Burke 2 - Strega
mein bester Stich.
Ich bewahre meine Akten in dem kleinen Zimmer neben dem Büro auf. Sechs Schränke, vier Schubladen hoch, grauer Stahl, keine Schlösser. Da ist nichts drin, was mir echten Ärger bringen könnte – keine Namen oder Adressen von Klienten, keine persönlichen Aufzeichnungen. Es ist lauter Zeug, das ich nebenbei auflese – Zeug, das mir von Fall zu Fall helfen könnte. Waffenschmuggler, Söldner (und Trottel, die gern möchten), Oberliga-Luden, Baby-Porno-Händler, Schwindelkünstler, kriminelle Pfarrer. Ich führe keine Akten über kriminelle Politiker – ich habe nicht genug Platz, zumal ich im selben Zimmer schlafen muß.
Doch ich führe Akten über Fleischhändler – die können nicht zu den Cops laufen, wenn sie gepiekst werden; ist in ihrem Programm nicht drin. Diese Kaufleute führen zwei Produkte: Menschen und Material. Ich checkte die Magazin-Akte – die Baby-Porno-Schmieragen zeigten alle dasselbe, meistens Kids, die was mit anderen Kids machten, in die Kamera lächelten, mit Feuer spielten, das ihnen die Seele verbrennen würde. Gelegentlich tauchte auch ein Erwachsener in diesen Phantasien für Freaks auf – ein anonymer Schwanz in einem kleinen Kindermund, eine fette Hand, die einen Kinderkopf in einen dunklen Schoß drückt. Die Bilder waren immer dieselben – hinter verschiedenen Einbänden endlos wiederaufbereitet. Inzwischen mußten die Kinder auf diesen Bildern alle Teenager sein. Und andere Kids rekrutieren.
Die Underground-Schriften hielten die Bilder ziemlich sauber.
Massenhaft schicke Fotografien – nackte Kids in Pose, beim Volleyballspielen, beim Ringkampf miteinander. Haufenweise Kontaktadressen – Postfächer, Briefkästen, et cetera. Aber jeder Sittenpolizist im Lande war wahrscheinlich auf der Verteilerliste, und es würde Monate kosten, mich durch den Filz vorzuarbeiten und einen passablen Einkauf zu tätigen. Sie würden mich erst austesten – zahmes Zeug, halblegal – verbunden mit einer geballten Ladung Gerede über »Mann-Jungen-Liebe«, daß ich drin waten konnte.
Ich blätterte durch meine Akte mit Adressen in Übersee. Früher kam beinahe sämtlicher Baby-Porno von Orten wie Brüssel und Amsterdam. Die europäischen Länder sind noch immer ein sicherer Hafen für Pädophile, doch die Großherstellung war heute sämtlich Marke Eigenbau. Baby-Porno ist Heimarbeit. Du kannst in einen Videoladen laufen und mit genug elektronischem Mist rauskommen, um einen Kinofilm zu machen. Ich brauchte das teure Zeug nicht – ein Polaroid war alles, wovon der Junge Strega berichtet hatte. Das war alles, was ich brauchte, und eine Masse mehr, als ich hatte.
Das Verbrechen folgt dem Dollar – das ist der Gang der Welt.
Keine Käufer – keine Anbieter. Die Profis im Hardcore-Geschäft haben die Technik, um die gewaltige Nachfrage nach Dreck zu stillen, den Menschen kaufen wollen, doch die Profis waren für mich ein zu großes Ziel. Zu zergliedert, zu unterteilt. Die organisierten Typen waren des Geldes wegen beim Baby-Porno – wenn ich ein lausiges Polaroid suchen wollte, mußte ich zu jemandem gehen, der aus Liebe dabei war.
Es war kurz nach Mittag, wahrscheinlich früh genug, um einen Versuch mit dem Hippietelefon zu riskieren, aber ich wollte sowieso außer Haus. Pansy hatte sich auf dem Boden breitgemacht, eine erwartungsvolle Miene auf dem häßlichen Gesicht. »Du kannst später mit mir kommen«, sagte ich ihr. Ich wollte den Maulwurf treffen, und ich konnte nicht riskieren, meine Bestie auf dem Schrottplatz loszulassen – falls sie nicht in einen tödlichen Kampf mit den Hunden geriet, die der Maulwurf hält, könnte sie beschließen, einfach dazubleiben.
Ich rief den Maulwurf von einem Münztelefon ein paar Straßen von meinem Büro weg an. Kam nicht in die Tüte, daß ich umsonst hinfuhr, falls er nicht da war, und nur Gott kannte des Maulwurfs Geschäftszeiten.
Er ging beim ersten Läuten ran, so wie er es immer tut – er hebt den Hörer ab, sagt aber kein Wort.
»Kann ich vorbeikommen und mit dir reden?« sagte ich in die Muschel.
»Okay«, kam die Stimme des Maulwurfs, rostig durch mangelnden Gebrauch. Er unterbrach die Verbindung – es gab nichts weiter zu sagen.
Der Lincoln fuhr wie von selbst bis nördlich des East Side Drive. Ich stellte den Tempomat auf fünfzig und brummte über die Triboro Bridge. Einen passablen Anzug am Leibe, keine Knarre in der Tasche und ein Satz sauberer Papiere für ein Auto, das nicht gestohlen war – so
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