Burnout vorbeugen und heilen
Beispielen statt eines Aber ein Und zu formulieren; einerseits und andererseits einfach wegzulassen, beides mit einem Und zu verbinden und zu beobachten, was in ihm geschieht.
Einerseits möchte ich nach Norwegen in den Urlaub fahren, anderseits würde ich gerne zu Hause bleiben: Ich möchte nach Norwegen in den Urlaub fahren und ich möchte zu Hause bleiben.
Einerseits möchte ich ein Bad nehmen, andererseits würde ich gerne einen Sekt trinken: Ich möchte gerne ein Bad nehmen und ich möchte einen Sekt trinken.
Er spürte bei der Und-Formulierung im Vergleich zur Aber-Formulierung eine „größere Unsicherheit“ und „etwas wie eine Leere, die mich bedroht“, „noch keine Lösung“. Ich gab ihm als Aufgabe mit nach Hause, sich darin zu üben, beide jetzt erarbeiteten Seiten erst einmal so stehen und auf ihn wirken zu lassen und mit einem UND zu verbinden, wenn er daran denke. Wenn Leere komme, solle er sie erst einmal zulassen und sich dessen gewiss sein, dass er später die Leere würde füllen können. Ich ermutigte ihn, mir das nächste Mal von seinen inneren Erfahrungen zu berichten. Die Flipchartblätter, auf die ich die beiden Seiten mit seinen Punkten geschrieben hatte, gab ich ihm mit.
In der nächsten Sitzung berichtete er mir, dass es ihm etwa zwei Wochen später richtig schlecht gegangen sei. Heftige Zweifeln hatten ihn geplagt und er wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Als er Bauchschmerzen bekam, dachte er, er werde krank. Solche inneren Konflikte wegen der Arbeit und seiner Familie habe er noch nie gehabt. Er habe auch ernsthaft daran gedacht, beides aufzugeben, alles hinzuschmeißen und noch einmal von vorne anzufangen. Seine Überlegung, mich anzurufen, habe er verworfen, weil es ja einen weiteren Termin gab.
Als dieser Termin näher rückte, sei er zunehmend ruhiger geworden und letzte Woche, mitten in der Nacht aus einem Traum, den er nicht mehr erinnern könne, aufgewacht. Und dann hatte er die Lösung: Er könnte beides miteinander verbinden. Dafür müsse er nur zu sich selbst stehen und seinen Standpunkt vertreten – und das wolle und werde er auch. Vielleicht brauche er dazu in der Umsetzung anfangs noch etwas Unterstützung von mir. Er sei sich sicher, er müsse und er wolle auch nicht mehr so viel und so angestrengt arbeiten, um seine Arbeit gut zu machen. Er sei gut und könne seine Qualität einbringen, die Menge mache das letztendlich nicht. Genau betrachtet könne er es auch so einrichten, einen Teil seiner Arbeit vom Büro zu Hause aus zu erledigen. Es sei gewiss auch nicht so viel Einsatz nötig, um sich mit seiner Frau, seinen Kindern und in der Familie gut zu fühlen. Nur was wirklich für ihn stimme, wolle er tun – und das sei dann auch genug und richtig. Vor allem sei jetzt dran, das, was sei, zu genießen.
Wir können die Blume auch anders malen, indem wir die Zeit darstellen, die wir den einzelnen Lebensbereichen einräumen. Bei Coachees, die wegen ihrer Arbeitsüberlastung zu mir kommen, sieht die Blume manchmal so aus:
Abbildung 2-5: Balance der Lebensbereiche? (© Schneider 2013)
Im Laufe des Coachings verändern dann die Klienten die Bereiche und bringen sie wieder in eine harmonische Balance.
2.17 Lebensbereiche und Rollen
Wir sind als Menschen unverwechselbare, einzigartige Wesen: Individuen. Wir passen uns als Beziehungswesen an die jeweilige Umwelt und Umgebung an, verhalten uns als Personen und nehmen in den verschiedenen Lebensbereichen verschiedene Rollen ein. So sind wir zum Beispiel im Bereich Familie der Vater unserer Kinder, der Sohn unserer Eltern, der Bruder unserer Geschwister, der Enkel unserer Großeltern usw. Im Beruf sind wir z. B. Mitarbeiter, Geschäftsführer, Führungskraft, Kollege, Betriebsrat usw. Als Mitglied der Gesellschaft sind wir z. B. Staatsangehöriger, Einwohner von [Ort] usw. Genau genommen sind wir immer in einer Rolle bzw. haben sogar mehrere Rollen zu einem Zeitpunkt inne. Da wir Gemeinschaftswesen sind und immer im Verbund mit anderen Menschen betrachtet und behandelt werden, sind wir nie ohne Rolle.
Üblicherweise werden – in der Soziologie – die Erwartungen der Gesellschaft an den einzelnen Menschen als Rolle bezeichnet. Wie jemand eine Rolle erlebt, sieht und sie ausgestaltet, ist jedoch auch ein individueller und persönlicher schöpferischer Vorgang, womit sich die Psychologie beschäftigt. Mit Rollen beschreibe und benenne ich die Verbindung einer Person mit anderen Menschen in einer Gesellschaft.
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