Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)
am Ende, wenn die Geschichte fertig ist, das Überflüssige
streichen. Allerdings erscheint mir die Variante der sofortigen Zensur und
Dezimierung der Gedanken viel sparsamen in Bezug auf Arbeit und
Energieverbrauch.
Ich habe nämlich festgestellt, dass ich vielleicht gerade
vierzig Minuten meines Lebens beim Beschreiben so weit gestreckt habe, dass die
etwa die Hälfte des bis jetzt Erwähnten ergeben. Es ist zwar durchaus ziemlich
spannend, was mir in der knappen Stunde widerfahren ist, doch man kann es auch
übertreiben. Wozu habe ich zum Beispiel die Taxifahrt und die beiden Spiele so
genau beschreiben müssen? Oder die Kampfszenen im Untergewichtszustand. Wen
interessiert schon, was die Praktikantin so alles anhatte? Wer interessiert
sich für die Anzahl der Farben der Flughafenfassade, für die ausführlichen
Spekulationen über das Privatleben von Mome. Bereits einige Stellen ganz am
Anfang der Geschichte erscheinen mir jetzt zu langatmig. Zugegeben die
„zusammenhängende Geschichte“ von meinem Chef kann ich schlecht kürzen, ich war
es ja selbst, der eine Zusammenhängende wollte, bei der Show allerdings würde
ich einige Stellen streichen, oder einige mehr.
Und nun, wo ich mit mir einig wurde, erzähl ich euch etwas
von der Anziehung und der Anziehungslosigkeit.
..Vergiss, dass du einen Körper hast.
Entspannend, entspannt … freigedacht vom Körper,
betrachtete ich einen Film, ein dreidimensionales Bild bestehend aus zwei
Raumachsen und einer Zeitachse. Ein weiblicher Körper besetzte die Mitte der
Leinwand. Der Augenfixpunkt lag auf ihrem Hals. Mein Gehirn versuchte zwischen
zwei Perspektiven zu entscheiden. Eine Perspektive lag oberhalb des Halses, die
Andere unterhalb. Das Überbewusstsein und das Unterbewusstsein saßen Kopf an
Kopf an einem Tisch und konstruierten an einer Lösung. Es ergab sich eine Art
Kompromiss, indem ich mich an den Tag erinnerte, an dem mir zum ersten Mal eine
Praktikantin zugeteilt wurde. Interessant erscheint mir jetzt der Gedanke
daran, dass ich mich erst Wochen später gefragt habe, warum.
Die ersten Sekunden war ich positiv überrascht. Die ersten
Minuten, hielt ich die Angelegenheit für einen Scherz vom Chef. Die ersten
Stunden habe ich mich, soweit ich mich erinnern kann, unmöglich benommen, bin
mit heraushängenden Zunge und chauvinistischen Sprüchen auf sie losgegangen.
Die ersten Tage musste ich viel einstecken, weil sie sich nicht nur erfolgreich
gewehrt, sondern auch mich und meine längst vergessenen Komplexe aufs schärfste
angegriffen hat. Nach einigen Wochen der Zusammenarbeit dann haben wir uns an
einander gewöhnt und durften feststellen, dass obwohl wir recht wenig gemeinsam
haben, uns doch relativ gut verstehen konnten. Ab da erst war ich in der Lage,
mir rationale Gedanken über ihre Person machen zu können.
Nachdem ich also in nur wenigen Wochen erfolgreich
diagnostiziert habe, dass sie obwohl äußerst attraktiv, dennoch nicht mein Typ
ist, fragte ich mich zum ersten Mal, wozu ich eine Praktikantin bekam. Ich habe
mir keine gewünscht, ich habe keine gebraucht. Die Aushilfe, die ich vor Mome
hatte, wurde abgezogen. Wir bekamen mehr Freiraum, mehr Eigenverantwortung,
mehr Mittel. Eine Gehaltserhöhung wurde mir seltsamerweise bis auf weiteres
verweigert. Irgendwann begriff ich, dass meine Praktikantin gleichzeitig meine
Vorgesetzte war. Es kam mir vor, als wäre sie weniger zum Aushelfen und mehr
zum Kontrollieren da. Ich fühlte mich auf liebreizende Weise übergangen. Ich
kam mir wie eine gut bezahlte, bestens bediente Geisel vor. Letzte Zeit wurde
ich derart favorisiert, ich dachte, eher werde ich tot aufgefunden, bevor ich
meinen Arbeitgeber wechseln kann.
Ich wurde plötzlich Wach. Wachsam. Ich dachte an diese
Reise. Ich dachte an die Doppeldeutigkeit des Gesagten. Ich dachte, wie einfach
es wäre, mich auf diese Weise loszuwerden. Ich dachte aber nicht … oder ich
glaubte nicht, dass heute mein letzter Tag sein sollte. Ich war fest davon
überzeugt, ich würde eine Schöne Zeit am Äquator verbringen. Ich zweifelte
nicht an den guten Absichten meiner Praktikantin. Dennoch fühlte ich mich in
dieser Minute einsam und unberücksichtigt.
So kam es, dass ich mich nicht mehr um Anstand und Zucht
kümmerte und nur noch die hübsche Figur des vor mir schwebenden weiblichen
Körpers anstarrte und beinahe anfing zu sabbern, wenn mich nicht der seichte
Aufprall gegen das obere Fenster erneut
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