Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)
Anlass vorwegnehmen: Vielen von euch wird bekannt
sein, dass das Errichten und Instandhalten jedweder Domizile oder
Arbeitsstätten außerhalb der Verteidigungslinie mitnichten genehmigt wurden,
und diese nur aufgrund großzügiger Toleranz seitens des Regimes obwalten. Jeder
Einwohner der Hingaisiedlungen ist demzufolge selbst sowohl für sein Gut als auch
für sein Wohlergehen verantwortlich. Ungeachtet jener bitteren Tatsache seid
ihr ein gewichtiger Pfeiler jedweden Wohlstands und jedweder sonnigen
Perspektive unseres geliebten Reichs. Vorherrschend demzufolge wird euch die
Ehre zuteil, an die Krone der Amtsgewalt euer Wort richten zu dürfen. Beherzigt
diesen Augenblick, denn diese Zusammenkunft wird denkbar ein einmaliges
Ereignis eures Lebens sein – eine Präzedenz dazu gibt es nicht… Wir werden
alsbald drei Begehren entgegennehmen, während jedes Verlangen, das uns zu
verstiegen erscheint, mit oder ohne Begründung verweigert wird. Wer von euch
sich also traut, für alle zu sprechen, soll vortreten.
Die Menschenmenge gerät in Getümmel und Geplapper. Augen
suchen, Finger bezeigen, Schulter treffen aufeinander. Von hier und da hört man
jaulendes, wütendes oder auch nur rufendes Geschrei. Hier und jetzt wurde den
Menschen erlaubt, Entscheidungen zu treffen, auf dass sie am eigenen Leibe,
unvermittelt erfahren, welch mühselige Angelegenheit es ist, sich zu einigen…
Die Meisten enthalten sich des Prozesses, ob aus Gewohnheit oder bitterer
Erfahrung. Viele sind aktiv – schreien, lachen, schieben Leute auseinander ohne
einen ersichtlichen Effekt. Und nur eine Handvoll Menschen strahlt Autorität
aus, ordnet das Chaos und schafft es sogar, kleine Abstimmungen zu
bewerkstelligen. Am Ende des Prozesses stehen drei Männer zwischen uns und den
Massen.
Ryudiga führt die Verhandlung und macht es so klug, wie
klug seine Vorrede war. Er schmiert Honig auf ein Stück Holz und verkauft es
als Delikatesse. Einen Fass voll Honig redet er den Leuten aus, weil das Holz
des Fasses längst verfault sei und der Honig verdorben… Das Verlangen nach
Mitbestimmung stellt er als einen direkten Weg in die finsteren Zeiten dar. Ein
Jeder würden von heute auf morgen dem Willen seines Nachbarn, seiner Kollegen,
womöglich dem seiner eigenen Kinder, vor Allem aber dem Willen der Reichen und
des Mittelstands gehorchen – quasi jeder hätte plötzlich Macht über ihn,
während jetzt nur ein einziger Mann das Sagen hat dem am Wöhlergehen des
Reiches tatsächlich etwas liegt. Ryudiga malt die Fratze der Demokratie als
eine grauenhafte Monstrosität vor dem Hintergrund der paradiesischen Monarchie.
In nur wenigen Jahren würde eine gut gemeinte Idee in Polemik, Demagogie,
Populismus und Korruption versinken. Bald würden die Reichen alle Vertreter
kaufen und das Volk den eigenen Interessen dienen lassen… Die drei Vertreter
fühlen das aufkommende Misstrauen der Leute hinter Ihnen und begehren
wenigstens ein ständig offenes Ohr des Regimes für die Belange der Armen.
Die Rede von Ryudiga war so überzeugend, dass sogar ich
selbst anfange, an der Demokratie zu zweifeln. Er dreht jeden Spieß so um, dass
nicht nur der Leichtgläubige an seine Blauäugigkeit glaubt. Im Endeffekt nehmen
wir drei Begehren entgegen, die rein gar nichts ändern würden, weil zumindest
ich das Entsprechende sowieso schon vorhatte durchzuführen: eine Anlaufstelle
für Begehren, die Erweiterung der Verteidigungslinie und die Ausweitung der öffentlichen
Portale, die schon seit einer Woche diskutiert wird.
Die Menschen sind in ihrem Glaube des Erfolgs glücklich,
und als ob es nicht genug des Schwindels war, erklärt Ryudiga den heutigen Tag
zu einem Nationalfeiertag, sodass auch der letzte Skeptiker von der
Großzügigkeit der Herrscher geblendet wird… Nur noch einer, der ganz vorne
steht und die ganze zeit zwischen den Schultern der Vertreter meine Augen
suchte, bleibt grimmig und unzufrieden. Er macht fünf Schritte nach vorn,
nachdem die vermeintlichen Anwälte des Volkes sich mit dem letzten wieder
vermischt hatten, und bietet die Menschenmenge lautstark um Ruhe.
Shutorutzuferikkusu.
F…Ich bin Shutorutzuferikkusu! Ich gehöre weder der
Bevölkerung der Hingai, noch habe ich heute Nacht jemand verloren, der mir nahe
stand. Ich spreche nicht vertretend für das Volk, denn nur für mich allein.
Mich vergnügt es weder zuzusehen, wie Steine zu Staub zerfallen, noch bin ich
außerordentlich empört über die
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