Bullet Catcher: Wade (German Edition)
irgendwie verstörenden Bild hängen zu bleiben.
Kastanienbraune Locken, breites Lächeln, hübsches Gesicht. Eine schöne und offenbar auch noch kluge Frau. Eine Anthropologin.
Sie nahm das eiskalte Glas und fischte die verflixte Limette heraus. »Das ist ganz offensichtlich ein Missverständnis. Tut mir leid, wenn ich die Dame enttäuschen muss. Aber mein Vater und ich haben umfassende Recherchen angestellt und sind nirgends auf Schwestern gestoßen.«
Sie setzte das kalte Glas an die Lippen.
»Ich habe noch ein Foto.«
Vanessa trank nicht. Sie konnte nicht. Stattdessen verfolgte sie, wie er in seine Brieftasche griff und ein zweites Bild herauszog. Am liebsten hätte sie ihn angestoßen, damit er schneller machte und diese ganze Scheiße endlich vorbei wäre. Doch es war einfacher, ihm dabei zuzusehen, wie er mit seinen unglaublich männlichen Händen nach etwas suchte, das sie gar nicht sehen wollte. Schöne Hände, erotische Finger, aber schlechte Nachrichten.
»Ich denke, das hier dürfte Sie wirklich interessieren.« Er warf ihr einen brennenden Blick zu, der als Warnung gedacht sein mochte oder auch als etwas anderes. Es war schwer, diesen Mann zu durchschauen, zu sehen, was sich hinter diesen Augen und der attraktiven Fassade verbarg.
Hatte Eileen das bewusst so gemacht? Schickt einen Typ, dem sie nicht widerstehen kann. Ich brauche unbedingt das Knochenmark . Ihr Magen ballte sich zusammen, und sie legte das kalte Glas an ihre Wange.
»DiesesFoto«,erklärteWademiteinerStimme,dieebensobeherrschtwarwieseineBewegungen,»zeigtMirandasNacken.«
Als sie nach Luft schnappte, schwappte Wodka über den Glasrand. Nein, bitte nicht . Nicht auch noch das.
»Diese Stelle hier.« Er legte ihr die Hand in den Nacken und beschrieb mit einer Fingerspitze einen winzigen Kreis, sodass ihr Millionen kleine Härchen zu Berge standen und Schauder über den Rücken jagten.
»Sie hat genau hier ein Tattoo. Alle drei Babys bekamen hier eins. Sie haben auch eins, nicht wahr?«
Das Glas glitt ihr aus der Hand und prallte am Tischrand ab, wodurch sich der Wodka mitsamt dem Eis über ihre Shorts und Beine ergoss.
Sie schob sich vom Tisch weg und wischte sich energischer ab, als es hätte sein müssen. »Wissen Sie was? Sie können mich mal.«
Er griff sofort nach einer Serviette und begann ihre nassen Schenkel zu trocknen. Seine Hand fühlte sich heiß an auf ihrer Haut, und sie zuckte zurück, um dann aufzustehen.
Er sah zu ihr hoch. »Ich deute das als Ja, was das Tattoo angeht.«
»Dann liegen Sie falsch.« Sie entriss ihm die Serviette und verfluchte sich im Stillen dafür, dass sie verunsichert, ja fast hysterisch klang. Aber was sollte sie machen? Es kostete sie ihre ganze Kraft, um nicht laut aufzuschluchzen. »Ich finde es schrecklich. Ich finde es einfach unfassbar … « Welche Gefühle Sie in mir auslösen . Sie schlug mit der Serviette nach dem Bild, einer klinisch aussehenden Nahaufnahme eines weiblichen Hinterkopfes mit hochgenommenem Haar über einem kleinen schwarzen Mal nahe dem Haaransatz. »Oh mein Gott.« Sie beugte sich herab und schob die Brille näher an ihre Augen. »Heißt das ›hi‹?«
»Miranda meint, es seien die Ziffern eins und vier – auf den Kopf gedreht sieht das wie ›hi‹ aus.« Er drehte das Bild. »Und Sie sagen, Sie haben kein solches Mal?«
»Allerdings.« Jedenfalls nicht mehr seit der Laserentfernung. »Zum Glück. Mit einer Mörderin will ich nichts zu tun haben.«
»Dasversteheich.Andererseits … «ErlehntesichaufseinemStuhlzurück.»Mancheglauben,dassdasVerfahrennichtfairwarundsiefüreinVerbrechensitzt,dassienichtbegangenhat.«
Keine Chance. »Ich habe genug darüber gelesen, um zu wissen, dass sie bis zum Schluss die Aussage verweigert hat, dass die Waffe in ihrem Besitz war und dass sie auf die Frau, die sie erschossen hat, eifersüchtig war. Das sind alles ziemlich belastende Momente.«
Er zuckte mit der Schulter. »Jede Geschichte hat zwei Seiten. Also, haben Sie so ein Tattoo?«
»Nein.« Zur Hölle mit ihm. Zur Hölle mit dieser schrecklichen Frau. Zur Hölle mit dieser ganzen Situation.
»Sicher?«, hakte er nach. »Es ist eine Stelle, die Sie selbst gar nicht richtig sehen können.«
»Ich bin sicher.« Sicher, dass sie eine blasse rote Narbe hatte, die er im Licht der Sonne erkennen würde. Sicher, dass diese Narbe nicht im Mindesten an das Mal auf dem Bild erinnerte. Und verdammt sicher, dass sie mit all dem hier gerade schwer überfordert war.
Sie
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