Burke 2 - Strega
servieren, eine volle Ladung sämtlicher Zutaten, nicht bloß das dünne Zeug obendrauf. Mama lächelte sie an – so wie der Pathologe die Leiche kurz vor der Autopsie anlächelt.
»Du bedien erst Mann, nich Frau. Chinesisch Weise, ja?«
»Nicht die chinesische Weise, Mrs. Wong – meine Weise. Für mich kommt Max zuerst dran, sehen Sie?«
»Ich seh. Du nenn mich ›Mama‹, okay? Wie jeder andre?«
Immaculata sagte nichts, sondern neigte den Kopf zustimmend so leicht wir irgend möglich. Aber Mama war noch nicht fertig.
»Dein Name Immaculata? Ich sag das richtig – Immaculata? Is vietnamesisch Name?«
»Es ist der Name, den mir die Nonnen gaben – ein katholischer Name –, als die Franzosen in meinem Land waren.«
»Dein Land Vietnam, ja?«
»Ja«, sagte Immaculata, ihr Blick war hart.
»Dein Vater und Mutter beide von Vietnam?« fragte Mama unschuldig.
»Ich kenne meinen Vater nicht«, erwiderte Immaculata schlankweg, »aber ich weiß, was Sie wissen wollen.«
Am Tisch wurde es totenstill. Max beobachtete Mama und machte sich seine Gedanken – Mama hatte zwei Kriege überlebt, aber sie war dem Tod nie so nah gewesen wie in diesem Augenblick.
Max deutete mit stählernem Finger auf mein Gesicht, dann öffnete er die Hände; er stellte eine Frage.
Ich wußte, was er wollte. »Nein«, sagte ich ihm, »ich weiß auch nicht, wer mein Vater war. Na und?«
Max rieb seine Hände aneinander. »Alles vorbei«, meinte er. Die Diskussion war vorüber.
Doch so leicht sollte er sie nicht abwürgen können. »Wollen Sie auch die Nationalität meines Vaters wissen, ja?« fragte Immaculata.
»Nein«, sagte Mama, »warum will ich das wissen?«
»Weil Sie denken, es könnte Ihnen etwas über mich verraten.«
»Ich weiß schon über dich«, blaffte Mama.
»Und was ist das?« fragte Immaculata, und die Luft um uns knisterte vor Gewalt.
Doch Mama machte einen Rückzieher. »Ich weiß, du lieb Max – das gut genug. Ich lieb Max – Max wie mein Sohn, richtig? Sogar Burke – auch wie mein Sohn. Hab zwei Söhne – sehr verschieden. Na und, ja?«
»Ja, wir verstehen einander«, sagte ihr Immaculata, als Mama sich zustimmend verbeugte.
»Du nenn mich ›Mama‹?« fragte die Drachendame.
»Ja. Und Sie nennen mich Mac, okay?«
»Okay«, sagte Mama, verkündete einen Burgfrieden, wenigstens wenn Max in der Nähe war.
Doch Max war jetzt nicht in der Nähe, also mußte ich das Geld bei Mama lassen. Keine große Sache – jedesmal wenn ich meinen Schnitt mache, lagere ich etwas davon bei Max oder Mama. Nicht daß ich etwa sonderlich sparsam bin – es ist bloß so, daß bei mir viel Zeit zwischen zwei passablen Schnitten liegt. Es machte mir nichts aus, ohne Lizenz zu arbeiten, aber ich hatte nicht vor, es ohne Netz und doppelten Boden zu versuchen.
Das letzte Mal, als ich wieder im Gefängnis war, änderte alles.
Wenn du vom Staat großgezogen wurdest, denkst du nicht über dieselben Dinge nach wie die Bürger. Früher oder später findest du raus, daß Zeit Geld ist – wenn du kein Geld hast, sitzt du wieder deine Zeit ab. Die meisten Kerle, die mir unterkamen, saßen lebenslänglich auf Raten. Ein paar Jahre drin – ein paar Monate draußen.
Ich dachte, ich hätte alles kapiert, bevor ich das letzte Mal abstürzte. Bis dato hatte ich stets den Fehler gemacht, Bürger in meine Angelegenheiten einzubeziehen. Für sie und für uns gilt ein anderer Satz Spielregeln. Erstich einen Mann im Gefängnis, und du landest vielleicht für ein paar Monate im Bunker – nimm einen Schnapsladen an der Ecke aus, und du gewärtigst eine Haftstrafe, so lang wie eine Telefonnummer; vor allem, wenn du vorher schon mal dort gewesen bist.
Bis dahin hatte ich mir ein paar Dinge beigebracht, und ich wußte was Besseres, als mit Partnern zu arbeiten, die nicht dichthielten.
Und ich wußte, wo das Geld war – wenn ich stehlen wollte, ohne die braven Bürger sauer auf mich zu machen, mußte ich die bösen Buben bestehlen. Damals war das Heroingeschäft fest in europäischer Hand – die Schwarzen waren bloß im Einzelhandel mit von der Partie, und die Latinos hatten ihren Zug noch nicht gemacht.
Die Italiener verschoben das Gift pfundweise quer durch die Stadt, und sie waren dabei nicht sonderlich vorsichtig – sie hatten keine Konkurrenz. Max wollte die Gangster kapern, wenn das Geld die Seiten wechselte, aber das würde nicht funktionieren – die Italiener transportierten das Dope völlig unbekümmert, aber sie wurden
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