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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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um
hundertachtzig Grad, sodass ich wieder bei meinem Schwert bin, während mein
Rivale irritiert und gleichgewichtslos. Ich muss mir nur noch überlegen, welche
Hand ich dafür nehme und welchen Fuß ich wohin stelle, damit die Drehung so
klappt, wie ich es mir wünsche… Nicht gerade meine Urteils- oder
Vorstellungskraft, dafür meine (sicherlich manipulierten) Intuitionen und
Instinkte verraten mir, dass ich die linke Hand benutzen und meinen linken Fuß
soweit vorschieben soll, dass ich ohne das Gewicht des Gegners hinfallen würde…
     
      Jede Einzelne Bewegung in einer Zeitlupe erfordert
ungewohnt großen Kraftaufwand. Es kommt mir vor, als wäre die Luft so zäh wie
Honig… Dafür habe ich genug Zeit, mich an den Gurt von Ferikkusu
festzuklammern, was ich bei der üblichen Zeitgeschwindigkeit niemals schaffen
würde. Ich denke auch kaum, dass ich ohne vorprogrammierte Fähigkeiten und
Intuitionen eine saubere Drehung hinbekommen würde; ich wette, sogar eine
professionelle Balletttänzerin wäre in einer Zeitlupe mit einer einfachen
Pirouette überfordert. Ich aber weiß irgendwoher, wie ich einen optimalen
Schwung hole, wie ich mein Bein schwinge, wohin mein freier Arm gehört… Als ich
mir allerdings Zentrifugalkraft angeeignet habe, komme ich mir nicht mehr vor,
wie ein Insekt im Honigglas, denn eine zähe Flüssigkeit würde jeden kleinsten
Impuls sofort verschlingen. Nein, ich komme mir vor wie ein Riese, der kaum zu
bremsen ist, sobald er in Bewegung geraten ist. Ich müsste mindestens so groß
und so schwer sein wie eine Lokomotive, um die mechanische Physik auf diese
Weise zu empfinden … eher sogar so groß wie einer meiner Kreuzer.
     
      Während ich mich also um den Zweikörperschwerpunkt drehe,
erscheinen mir für einen Bruchteil einer (echten) Sekunde die Gesichter der
Zuschauer. Es ist prinzipiell dasselbe Gemälde wie vorhin – jede Figur befindet
sich auf demselben Platz, bloß hat sich jeder einzelner Gesichtsausdruck leicht
verändert. Und die Metamorphose ist noch lange nicht abgeschlossen: Vielleicht
kommt es mir nur so vor, aber mir scheint, als würde das Publikum in der Nähe
eher zurückweichen und die Augen aufreißen, während die weiter Stehenden sich
nach vorne lehnen und ihre Augen zukneifen. Insgesamt ergibt sich der Eindruck
einer symmetrischen Wölbung der Zuschauerreihe, als würde mein Körper eine
unsichtbare Kraft ausstrahlen, die in der Lage ist, den Willen der Menschen zu
beeinflussen … und zwei Pole hat.
     
      Als Nächstes sehe ich Heruge, kann aber nicht erkennen, ob
er schockiert, amüsiert oder begeistert ist. Vielleicht hat er schon vor dem
Kampf so ausgesehen – das weiß ich nicht. Bloß nachdem sich unsere Augen
getroffen haben, zaubert sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. „Das sieht
gut aus, Eure Mehrheit, der Griff Eueres Schwerts wird noch in der Luft sein,
wenn Eure Hand nach ihm greifen will. Aber passt auf – Ferikkusus Klinge eilt
Euch hinterher – Ihr werdet schnell reagieren müssen!“ „Danke Heruge.“
     
      Weiter kommen die Reihen der Ordnungshüter, die Treppe,
Die Minister und das offene Tor. Dann erst sehe ich mein Schwert, dessen Griff
etwa die Hälfte des Weges zum Boden erreicht hat. Ich strecke meine Hand danach
und stelle fest: ich muss Ferikkusu loslassen, damit ich meine Waffe erreiche.
Das ist alles kein Problem für mich. Was vielleicht ein Problem sein könnte,
ist die Klinge meines Gegners, die nur noch einen halben Meter von mir entfernt
gegen meinen kopf schnellt – Ferikkusu ist weder gefallen, noch befindet er
sich im Nachteil welcher Art auch immer. Er scheint ein wirklich guter Kämpfer
zu sein – reagiert blitzschnell und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. In
dieser Situation ist nur die Schnelligkeit mein Verbündeter… und vielleicht der
Umstand, dass sein linker Fuß doch reichlich weit vom Kampfgeschehen entfernt
ist, so kann ich Einiges von dem ausschließen, was er in der nächsten Sekunde
machen könnte.
     
      Aber ich habe schon eine Idee, wie mein nächster Zug
aussehen wird: „Heruge! Was schätzt du, wie lange ich brauche, um mit meinem
Kopf dem Schwert auszuweichen?“ „In welche Richtung?“ „Nach unten!“ „Ihr Haar
mitgerechnet?“ „Wie meinst du das?“ „Ihr Haar bleibt länger in der Luft!“ „Oh
ja … von mir aus kann er mir einen Zentimeter abschneiden – dann muss ich nicht
zum Friseur!“ „Dann … fünfzehn Prozent der Sekunde!“ „Nein – in

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