Burke 2 - Strega
Puppe?«
»Genau das, wonach es für dich ausgesehen hat. Wut. Sexuell mißbrauchte Kinder sind oft voller Zorn auf die Person, die sie verletzt. Und manchmal ebenso auf die Person, die es versäumt, sie zu beschützen. Ein Bestandteil der Behandlung ist es, sie wissen zu lassen, daß es okay ist, ›nein‹ zu sagen – daß es okay ist, wütend zu sein. Die Arme und Beine der Puppen sind mit Velcro befestigt; das Kind kann sie abreißen – und sie später möglicherweise dransetzen, falls es soweit kommt.«
»Wohnt das Kind nicht bei seinem Vater?«
»Sie wohnt bei ihrer Mutter. Der Inzest geschieht während der Zeit, wenn sie ihn besucht.«
»Also keine Besuche mehr bei ihm?«
»Das liegt dann an den Gerichten. Als das Kind Anzeichen von sexuellem Mißbrauch zeigte, brachte es die Mutter zum Arzt. Sie wußte nicht, was nicht stimmte, aber sie wußte, daß etwas faul war. Der Doktor fand keine physischen Schäden – er dachte nicht daran, nach einer Geschlechtskrankheit zu suchen, es kam ihm nicht in den Sinn. Die eigentliche Diagnose erfolgte erst Wochen später – als die Mutter das Kind wegen eines Scheidenausflusses zur Notaufnahme brachte. Das Kind wurde einem Programm zugeteilt, bei dem sie Therapie betreiben und die Kinder überdies physische und emotionale Selbstverteidigung lehren. Auch ich arbeite da – ich brauche das Praktikum, um mich für meine Zulassung hier zu qualifizieren. Was ich im Spielzimmer getan habe, war, das Kind auf einen beaufsichtigten Besuch bei seinem Vater vorzubereiten. Sie muß wissen, daß sie ihrem Vater gegenübertreten und ihm sagen kann, daß er aufhören soll, und sie muß das Gefühl haben, daß sie beschützt wird, wenn sie das tut.«
»Warum sollte sie die Made überhaupt besuchen?«
»Das ist eine gute Frage«, sagte sie. »Die Antwort ist, daß sich das Kind durch seine eigene Wut hindurch dazu durcharbeiten muß, was mit ihm geschehen ist. Es muß das Gefühl für Kontrolle über sein Leben wiedererlangen. Die beaufsichtigten Besuche sind nicht dazu gedacht, dem Vater zu nützen – sie sind von therapeutischem Wert für die Tochter. Und gleichzeitig kann der Vater mit seiner eigenen Behandlung beginnen.«
»Was ist, wenn er alles abstreitet?«
»Gewöhnlich tun sie das zuerst. Aber die meisten gestehen schließlich ein, was sie getan haben – natürlich bemänteln sie es mit einer dicken Schicht Selbstrechtfertigung!«
»Was für Rechtfertigung?«
»Oh, daß das Kind der Initiator war ... daß es nichts weiter war, als ihm auf besondere Weise seine Zuneigung zu zeigen ... sie verharmlosen ...«
»So ein Bockmist. Wird er auf Gonorrhöe untersucht?«
»Ja, er wird untersucht werden. Aber falls er selbst etwas dagegen unternimmt, dauert es weniger als vierundzwanzig Stunden, und alle Spuren der Krankheit sind verschwunden. Die Gerichte jedoch werden das Vorhandensein einer durch Geschlechtsverkehr übertragenen Krankheit zusammen mit meiner Validation berücksichtigen. Und gegen ihn befinden.«
»Willst du mir sagen, daß es wirklich Behandlungsmethoden für diese Leute gibt?«
»Das ist heute eine der größten Streitfragen in unserem Beruf – ich kenne die Antwort nicht.«
»Ich weiß nichts über einen Inzest wie diesen. Aber die Maden, die Sex mit Kindern mögen, hörn nie auf.«
»Pädophile mögen sehr wohl unheilbar sein. Ich weiß es nicht.
Ich arbeite nur mit den Opfern.«
Max ging rüber und stellte sich hinter Immaculata. Er schüttelte kurz die Faust, um mir zu zeigen, wie stolz er auf seine Frau war.
Sie blickte zu ihm auf, und ich wußte, dies war kein Tag für Romme.
Wahrscheinlich hätte sich zwischen Immaculata und Mama alles gelegt, hätte Max seine Frau nicht eines Nachts ins Restaurant mitgebracht. Zu Ehren des Ereignisses nahmen wir alle an einem der großen Tische hinten Platz.
In Mamas Kneipe gibt’s keine Klimaanlage, aber die Atmosphäre war sowieso wie in einem Tiefkühlfach. Mama war nicht verrückt genug, Immaculata offen zu beleidigen, also fochten sie ihre Schlacht mit jenem subtilen Feuer, das nur Frauen mit Charakter jemals wahrhaft beherrschen.
Einer der Schlagetots brachte eine mächtige Terrine Sauerscharfsuppe. Mama verbeugte sich vor Immaculata, um kundzutun, daß sie jedermann bedienen sollte – Barmädchen tun das doch, richtig? Doch Immaculata zuckte nicht mit der Wimper – sie nahm Max’ Schale vom Teller und schöpfte eine großzügige Portion ein, besonders darauf bedacht, sie ordnungsgemäß zu
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