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Burnout vorbeugen und heilen

Burnout vorbeugen und heilen

Titel: Burnout vorbeugen und heilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Schneider
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beobachtet. Sie haben ganz viele Gesten gemacht mit Ihren Händen.
    Ich weiß, das sagt meine Frau auch immer.
    Und das ist wunderschön, wenn Sie so sprechen mit Ihren Händen. Also ich finde es klasse, wenn Menschen auch mit ihren Händen sprechen.
    Das kriege ich jeden Tag zu Hause zu hören.
    Als negativ?
    Nein, damit zieht meine Frau mich immer nur auf. Ich rede mit Händen und Füßen.
    Also, es gibt Leute, die kommen zu mir zum Vortrag und sagen, sie kommen deshalb, weil ich so deutlich spreche und immer sehr schön mit meinen Gesten zeige, was ich sagen will.
    Das habe ich schon immer gemacht, aber ich weiß auch nicht warum.
    Es klingt doch so, als wäre es negativ belastet für Sie. Das ist ja völlig in Ordnung. Also, Sie haben hauptsächlich diese Geste gemacht (zeigt die Geste) bei der ganzen Angelegenheit. Und was signalisiert das?
    Im Untermalen dessen, was ich von mir gebe?
    Ja.
    Genaues Abgrenzen ist das – im Grunde genommen. Das Gleiche wie im Büro mit meiner doppelten Tür, nur dass ich jetzt so (zeigt die Geste) mache.
    Genau! Heißt das eventuell, Sie können sich jetzt abgrenzen und empfinden dennoch gleichzeitig Nähe zu den Menschen?
    Ja, ich empfinde auch Mitleid. Und wenn ein Freund oder ein Bekannter sagt, ich muss ein riesen Loch buddeln, kann ich heute sagen: „Mensch, da habe ich auch kein Bock zu!“ Und nicht gleich: „O.k., ich komm angeknallt.“
    Wenn Sie sagen, Sie empfinden jetzt Mitleid: Wie ist es überhaupt mit Empfinden in der Zeit, wo Sie im Burnout waren im Vergleich zu jetzt? Wie ist es mit Empfindungen und Gefühlen?
    Am Anfang war es so: Wenn man etwas Trauriges gesehen hat, dass es unheimlich tief eingedrungen ist und auch dazu geführt hat, dass einem tatsächlich die Tränen gekommen sind, ohne dass man da etwas dagegen unternehmen konnte. Und das ist so nach und nach besser geworden. Ich denke, mein Hauptproblem war früher, dass ich ganz, ganz schwer Nein sagen konnte. Und das habe ich jetzt innerhalb der letzten Monate erst wieder gelernt, wenn nicht sogar überhaupt gelernt. Weil dieses Nein-Sagen-Können – ich selbst habe es natürlich nicht so empfunden, aber meine Frau –, das konnte ich noch nie richtig. Und da wir nun schon über 30 Jahre zusammen sind, kennt meine Frau mich auch in- und auswendig. Und wie gesagt, das Elefantengedächtnis meiner Frau hat dann auch gleich in der Vergangenheit gegraben. Ich glaube, ich habe das schon erzählt mit meinem Bekannten, der einen Umbau an seinem alten Haus gemacht hat und ich eigentlich nur einen Samstag helfen wollte und nachher habe ich ein halbes Jahr lang jeden Samstag geholfen. Da hat sie natürlich recht. Ich habe mir irgendwie eingeredet: „Du musst ihm jetzt helfen!“ Ich habe im Grunde genommen immer mehr darauf geachtet, dass mein Gegenüber sich besser gefühlt hat, weil er halt Hilfe hatte, aber meine eigenen Bedürfnisse, meine eigenen Gefühle, die habe ich unterdrückt. Und im Laufe der Jahre fast abgeschafft.
    Aus meiner Sicht kamen die Gefühle aber hoch, wenn sie angesprochen waren, durch den Fernseher.
    Ja, dafür habe ich immer noch keine Erklärung. Ich konnte mir so etwas nicht mehr anschauen, egal ob es die Nachrichten waren oder ein trauriger Film. Um das vor meiner Frau zu verbergen, bin ich in der Regel dann meistens aufgestanden und habe so getan, als wenn ich etwas aus dem Keller holen muss.
    Aus meiner Sicht waren Sie halt in der Zwischenzeit in eine Situation geraten, wo Sie traurig waren, wo Sie bedürftig waren, wo Sie Schmerzen hatten, die Sie nicht zugelassen hatten. Und wenn dann der Film kam, ist es hochgekocht.
    Ja, ohne dass man etwas dagegen unternehmen konnte, das war das Fatale daran. Meine Frau hat natürlich gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Logisch! Wir konnten es beide nicht einordnen, bis Dr. E. mich direkt angesprochen hat: „So, nun ist Schicht im Schacht, jetzt kommst du hier nicht mehr aus der Praxis raus, bevor du nicht einen Termin hast.“ Den allerersten Termin bei Ihnen hat ja Dr. E. selber gemacht.
    Herr Dr. E. hat also gesagt: „Das machen Sie jetzt.“ Dann waren Sie da. Was hat Ihnen geholfen, dass Sie bleiben, mit mir reden, die Sachen durcharbeiten konnten?
    Ich bin ein Mensch, wenn ich auf einen anderen Menschen treffe, den ich noch nicht kenne, dann weiß ich nach den ersten Minuten: Stimmt die Chemie oder stimmt sie nicht? Dr. E. hatte mir ja schon zwei oder drei Jahre vorher Ihre Visitenkarte gegeben und gesagt: „Rufen Sie da an!“ Da hat

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