Burnout vorbeugen und heilen
nur mit uns selbst teilen. Diese Zeit für uns selbst ist notwendig, damit wir uns wirklich erden, zentrieren und besinnen können, Energie schöpfen und in unsere Mitte kommen.
In seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ beschreibt Hape Kerkeling, dass er erst einmal allein seinen Weg geht. Erst nachdem er sein Bedürfnis nach Alleinsein gestillt hat, sucht er den Kontakt mit anderen. Doch auch dann nimmt er sich immer wieder Zeit für sich allein. Allein sein können, sich allein für sein Leben verantwortlich und zuständig fühlen – erst das ermöglicht erwachsene reife Beziehungen. Yalom (1996) drückt dies in seinem Roman „Und Nietzsche weinte“ in einem Dialog zwischen Nietzsche und Breuer so aus: „Ich meinte: Um sich wirklich gegenseitig gut zu sein, müsse sich jeder erst einmal selbst gut sein. Solange wir nicht anerkennen, dass wir allein sind, benutzen wir den anderen nur als Schutzschild gegen die Einsamkeit. Nur wer herzhaft leben kann wie der Adler – dem kein Zeuge zuschaut –, kann sich einem anderen in Liebe zuwenden; nur der ist fähig, die Erhöhung des anderen Daseins, das Wachstum zu wünschen.“
Sowohl in unserer Arbeit als auch im Privatleben dürfen wir – ganz und gar zu unserem persönlichen Nutzen und schließlich der anderen – manche Dinge in Stille oder völliger Ungestörtheit allein erledigen. „Bitte nicht stören!“, „Ich mache gerade Pause!“ „Ich arbeite gerade alleine!“ Solche Schilder gilt es „innerlich“ oder – manchmal besser noch – äußerlich sichtbar aufzuhängen. Denn auf diese Weise markieren wir den Raum, den wir für uns selbst beanspruchen. Wir grenzen uns ab und schützen uns vor Übergriffen. Wenn ich als Berater durch einen Betrieb gehe, erlebe ich oft Menschen, die geradezu wehrlos wirken. Wären ihre Schilder sichtbar, stünde darauf zu lesen: „Stören Sie mich, wann immer Sie möchten. Ich bleibe dann aber unter meinen Möglichkeiten und pflaume Sie auch an.“ Oder: „Ich arbeite durch bis zum Hörsturz.“, „Ich versuche immer da zu sein, aber eines Tages schaff ich’s nicht mehr.“, „Ich mach es euch recht, dafür nehme ich mir aber meine Launen.“ Oder: „Ich bin stark, bis zum Ende, wie schlimm es auch aussehen mag.“ Auf diese Weise verbrennen sich Menschen, lassen sich ausbeuten und beuten sich selbst aus.
Manchmal bin ich gerne allein. Ich arbeite auch gerne allein. Und manchmal bin einfach nur so für mich da, bin einfach. Ich genieße die Stille, lasse den Sonnenuntergang wirken, sehe den ziehenden Wolken nach, betrachte den Mond und die Sterne, lasse die Milchstraße auf mich wirken. Ich lausche dem Vogelgezwitscher, dem Rascheln der Blätter, dem Wind in den Bäumen, dem Gurgeln des Baches. Ich sitze am warmen knisternden Ofen, spüre die wohlige Wärme, betrachte das Feuer, höre es knistern. Ich lese ein Buch, hänge den eigenen Gedanken und Gefühlen nach, atme, spüre meinen Herzschlag.
Tipps
Nehmen Sie sich jeden Tag bewusst Zeit für sich allein.
Genehmigen Sie sich dann und wann Zeit für ein paar Tage in Stille. Das kann zu Hause sein, im Kloster, in der Natur usw.
Unternehmen Sie eine Wanderung, allein, eine Stunde, einen Tag, zwei Tage, drei Tage ...
Stellen Sie sich vor, Sie selbst seien eine mittelalterliche Stadt. Wie sieht die Stadt aus, wie die Stadtmauer? Ergreifen Sie die Rolle der Stadtherrin, des Stadtherrn. Bauen Sie Ihre Stadtmauer als zuverlässig funktionierende Öffnungs- und Schließanlage aus. Entscheiden Sie, was und wer, wann und wie hinausgehen und hereinkommen darf.
Literaturempfehlungen:
Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg.
Irvin D. Yalom: Und Nietzsche weinte.
2.13 Weiterbildung
Menschen sind neugierige Wesen, sie haben das Bedürfnis, Umstände, Fragestellungen, Zusammenhänge, Phänomene zu verstehen und zu erklären. Sich beruflich und privat weiterzubilden erfüllt Menschen mit einem Gefühl der Befriedigung und Freude und stärkt ihr Selbstbewusstsein. Eine breite Bildung macht das Leben reichhaltiger, sie erweitert die Perspektiven, schärft das Bewusstsein. Wenn Menschen mit Bedacht lernen, reflektieren sie sich und die Welt, in der sie leben – sie bilden sich. Sie machen sich klar, in welchen Lebensbereichen sie sich bewegen, was sie in ihrem Berufs- und Privatleben tun (und lassen), welche Rollen sie spielen. Bildung ermutigt Menschen, den für sie passenden Weg zu gehen, ihre Talente zu erforschen, sie dann wie Schätze zu heben und in die Welt zu bringen.
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