Burnout vorbeugen und heilen
fühlen sich zwischen verschiedenen „Verpflichtungen“ hin und her gerissen oder buchstäblich „zerrissen“. In dieser schwierigen Lage müssen sie nun abwägen, wie ihr eigener Beitrag aussehen mag und was ihre eigene Teilhabe an der Gesellschaft sein kann.
Über all ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten verlieren manche Menschen sich selbst, die Paarbeziehung, die Familie, die Kinder oder auch den Beruf aus den Augen. Hinter überengagierter ehrenamtlicher Arbeit kann ein unbewusstes Streben nach Zuwendung und Anerkennung stecken und auch Problemen in der Familie, in der Paarbeziehung oder im Betrieb kann man auf diese Weise aus dem Weg gehen. So lassen sich jedoch nicht nur Probleme nicht lösen, sondern die so agierenden Menschen verhindern auch ihre eigene Weiterentwicklung. Hier gilt es innezuhalten und die Situation genau anzuschauen, Bedürfnisse und Interessen abzuwägen, sich von alten Gewohnheiten zu lösen und das eigene Engagement – gerade auch das ehrenamtliche – besonnen zu dosieren.
Es gibt mannigfaltige Möglichkeiten, ein aktives Mitglied der Gesellschaft zu sein. Nicht immer kommt es auf das Wie-Viel des Engagements an. Mit scheint auch das Was und Wie wichtig, die aktive bewusste Stellungnahme und Entscheidung.
Tipps
Wenn Sie dazu neigen, zu viel zu tun, wägen Sie Ihr gesellschaftliches Engagement bewusst ab, dosieren Sie es besonnen. Wenn Sie nicht wissen wie, lassen Sie sich professionell beraten.
Wenn Sie dazu neigen, nichts im gesellschaftlichen Bereich zu tun, fragen Sie sich, was Sie gerne von sich aus machen würden, das Ihnen Erfüllung bringen würde.
2.15 Spiritualität
Als Menschen machen wir uns Gedanken über Leben und Tod, über Endlichkeit und Ewigkeit. Wir denken darüber nach, woher wir kommen und wohin wir gehen. Wir fragen uns, welchen Sinn unser Leben hat, welchen Sinn wir ihm geben. Welchen Platz nehmen wir in dieser Welt ein? Wie werden wir ganz, wie können wir uns als Teil eines größeren Ganzen erleben? Sich diese Gedanken zu machen, sich mit anderen darüber auszutauschen und Formen des Nachspürens, Nachdenkens und Reflektierens zu entwickeln bezeichne ich als den Bereich der Spiritualität.
Ursprünglich wurde dieser Bereich in der Glaubensausübung wahrgenommen, deshalb ist er auch noch heute mit Religiosität und Religionen verknüpft. Religion heißt und bedeutet im ursprünglichen Wortsinn Rückbindung (religare = zurückbinden). Menschen verbinden sich gedanklich und in Ritualen mit einem größeren Ganzen, sie binden sich zurück. Da Religionsgemeinschaften jedoch in der Regel ihren Mitgliedern bestimmte Werte vorschreiben, anstatt ihnen Raum zu eröffnen und sie anzuleiten, Werte zu reflektieren und zu entwickeln, haben sich der Bereich der Spiritualität und Religionen und Kirchen auseinanderentwickelt. Heute zeigt sich Spiritualität auch in weltlichen, ganz individuellen Formen, neben der in Gemeinschaften und Kirchen praktizierten Religiosität.
Der Zugang zu Spiritualität und Religiosität im ursprünglichen Wortsinn gelingt über das Alleinsein, die Stille, wenn Menschen alle ihre Sinne nähren, wenn sie merken, spüren, wahrnehmen, Achtsamkeit üben. Spiritualität ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden, auch wenn es vielen Menschen in sakralen Räumen oder in der Natur leichter fällt, die Spiritualität noch bewusster zu erleben und zu praktizieren. Ähnlich der Religiosität ist Spiritualität für viele Menschen sehr moralisch besetzt und wird deshalb als fremd und aufgesetzt erlebt.
Wenn Menschen Spiritualität als negativ, weil z. B. von außen verordnet, erfahren und sie sich schließlich gegen die Bevormundung von Eltern, Pastoren, Priestern, Lehrern und anderen moralisch auftretenden Mitmenschen wehren, wehren sie oft gleichzeitig – unbewusst – die Spiritualität mit ab. Schaffen sie es aber dann, die spirituellen Inhalte und ihre eigenen Fragen nach Sinn von den moralisierenden „Würdenträgern“ und Institutionen zu trennen und einen selbstbestimmten Weg zu gehen, können sie auch zur Religiosität im ursprünglichen Sinn, zu einer reifenden Spiritualität, zurückfinden.
Spätestens bei der Begegnung mit dem Tod naher Angehöriger oder Freunde tauchen Fragen nach dem Sinn unseres Daseins auf. Es erscheint mir zutiefst menschlich, sich an dieser Stelle nach dem Was, Wie, Wofür und Mit-Wem unserer Existenz zu fragen. Hier werden Menschen mit dem ungleichen Paar Wissen und Glauben konfrontiert. Viele fragen sich, was
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