Bullet Catcher: Wade (German Edition)
bis zwei Meter fünfzig hohe Mauer zum Großteil überdeckten.
»Ich kann gar nichts erkennen«, gestand sie. »Woher wissen Sie, dass da Kameras sind?«
»Jahrelange Erfahrung. Ich gehe sogar davon aus, dass die Bilder in diesem Augenblick überwacht werden. Vermutlich steigen hier vor allem Promis ab, die ihre Ruhe vor Paparazzi und allzu aufdringlichen Fans haben wollen.«
»Das sieht Clive gar nicht ähnlich«, überlegte sie. »Er liebt es, im Mittelpunkt zu stehen.«
»Dann hat es vielleicht Sicherheitsgründe.«
Aber warum sollte er sich um seine Sicherheit sorgen? Wobei die wichtigere Frage lautete: War er überhaupt da drin? Sie hatte vergeblich sein Handy angerufen, und als sie die Hausleitung der Villa anwählen wollte, hatte Wade es ihr ausgeredet. Solche Dinge blieben nicht unbemerkt und konnten dazu führen, dass der Wachdienst misstrauisch wurde, weil jemand offensichtlich nach einem Gast suchte. Es war besser, gar nicht erst auf sich aufmerksam zu machen.
Das machte Sinn. Wie alles, was dieser Mann sagte.
»Ich denke, hier, zwischen den beiden Kameras, kommen wir am besten über die Mauer. Sobald wir drin sind, ducken wir uns und sehen erst einmal, ob im Haus Licht oder Bewegung zu erkennen ist.«
»Und was machen wir, wenn das so ist?«
»Das überlegen wir, sobald wir wissen, ob es sich um Ihren Freund handelt oder nicht.«
»Und wenn niemand da ist? Wenn das Haus leer ist?«
Er warf ihr einen herausfordernden Blick zu. »Ihre Entscheidung: Entweder wir gehen rein – oder wir ziehen uns zurück. Ich sage, wir stürmen.«
Ein Adrenalinstoß durchfuhr sie, angereichert mit erregend warmen elektrischen Impulsen. »So spricht ein echter Marine.« Sie lächelte. »Auf geht’s, Sergeant.«
Er nahm sie bei der Hand und führte sie zu der Stelle der Mauer, die sie ausgesucht hatten. Sie waren kaum ein paar Schritte gegangen, da ertönte ein tiefes Motorengeräusch, und Autoscheinwerfer erhellten einen schmalen asphaltierten Weg, der rund um die Anlage führte und an dem eingefriedeten Grundstück der Palm Grove Villa endete.
»Runter«, befahl Wade im Flüsterton und drückte Vanessa flach auf den Boden. »Das ist der Wachdienst vom Hotel.«
Zwischen den Grashalmen sah Vanessa, wie der Fahrer des Wagens flüchtig seinen Blick schweifen ließ. Am hinteren Ende des Grundstücks, das an den Strand grenzte, wendete er das kleine Fahrzeug. Als er in ihre Richtung spähte, hielt Vanessa die Luft an. Einen Sekundenbruchteil später gab er schon wieder Gas und holperte den Weg entlang zurück zum Hauptgebäude.
»Ihr Herz pocht«, sagte Wade, eine Hand auf ihrem Rücken und den Mund nur Zentimeter von ihrem Ohr entfernt.
»Es schlägt und tut seinen Dienst«, verbesserte sie. »Das beweist nur, dass ich noch lebe.«
»Sind Sie sicher, dass Sie das durchziehen wollen?«
»Ja, ich bin sicher.« Sie rollte sich auf die Seite, sodass ihr Gesicht ganz nah an seinem lag, ganz nah an diesem zum Küssen geschaffenen Mund. »Ich will Clive finden. Und so nah wie jetzt war ich … « Schon lange nicht mehr an einem so erotischen Mann dran. »… ihm noch nie auf meiner Suche.«
Wades Augen wanderten prüfend über ihr Gesicht. »Sie sind ganz schön mutig für ein Mädchen, wissen Sie das?«
» Für ein Mädchen ? Na, und Sie sind ganz süß für einen Neandertaler.«
Er lachte kurz auf und zog sie langsam hoch. »Ein bisschen Angst schadet nicht. Es kann einem das Leben retten.«
»Ich verstehe mich aufs Überleben. Ich arbeite an der Wall Street, und ich bin seit meiner Kindheit in den Straßen von New York unterwegs. Ich habe keine Angst vor einem Typen von der Hotell-Security, der im Golfwägelchen herumkurvt. Außer … er hat eine Waffe.«
Wade schob ein paar Äste zur Seite, um die Mauer freizulegen. »Das ist ziemlich wahrscheinlich.«
»Aber kann er sie auch benutzen?«
»Kann er – oder wird er?« Er blickte über die Schulter. »Ich schätze, er würde sie benutzen, wenn er der Meinung wäre, dass wir etwas Ungesetzliches tun – und genau das tun wir.« Er verschränkte die Finger zu einer Räuberleiter. »Nach Ihnen, Ma’am.«
Sie stellte ihren Fuß in seine Hände. »›Ma’am?‹ Sie sind wirklich aus dem letzten Jahrhundert. Ich bin noch nicht mal dreißig.«
Er sah sie wortlos an.
Ach so, die Akte. »Okay, einunddreißig. Aber Schluss jetzt mit ›Ma’am‹, ja?«
»Ich werde mir alle Mühe geben. Fassen Sie meine Schultern und drücken Sie sich mit Schwung vom Boden
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