Burnout vorbeugen und heilen
auch sehr viel geholfen hat: Sie hatten anfangs gesagt, ich solle mal einen emotionalen Lebenslauf schreiben. Und die Zeit, als ich mich dann hingesetzt habe und den Lebenslauf geschrieben habe, da ist mir eigentlich erst so vor Augen geführt worden, was eigentlich in den letzten zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren mit mir passiert ist ... Das ist falsch: Was ich mit mir selber gemacht habe:
Ich habe immer dann, wenn ich das Ziel erreicht hatte oder kurz zuvor, schon wieder einen Schritt weitergedacht: „O.k., nun ist das Ziel abgehakt, jetzt musst du das nächste Ziel in Angriff nehmen.“ Das hat mich eigentlich immer wieder getrieben, wobei ich bis heute noch nicht herausgefunden habe, wodurch das ausgelöst worden ist. Ich vermute einfach mal, weil meine Eltern mich nicht auf die Realschule haben gehen lassen und ich dann eben irgendwann gesagt habe: „O.k., dann mach ich es eben auf dem zweiten Weg.“ Und das habe ich dann nach und nach in der Abendschule gemacht.
Durch unsere Gespräche am Anfang ist mir auch bewusst geworden: „Du musst deine Einstellung ändern, du musst dein Verhalten komplett ändern!“ Im privaten Bereich habe ich es als nicht so schlimm empfunden. Am schlimmsten habe ich es im Dienst, empfunden. Da habe ich mir dann halt überlegt: „Wie kannst du dich aus solchen Situationen retten?“ Ich habe den Vorteil, in meinem Büro eine Doppeltür zu haben. So habe ich dann gesagt: „O.k., du machst jetzt die erste Zeit beide Türen zu.“ Und so wie ich hörte, dass die äußere Tür aufging, habe ich sofort aufgehört etwas zu tun und habe mir überlegt: „Ganz ruhig, nicht gleich reagieren, erst einmal horchen, was da kommt.“ Das hat einige Wochen gedauert. Anfangs habe ich immer noch nach Ausreden gesucht oder auch gesagt: „O.k., komm lass liegen!“ Aber so nach und nach habe ich es dann geschafft, dahin zu kommen, wo ich heute bin: Dass ich sagen kann: „Was ist das?“ und den Kollegen dann – sinnbildlich gesehen – sanft wieder hinausschieben.
Und heute ..., klar, kommen immer noch Situationen, wo ich geneigt bin, wieder zurückzufallen. Aber bevor ich ganz unten aufschlage, merke ich „Moment mal, was machst du hier? Das hat mit dir eigentlich nicht zu tun.“ Und ich bin mittlerweile in der Lage, mitten in diesem Fall zu stoppen und mich wieder aufzurichten und zu sagen: „O.k. Jungs, guckt da und da, macht das und das!“ Und das war es. Und das führt einfach dazu, dass ich mich immer besser fühle.
Und was mir auch sehr, sehr viel geholfen hat, gerade am Anfang: Ich habe hinterher, nach unseren Gesprächen, jedes Mal mit meiner Frau auch über das, worüber wir beide geredet haben, noch einmal gesprochen. Und das „Miese“ in Anführungszeichen bei meiner Frau ist, die hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Die hatte also wirklich zu allen Beispielen, von denen ich ihr so erzählt habe, ein Beispiel aus dem Privatleben parat gehabt: „Denk mal an die Situation da und da!“ Das war das „Miese“ dabei (lacht ironisch). Und da ist mir halt auch bewusst geworden, es war nicht nur alles im Berufsleben, sondern es hat auch im privaten Bereich viele solcher Situationen gegeben, die mir selber gar nicht mehr so bewusst waren. Aber meine Frau hat sie mir vor Augen geführt. Auch das hat mir dann geholfen. Und immer dann, wenn ich im privaten Bereich wieder angefangen habe, in so eine Situation zu rutschen, hat meine Frau etwas zu mir gesagt oder hat mich unter dem Tisch mal angeschubst. Und ich habe dann gedacht: „Mensch, es ist doch recht häufig im privaten Bereich gewesen.“
Was ist das Es, die Situation auch im privaten Bereich, gewesen?
Wie soll ich sagen? Im Grunde genommen, dass ich mich verantwortlich gefühlt habe für alles Mögliche. Wenn ein Bekannter erzählt hat, er will an seinem Haus die Dachziegel erneuern am Wochenende, der brauchte mich nicht zu fragen. Er brauchte mir das nur zu erzählen und ich habe sofort gesagt: „O.k., dann lass uns um acht Uhr anfangen, dann sind wir schneller fertig!“ Ich habe mich immer angesprochen gefühlt. Für mich war das immer wie: „Kannst du mir helfen?!“, obwohl die Frage ja so direkt nie gekommen ist. Da, muss ich sagen, hat meine Frau mir unheimlich viel geholfen. Sie hat immer gesagt: „Nicht das rechte, nimm das linke Ohr!“ Heute kann ich relaxt dasitzen und mir anhören, wenn ein Bekannter erzählt: „Also, ich muss am Wochenende das machen und das machen.“ Dann kann ich mir das anhören, ohne
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