Burke 2 - Strega
Verteidiger war ein wahres Kunstwerk. Sein Haarschnitt kostete mehr als mein Anzug, und von überall blitzten Diamanten. Es sah aus, als ginge es nur um die Kautionsfeststellung, und der Anwalt hatte eine lange Liste von Gründen, warum sein Mann wieder auf freien Fuß gesetzt werden sollte – sein Mandant hatte Arbeit, einziger Broterwerb der Familie, aktiv im Nachwuchssport ... und solches Zeug. Der sah aus wie ein Frettchen. Sein Blick schnellte quer durch den Gerichtssaal – schnappte meinen auf, und senkte sich. Seine Frau war nicht mal da.
Die einzige Person, die ich kannte, war der Gerichtsschreiber – der Kerl, der alles, was sie sagen, auf einer dieser Maschinen festhält, die kein Geräusch erzeugen. Er war ein langer Bursche mit großen Händen, der über seiner Maschine hing. Er war etwa zur selben Zeit, als ich das letzte Mal ins Gefängnis ging, nach Vietnam gegangen, und es hatte ihn erledigt. Ich hatte ihn oftmals beobachtet, und er hatte nie eine Miene verzogen, egal, was vor sich ging. Ich fragte ihn einmal deswegen, und er erklärte mir, der Gerichtssaal wäre dasselbe wie ’Nam – nur daß sie es mit Worten statt mit Kugeln machten.
Der Streit ging immer weiter, und dann machte der Verteidiger einen Fehler. Er holte seinen Klienten in den Zeugenstand, weil er sich dachte, die lange Liste gesellschaftlicher Kontakte des Kerls würde den Richter rüberziehen. Und sie hätte es auch, bis die Staatsanwältin ihren Schlag anbrachte.
Sie stand an ihrem Tisch auf und begann die Kröte mit sanfter Stimme zu befragen, bloß Hintergrundfragen zu seinem Job und wo er gewohnt habe, während er auf die Verhandlung wartete – solchen Müll. Sie durchwühlte einige Papiere auf dem Tisch, als ob sie nicht wüßte, was sie noch fragen sollte; dann ging sie einen Schritt näher. »Angeklagter, haben Sie am fünfundzwanzigsten April das Haus Ihrer Frau betreten?«
»Es ist mein Haus«, griente die Kröte, »ich hab’s bezahlt ... ich bezahl immer noch die Hypothek dafür.«
»Einspruch, Euer Ehren«, sagte der Verteidiger. »Was hat das mit einem Kautionsfeststellungsantrag zu tun?«
»Es hat mit Glaubwürdigkeit zu tun«, schoß die Staatsanwältin zurück. Dann schenkte sie dem Verteidiger eine leichte Verbeugung und wandte sich an das Gericht: »Ich verspreche, eine Verbin
dung zu dem dieser Kammer vorliegenden Tatbestand herzustellen, Euer Ehren, und ich werde mich einer Bemühung der Verteidigung, die Aussage zu streichen, nicht widersetzen, falls mir dies nicht gelingt.«
Der Richter versuchte so auszusehen, als denke er drüber nach, schielte rüber zu seinem Beisitzer (in New York nennen sie sie ›Justizsekretäre‹ – sie sind sämtlich politische Kandidaten, und sie machen mehr Geld als die Richter in den »niederen« Kammern), schnappte das Signal auf und sagte: »Fahren Sie fort, Frau Anwältin«, just wie im Fernsehen.
»Würden Sie meine Frage beantworten, Angeklagter?« fragte die Staatsanwältin.
Da verfiel er in seine Leier. »Ja, ich habe mein Haus betreten, mit meinem Schlüssel. Natürlich hab ich das.«
»Und sprachen sie seinerzeit mit Ihrem Kind Marcy, Angeklagter?«
»Es war kein Gespräch. Ich hab bloß gesagt, sie hätte mit all diesen Lügen eine Menge Ärger angerichtet. Schaun Sie, wenn sie ihr in der Schule nicht diesen blöden Film gezeigt ...«
»Keine weiteren Fragen«, versetzte die Staatsanwältin und ließ jedermann im Gerichtssaal rätselraten.
»Sie dürfen Platz nehmen«, sagte der Richter zu der Kröte. Dann wandte er sich an die Staatsanwältin.
»Junge Frau, ich verstehe den Sinn Ihrer Befragung nicht. Falls Sie keine Verbindung ...«
»Mein Name ist Miss Wolfe, Herr Richter, oder Sie können mich als stellvertretender Bezirksstaatsanwalt bezeichnen«, sagte sie mit sanfter Stimme.
Der Richter lächelte und ließ ihr ihren Willen, und der Verteidiger rieb sich die Hände. Sie waren schlechte Zuhörer – die Dame war ruhig, nicht weich. Man konnte sehen, daß sie ein Profi war.
Da war Stahl drinnen, doch sie hatte nicht vor, ihre Zeit zu verschwenden und es zu zeigen, wenn keine Geschworenen dabei waren. »Nun gut, Miss Wolfe«, sagte der Richter sehr betont, damit die im Parkett herumhängenden Asozialen seinen beißenden Spott nicht verpaßten, »das Gericht wartet noch immer darauf, daß Sie die Verbindung herstellen.«
»Ja, Euer Ehren«, sagte sie, und ihre Stimme wurde härter, »ich habe hier die beglaubigte Anordnung auf gesetzlichen
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