Burke 2 - Strega
mit den Fingern schnippte und nach Osten deutete. Zuerst konnte ich nichts sehen, doch dann schnappte ich einen schwachen, sich langsam in unsere Richtung bewegenden Lichtstrahl aufvon Westen, wo sie eigentlich nicht herkommen sollten. Und dann hörte ich Schritte, eine Menge Schritte, aus der richtigen Richtung kommen. Der Maulwurf stellte seinen Ranzen auf den Boden, eine Hand drin.
Der Prof kippte die Hämmer an meiner Abgesägten zurück, und ich umfaßte das schlagballförmige Metallstück in meiner Jackentasche. Es ging los.
Und dann löste sich alles in seine Einzelteilen auf. »Hier spricht die Polizei!« kam eine Stimme über die Flüstertüte. »Sie sind umstellt. Lassen Sie die Waffen fallen und gehen Sie mit erhobenen Händen in Richtung meiner Stimme!«
Die elenden scheiß Maden! Warum das Risiko eingehen und sich mit Abtrünnigen abgeben, wenn sie ihr Dope zurückkriegen und gleichzeitig ihren Polizeispezis ein paar hochkarätige Festnahmen spendieren konnten?
Ich mußte sie hinhalten, Zeit zum Denken schinden.
»Woher weiß ich, daß ihr Cops seid?« rief ich in den Tunnel zurück.
»Hier spricht Captain Johnson, N. Y. P. D., Freundchen. Revier Nummer eins. Sie sind verhaftet, haben Sie kapiert? Sie haben zwei Minuten – seh ich dann keine Hände in der Luft, seh ich Blut am Boden.«
Das waren die Cops, ganz klar, und nicht die U-Bahnpolizei; nur die Blaukittel redeten so – und nur, wenn sie Publikum hatten.
Ich wandte mich meinen Brüdern zu. Es gab nichts zu diskutieren – der Maulwurf würde eingesperrt keine Stunde durchhalten.
Wenn der Prof noch einmal abstürzte, behielten sie ihn für immer.
Und ohne jemanden, der auf ihn aufpaßte, würde Max früher oder später einen Wärter töten. »Prof«, zischte ich ihm zu, »verzieh dich durch den kleinen Tunnel, okay? Nimm die Beutel mit dem echten Dope mit, laß mir den Rest hier. Du gehst zuerst – versichere dich, daß die Luft an der Spring Street rein ist, bevor du rausstiefelst. Der Maulwurf folgt dir. Max übernimmt die Nachhut für den Fall, daß irgendeiner an mir vorbeikommt. Du weißt, wo das Auto ist. Alles kapiert?«
»Burke«, sagte der kleine Mann, »ich bin bereit für die nächste Runde. Zeigen wir’s diesen blaukitteligen Strolchen!«
»Hau ab in den Tunnel, Prof. Der Maulwurf packt’s nicht ohne dich. Laß Max keinen Blödsinn machen.«
»Komm mit uns«, sagte der Maulwurf und schnappte seinen Ranzen.
»Keine Chance, Maulwurf. Das bringt uns nicht genug Zeit. Das is der Mann, Brüder, nicht der Mob. Wir können den scheiß Funk nicht abhängen. Los jetzt!«
»Was hast du vor?« fragte der Prof.
»Sitzen«, beschied ich ihn.
Der Prof blickte eine Sekunde lang zurück, drückte mir fest den Arm und tauchte in den Tunnel, der Maulwurf dicht hinter ihm.
Übrig blieb Max. Ich deutete in den Tunnel, klopfte mir auf den Rücken, um ihm zu zeigen, daß er die anderen schützen mußte, und Max faßte sich an die Brust, machte eine Bewegung, als reiße er sich das Herz heraus, und legte seine Faust in meine offene Hand. Er mußte mir nichts erklären – ich wußte Bescheid.
Ich wandte mich in Richtung der Flüstertüte. »Ich geh nicht in den Knast zurück!« schrie ich ihnen zu. »Ich halte genau hier Gericht, versteht ihr!« Seit ich das erste Mal aus der Besserungsanstalt gekommen war, hatte ich daraufgewartet, diesen Satz benutzen zu können.
»Gib auf, Kumpel!« kam die Stimme des Cops zurück. »Du kannst nirgendwo hin.«
»Einer von euch Jungs je in ’Nam gewesen?« brüllte ich, mit jedem Wort Zeit schindend, in den Tunnelschacht.
Stille. Ich konnte Murmeln hören, aber keine Worte. Bald würden sie vorrücken. Schließlich drang eine harte Stimme durch den Tunnel zu mir. »Ich, mein Freund. Siebenundachtzigste Infanterie, Charlie-Kompanie. Willste, daß ich allein rüberkomme?«
»Yeah!« rief ich zurück. »Ich will, daß du deinen Cop-Freunden erklärst, was das ist!« Ich zog den metallenen Schlagball aus meiner Tasche – eine Splittergranate mit dem Stift noch drin – und lupfte ihn in den Tunnel in ihre Richtung. Ich hörte ihn an die Wände prallen, und dann wurde alles leise. Er mußte auf die Gleise gefallen sein.
»Was war das, mein Freund?« wollte mein Vietnam-Kumpel wissen.
»Knips dein Licht an und schau selber nach«, beschied ich ihn.
»Aber keine Sorge – der Stift is noch drin!«
Im Schacht wurde es still wie in einer Gruft – weil sie alle dachten, daß er das geworden wäre.
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