Bullet Catcher: Wade (German Edition)
zurückkommt. Tut mir leid.«
Vanessa ließ sich zurück auf ihren Hocker sinken. »So ein richtig fetter Typ? Der nach Zigarre stinkt?«
»Ja, und dann – « Henry straffte den Rücken, als seine Chefin auf die Bar zusteuerte. »Entschuldigen Sie mich bitte.«
»Bones«, sagte Vanessa mit bleichem Gesicht zu Wade. »Das ist der Typ, den ich auf der Anhöhe außerhalb von Basseterre getroffen habe. Dessen Killer mir eine Kanone ins Kreuz gedrückt hat. Warum sollte er hier nach Clive suchen?«
Wade hatte da so ein paar Ideen. Vielleicht hatte Clive bei Bones jemanden kennengelernt und war mit ihm abgehauen, obwohl er »Madame« Geld schuldete. Vielleicht lief aber auch etwas zwischen Bones und Clive, oder es war eine ganz altmodische Dreiecksgeschichte. Er hielt ihr die Tasche hin. »Ich denke, wir sind hier fertig. Zeit für Plan B.«
Sie glitt vom Hocker und schwang sich die Tasche über die Schulter. »B wie Bruch?«
Er lächelte. »Ja, wenn es nicht anders geht, müssen wir wohl einbrechen. Aber auch das ist eine Kunst – wenn wir es nicht richtig machen, landen wir in einem karibischen Gefängnis. Das würde Ihnen garantiert nicht gefallen.«
»Dabei wäre ich nicht die Erste in der Familie, die im Knast landet, oder?«
Kein Wunder, dass sie so hart und verbissen war. Es war verdammt schwer, mit solchen Dingen zu leben. Doch wenn er sie dazu brachte, sich ihrem Schmerz zu stellen, und ihren Freund für sie fand – vielleicht würde sie ja dann mit ihm nach South Carolina kommen.
Und so was nannte Lucy ein Geschenk? Mann, Drogenbosse kaltzumachen war ein Dreck dagegen.
Erstaunlicherweise war es kühl.
Clive öffnete die Augen und nahm bewusst wahr, dass seine Schweißdrüsen zum ersten Mal seit über einem Monat nicht auf Hochtouren arbeiteten. Dank der Dusche war er außerdem fast vollständig den Sand losgeworden, der praktisch jede seiner Hautporen verstopft hatte, sodass er sich vorgekommen war wie eine menschliche Nagelfeile.
Es war dunkel in der Hütte, dunkel und einsam, aber hoffentlich auch sicher.
Er blinzelte in Richtung des Horizonts über dem Karibischen Meer, wo das silbrige Blau des letzten Abendscheins mit der tintenschwarzen See verschmolz. Die letzten Lichter, die zu sehen waren, stammten von einer entfernten Insel, wo Touristen sich amüsierten und die Einheimischen ihren Feierabend genossen – und jemand unerbittlich nach ihm suchte, um ihn zu töten.
Der Drink, der neben ihm auf dem Mosaiktischchen stand und den er sich schon vor Stunden gemixt hatte, war inzwischen zu einem schalen Gebräu geschmolzen. Zigaretten hatte er auch keine mehr. Sein Telefon meldete blinkend eine SMS , deren Eingang er verpasst hatte, weil er das Gerät zum Schlafen auf lautlos gestellt hatte. Obwohl er wusste, von wem die Nachricht stammte, las er sie.
Sie jagt ein Phantom. Auf Nevis.
Clive drückte ein paar Tasten, und nach einmaligem Läuten wurde abgehoben.
»Warum Nevis?«, fragte er ohne Umschweife.
»Weil es klein ist«, kam die Antwort, »weil ich sie da die ganze Zeit beobachten kann und weil sie dort auf keinen grünen Zweig kommen wird. Sie kreuzt herum wie Christoph Kolumbus zwischen den Westindischen Inseln, zeigt dein Foto, buchstabiert deinen Namen und verrät allerlei persönliche Informationen über dich. Nevis ist ein guter Platz für sie.«
Trotz seiner unheilvollen Lage musste er lächeln. Die Vorstellung, wie Vanessa mit wehendem Haar über die Inseln fegte und dabei mit seinem Foto wedelte, war unbezahlbar. »Du fürchtest, dass sie zu viel Aufmerksamkeit erregt.«
»Allerdings. Und das sollte auch dir zu denken geben.«
»Sie wird mich nicht finden.« In Wahrheit hätte er nie für möglich gehalten, dass sie ihm tatsächlich folgen würde. Er hatte seit fünf Jahren keinen Urlaub mehr gemacht, aber bei ihr waren es sechs Jahre. Den letzten freien Tag hatte sie für die Beerdigung ihres Vaters genommen. »Außerdem«, fügte Clive hinzu, »habe ich ihr eine kleine Warnung zukommen lassen.«
» Was ? Warum? Wie?«
»Keine Sorge, sie kann die SMS nicht zurückverfolgen. Ich wollte nur, dass sie weiß, dass ich nicht tot bin.«
»Jede SMS lässt sich zurückverfolgen. Jetzt, da sie weiß, dass sie nahe dran ist, wird sie noch fanatischer suchen. Das ist nicht gut. Es bringt dich noch mehr in Gefahr. Zudem ist sie heute Abend nicht allein.«
Angesichts des unheilvollen Tons runzelte Clive die Stirn. »Was meinst du?« Wen hatte sie da mitgebracht? Jemanden aus New
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