Bullet Catcher: Wade (German Edition)
herausfinden – schon aus Prinzip.«
»Das könnte eine Weile dauern«, bemerkte er mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme. »Wieder eine Gelegenheit, mit Jack Culver eng zusammenzuarbeiten.«
Lucy ließ sich nichts anmerken. »Du gehst zu weit, Dan.«
»Und du streitest es nicht einmal ab.«
Sie deutete mit einem Finger auf ihn. »Eindeutig zu weit.«
»Entspann dich, Luce. Du hast eben eine kleine Schwäche für eine bestimmte Person, und du gibst ihr hin und wieder nach. Das macht dich menschlich. Vielleicht ist dann auch endlich Schluss mit den Gerüchten, an dir wäre rein gar nichts menschlich.« Er stand auf und setzte dieses typische schiefe Grinsen auf, das jedoch nicht seine Augen erreichte. »Ich habe mich das auch schon manchmal gefragt.«
Den Blick starr auf ihn gerichtet, hörte sie, wie die Tür zur Operationszentrale aufging. Sie musste nicht hinsehen, um zu wissen, wer hereinkam, denn mit einem Schlag wurde der Sauerstoff im Raum knapp.
»Ich habe, was ich brauche, Luce«, sagte Jack. »Sage hat mir ein paar hervorragende Hinweise gegeben. Wir bleiben in Kontakt.«
»Okay«, antwortete Lucy. »Dan wird sich zusammen mit der Polizei in Charleston den Wohnungsbrand ansehen.«
Jack sah nicht gerade begeistert aus, bedachte Dan aber mit einem Nicken. »Ich finde allein raus.«
»Ich komme mit«, sagte Dan mit Blick auf Lucy. »So wie es aussieht, kann ich heute nicht länger bleiben.«
Nachdem beide weg waren, blieb Lucy minutenlang sitzen, ohne sich zu rühren. Ihre Bibliothek, der Schreibtisch, die Antiquitäten, alles war von höchster Eleganz und perfekt aufeinander abgestimmt. Ihr ganzes Leben war bis in die kleinste Faser durchorganisiert und kontrolliert. Schwäche zu zeigen hieße, all das zu gefährden. Hatte Dan recht? Hatte sie eine Schwäche für Jack? Sie hasste Schwäche – in der Firma, in ihrem Leben und besonders an sich selbst.
Sie verwob ihren Finger mit der einen weißen Strähne in ihrem pechschwarzen Haar, die sie beständig daran erinnerte, welch hohen Preis sie dafür bezahlt hatte, dass sie einmal die Kontrolle verloren hatte. Diesen Fehler würde sie nicht wieder machen. Nie wieder.
17
Wade versuchte, durch den sintflutartigen Regen, der auf die Windschutzscheibe prasselte, etwas zu erkennen. Von ihrem Platz aus, zwei Meilen oberhalb der Eden Brown Bay am östlichsten Zipfel von Nevis, sah er nur einen unbefestigten, vom Regenwald beinahe zugewucherten Weg, der zum Strand hinunterführte. Ihr gemieteter Honda Element war zwar durchaus robust, aber für diese Straße hätte man einen Bulldozer gebraucht.
Er wandte sich seiner Beifahrerin zu. »Hier können wir nicht … «
»Wie bitte?« Vanessa hieb frustriert auf das Armaturenbrett. »Jetzt sind wir so weit gekommen. Wir haben ein Satellitenbild, das uns anzeigt, dass er sich maximal ein paar hundert Meter von uns entfernt aufhält – und jetzt lässt du dich von ein bisschen Regen und Schlamm abschrecken?«
»Wir können hier nicht mit diesem Wagen durch«, sprach er seinen Satz zu Ende und schüttelte ungläubig den Kopf. »Meinst du im Ernst, ich käme auf die Idee, jetzt aufzugeben? Wir gehen zu Fuß. Es sei denn, du willst hier warten, dann gehe ich allein.«
Ihre Augen hinter der überflüssigen Brille verengten sich. »Als ob das infrage käme.«
»Na dann. Es wird nicht einfach werden«, warnte er. »Vor allem in diesen Klamotten.« Er schob einen Finger unter den Träger ihres kastanienbraunen Tanktops, und selbst dieser kurze Kontakt mit ihrer Haut erwärmte ihn.
»Als wir losfuhren, hat es nicht geregnet«, sagte sie. »Und ich habe Sneakers an.«
Und abgeschnittene Jeans, die so kurz waren, dass er den Muskel innen am Schenkel sehen konnte, mit dem er sich vor wenigen Stunden erst vertraut gemacht hatte. »Ja, du siehst aus, als wärst du unterwegs zur Grundausbildung«, scherzte er und hob dann den Blick zum Himmel. »Der Sturm kann ebenso schnell wieder vorbei sein, wie er begonnen hat.«
»Ich warte nicht.«
Er lachte leise. »Der Satz wird mal auf deinem Grabstein stehen, weißt du das?«
Sie packte den Türgriff. »Und mit diesem erbaulichen Gedanken brechen wir jetzt auf.«
»Warte mal.« Er drehte ihr Gesicht zu sich und zog ihr die Brille ab, um sie sorgfältig eingeklappt auf die Ablage zu legen. »Im Regen kannst du ohne besser sehen.«
»Danke.« Sie stieß die Tür auf, Wade folgte ihr, und schon im nächsten Augenblick waren sie beide vollkommen
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