Bullet Catcher: Wade (German Edition)
Augen, den maskulinen Händen und seinem Südstaaten-Charme weichklopfen. Ganz behutsam und gentlemanlike würde er sie so lange bearbeiten, bis sie Ja sagte.
War es nicht das, was sie in Wahrheit wollte?
Nein. Nein! Sie hatte Clive wesentlich mehr zu verdanken als Eileen Stafford.
Sie besah sich die verschmierte Platte um das Waschbecken herum, kniete sich darauf, schob das Fenster hoch und spähte durch die Öffnung in die Seitengasse hinaus. Ein rascher Sprung, und sie wäre weg. Wade würde wahrscheinlich noch mindestens zehn Minuten warten, bis er nach ihr sah. Bevor er etwas merkte, wäre sie längst auf dem Weg zurück zum Schiff.
Die Handtasche über der Schulter, kletterte sie durch das Fenster, sprang hinaus und rannte ohne Unterbrechung bis Port Zante.
»Sie ist auf und davon«, sagte Adrien Fletcher, und in seinem australischen Akzent schwangen Enttäuschung und Empörung mit.
»Sie ist bitte was ?« Jack Culver stellte seinen Kaffeebecher unsanft ab.
»Er hatte sie, hat’s ihr gesagt und sie dann verloren. Das Tattoo hat er gar nicht zu Gesicht bekommen.« Fletch klappte sein Handy zu. »Wade meinte, sie sei durch ein Toilettenfenster entwischt.«
»Autsch, das tut weh.« Jack nahm einen Schluck von dem kalten entkoffeinierten Kaffee, an dem er schon saß, seit sie hier in der Krankenhaus-Cafeteria auf Miranda warteten. »Will sie denn ihre Mutter und ihre Schwester nicht kennenlernen? Warum sollte sie denn davonlaufen?«
Fletch sah ihn fassungslos an. »Was meinst du wohl, was Miranda gemacht hat, als ich mit der gleichen Botschaft in Kalifornien aufgetaucht bin?«
»Sich auf der Stelle in dich verliebt?«
»Abgesehen davon.« Er grinste schelmisch und sah dabei voll und ganz aus wie der geschmeidige Rugby-Spieler, der er war. »Sie ist geflohen wie ein angeschossenes Känguru, obwohl sie von den Schwestern noch gar nichts wusste. Ich weiß, dass das hier eine große Sache für dich ist, Kumpel. Ich weiß, dass du dran bist, seit du Eileen Stafford kennst, und dass du dir in den Kopf gesetzt hast, ihre Töchter für sie zu finden. Aber versetz dich doch mal in die Mädchen. Es ist nicht einfach zu verarbeiten, dass die eigene Mutter eine Mörderin ist, die im Sterben liegt und auf eine Knochenmarkspende hofft.« Er warf sein langes Haar zurück und fing an, sein Handy auf dem Tisch zu drehen. »Und glaub mir, es ist auch nicht einfach derjenige zu sein, der die Nachricht überbringt.«
»Die möglicherweise eine Mörderin ist«, korrigierte Jack, als hätte er den ganzen Rest von Fletchs kleiner Ansprache gar nicht gehört. »Ich habe in den letzten Monaten intensiv in der Vergangenheit gewühlt und haarsträubende Unstimmigkeiten in dem Verfahren festgestellt. Das Ganze ist vielleicht schon dreißig Jahre her, aber unser Rechtswesen hat sich nicht sehr verändert. Eileen Stafford hat keinen fairen Prozess bekommen.«
»Warum hat sie sich dann so passiv verhalten?« Fletch lehnte sich in seinem Plastikstuhl zurück und verschränkte seine muskulösen Arme. »Warum hat sie nicht ausgesagt? Auf der Waffe waren nicht ihre Fingerabdrücke, sondern die einer anderen Person – jemand, der nie identifiziert wurde. Sie hatte keine Schmauchspuren an der Kleidung, und ihr Motiv war absolut erbärmlich. Also – warum hatte sie keine Verteidigungsstrategie?«
Jack nahm seine Tasse und stellte sie dann wieder ab. Er hätte jetzt sein rechtes Ei für ein Bier gegeben, doch Fletch als selbst ernannter Sittenwächter und Sohn eines Alkoholikers hätte das nie zugelassen.
»Seit ich sie zum ersten Mal – in einer ganz anderen Sache – befragt habe und schließlich an diesen Fall geriet, hat sie das Gleiche gesagt: ›Er ist zu allem fähig.‹«
»Und was bedeutet das deiner Meinung nach?«
»Dass es irgendjemanden auf dieser Welt gibt, vor dem Eileen eine Heidenangst hat.«
»Die Frau liegt im Koma und hat nicht mehr lange zu leben – ich denke nicht, dass die noch vor irgendjemand Angst hat.«
An der Stelle irrte Fletch. Jack hatte in den letzten Monaten ausgiebig mit Eileen gesprochen, und zwei Dinge waren in ihren Gesprächen immer wiedergekehrt. Sie hatte vor jemandem Angst, und sie wollte nicht sagen, wer der Vater ihrer Kinder war.
»Was mich am meisten interessieren würde«, sagte er, halb zu sich selbst. »Wer ist der Erzeuger der Drillinge?«
»Mach dir keine allzu großen Hoffnungen«, wiegelte Fletch ab. »Dieses Farmhaus am Sapphire Trail hatte eine lausige Buchführung, und Lucy
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