten Schluck.
Sie zuckte die Achseln, sah kurz seinen nackten Oberkörper an und dann wieder auf den Bildschirm. Ein weiterer Vorteil ihres ungeschminkten Gesichts war, dass er sehen konnte, wie ihre Wangen sich rosa färbten.
»Ich bin nicht gerne bedürftig.«
»Bedürftig?« Er verschluckte sich fast an dem Spülwasser-Kaffee. »Du?«
»Vielleicht ist das nicht ganz das richtige Wort.« Sie rutschte unruhig auf dem Barhocker herum. »Aber ich scheine andauernd … Unterstützung zu brauchen.«
Sprachen sie gerade von ein und derselben Frau? »Wie kommt’s?«
»Egal. Immer –«
»Nichts ist egal«, unterbrach er sie. »Ich will wissen, womit ich es hier zu tun habe. Und ganz ehrlich, wenn du etwas brauchst, dann höchstens, dass man dir nicht im Weg steht.«
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Ich werte das als Kompliment.«
»Wie du willst. Jedenfalls stimmt es.«
»War nicht immer so.«
Er stellte die Tasse ab. »Fällt mir schwer, das zu glauben.«
Sie seufzte. »Vor etwa einem Jahr habe ich mit dem Fernsehjob aufgehört. Hab dir ja schon erzählt, dass ich an den Spielchen im Sender gescheitert bin. Danach bin ich … in einen neuen Beruf eingestiegen. Quasi.«
»Quasi?«
»Eigentlich habe ich meinem Freund geholfen, seine Detektei aufzubauen.«
Aus irgendeinem verrückten Grund schlug sein Herz schneller. Sie hatte einen Freund. Er wartete auf die Fortsetzung.
»Im Grunde hat es nicht erst mit Elliot angefangen. Ich sollte dir alles erzählen, damit du verstehst, warum es für mich so wichtig ist, Jessica zu finden und ihr zu helfen.«
»Rede weiter.« Er nahm noch einen Schluck der trüben Brühe.
»Jessica war immer schon – wie soll ich sagen? Schau dich doch um.« Sie wies mit der Hand auf die Vorzeigewohnung. »Ihr Leben ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Nichts ist für sie eine wirkliche Herausforderung, nichts wirft sie aus der Bahn, nichts stellt sich ihr in den Weg. Sie weiß gar nicht, wie ein Misserfolg überhaupt aussieht.«
»Beneidest du sie darum?«
»Um Gottes willen, nein!« So vehement, wie sie das sagte, konnte es nur die reine Wahrheit sein. »Ich bewundere sie dafür, was sie erreicht hat. Das macht sie aus, und glaube mir, sie ist einfach … außergewöhnlich.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich meine wirklich und wahrhaftig außergewöhnlich.«
»Du wiederholst dich.«
»In unserer Kindheit und Jugend war ich völlig abhängig von ihr. Ich konnte mich immer auf sie verlassen. Sie hat in der Schule mitgeschrieben, hatte das Geld, stellte sicher, dass wir rechtzeitig zu Hause waren, schrieb uns auf dem College ein, sorgte für die Abschlüsse und tat Jobs auf, sie tat … was immer getan werden musste. Ich habe genommen. Sie hat gegeben.«
»Ich bin sicher, dass du etwas zur Party beigetragen hast.«
»Ganz genau.« Jazz lachte leise. »Ich war für die Partyseite zuständig. Brachte Freude, Spaß und ab und zu ein Abenteuer ein. Jessica ist eher konservativ, immer extrem kontrolliert. In unserer Jugend haben wir uns gut ergänzt. Ich machte ein wenig Action, und sie passte auf, dass ich nicht zu weit ging. Aber …« Ihr Lächeln verschwand. »Wir wurden erwachsen. Und fanden heraus, dass unsere Vorstellungen vom Leben genauso unterschiedlich waren wie unsere Persönlichkeiten.«
»Habt ihr euch zerstritten?« Er konnte sich gut vorstellen, dass eine so zielstrebige Frau wie Jessica nicht
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