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Burgfrieden

Burgfrieden

Titel: Burgfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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Hinweis darauf entdeckt. Zur Sicherheit würde sie jetzt noch am Balkon nachsehen. Als sie sich gegen den Griff der Schiebetür stemmte, bemerkte sie das Lichtsignal am direkt danebenstehenden Schreibtisch. Es gehörte zu einem Laptop, der ihr zwar schon aufgefallen war, den sie aber nicht weiter beachtet hatte. Sie kannte das Passwort nicht, daher lohnte es sich auch nicht, Zeit mit dem Gerät zu verschwenden. Wenn es aber eingeschaltet war, sah die Sache anders aus. Probeweise fuhr Jenny mit der Maus über die Tischplatte. Augenblicklich wurde der Bildschirm aktiviert. Flüchtig betrachtete sie die verschiedenen Symbole: Adobe Reader, Microsoft Powerpoint, Internet, E-Mail. Nein, das hatte keinen Sinn. Es würde viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen, in die einzelnen Dateien hineinzuschauen. Sie war ohnehin keine Expertin in diesen Dingen. Lenz würde sich wohl besser auskennen, der gehörte der richtigen Generation an. Aber so viel Glück, dass Mordred ein zweites Mal vergaß, seinen Laptop abzuschalten, würden sie nicht haben. Vielleicht schafften sie es jetzt noch. Wenn sie Lenz vom Balkon aus rief, müsste er sie eigentlich hören.
    Jenny schob die Tür ein Stückchen weit auf, so dass ihre schmale Gestalt gerade durch die Öffnung passte. Kaum war sie ins Freie getreten, sah sie Lenz ins Haus gehen. Jemand war bei ihm. Mordred! Warum hatte Lenz sie nicht gewarnt? Jenny riss ihr Handy aus der Hosentasche. Das Display war dunkel. Sie hatte vergessen, das Ding aufzuladen. Nichts wie raus hier.
     
    *
     
    »Hier ist meine Suite.« Mordred zog ironisch die Augenbrauen hoch, steckte mit einer Hand den Schlüssel ins Schloss und hob lässig grüßend die andere. »Man sieht sich.« Es war offensichtlich, dass er das Geplauder mit dem Assistenten, der ihn bis hierher begleitet und über allerhand Belangloses mit ihm gesprochen hatte, als beendet betrachtete. Lenz überlegte fieberhaft, wie er den anderen aufhalten könnte. Er wollte sich lieber nicht ausmalen, was passierte, wenn Jenny noch in dem Zimmer war.
    Inzwischen hatte Mordred aufgeschlossen und hielt jetzt die Türklinke in der Hand.
    »Wollt’ ich dich noch etwas fragen. Du hast noch einen Augenblick Zeit?« Lenz hatte einen Entschluss gefasst. Er würde mit allen Mitteln versuchen, in Mordreds Zimmer zu gelangen. Wenn Jenny nicht mehr da war, konnte er sich eine Ausrede ausdenken und rasch wieder verschwinden. Falls sie sich aber noch in dem Raum befinden sollte … Lenz hatte zwar keinen konkreten Plan, aber eines war sicher: Er würde sie nicht schutzlos Mordreds Wut überlassen.
    Der hatte jetzt die Lider gesenkt und musterte den Assistenten aus den Augenschlitzen. Die ganze Sache kam ihm sehr verdächtig vor.
    Schon die lautstarke Begrüßung hatte ihn stutzig gemacht. Als Lenz dann auf dem Weg zu seinem Zimmer partout nicht von seiner Seite wich, hätte er ihn am liebsten gepackt und ihm ein »Verzieh dich und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten« ins Gesicht geschleudert. Aber nach seinem gestrigen Auftritt wäre ein neuerlicher Gewaltakt äußerst unklug gewesen. Zumal es sich nicht nur um eine Autoritätsperson – bei diesem Begriff auf Lenz angewendet musste er fast schon wieder grinsen – sondern quasi auch um den Gastgeber handelte. Dem konnte er ja schlecht verbieten, sich in seinem eigenen Haus respektive dem seines Onkels zu bewegen, wie es ihm passte. Aber eines war klar: Sein Zimmer war absolutes Sperrgebiet. Wehe, jemand würde es wagen, dort herumzuschnüffeln.
     
    *
     
    Jenny hörte die Stimmen einen Sekundenbruchteil, bevor sie die Klinke herunterdrücken wollte. Auf den Gang konnte sie nicht mehr. Mordred würde sie aus seinem Zimmer kommen sehen, und dann wäre der Teufel los. Gar kein schlechter Vergleich, so gesehen. Aber jetzt hatte sie andere Sorgen. Es gab nur einen Fluchtweg: den zum Balkon. Allerdings war es lediglich eine Frage der Zeit, bis man sie dort entdecken würde. Egal. Vielleicht fiel ihr ja an der frischen Luft eine gute Ausrede ein. Beim Durchqueren des Zimmers streifte Jennys Blick den Laptop. Das Display leuchtete noch auf. Wie lange dauerte es, bis es sich wieder von selbst deaktivierte? Während sie eine Sekunde opferte, in der sie überlegte, ob sie den Vorgang irgendwie beschleunigen könnte, sah sie ein Stückchen Papier unter dem Notebook hervorlugen. Im Weitereilen griff sie danach und zog es hervor.
     
    *
     
    Der leuchtende Bildschirm zeigte Lenz sofort, dass vor kurzem jemand hier

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