Burnout vorbeugen und heilen
sowieso nicht fangen. Das ist sowieso ein interessantes Phänomen: Menschen beklagen sich, man hätte sie nicht gehört oder der andere habe das Gesagte vergessen. Schaut man genauer hin, haben sie gar keinen Kontakt hergestellt, bevor sie etwas gesagt haben.
Das Gefühl für Raum und Zeit, die passende Geschwindigkeit, verbunden mit dem Kontakt, dem angemessenen Krafteinsatz und der stimmigen Technik ergeben den Rhythmus einer Handlung ( Abb. 4-20) . Je besser wir auf uns selbst und mit anderen aufeinander eingespielt sind, umso mehr können wir die Geschwindigkeit erhöhen, langsamer und schneller werden, ohne aus dem Rhythmus zu geraten.
Menschen, die sich unter Druck zwanghaft beeilen oder sich verweigern, indem sie sich ganz langsam oder gar nicht bewegen, zeigen ein „Beeil-dich!“-Antreiber- oder Gegenantreiberverhalten.
„Ich muss noch mal ganz schnell ...“, „Ich mach noch ganz kurz ...“ hören wir häufig von Menschen, wenn sie sich beeilen. Allerdings unterlaufen ihnen dann meistens Fehler. Ein Kellner beispielsweise, der hektisch durch die Gegend läuft, verschüttet in der Regel etwas, der Kaffee wird mit Pfütze serviert oder die Suppe landet im Ausschnitt des Gastes. Es geht nun nicht darum, nicht schnell zu sein, es geht darum, die Geschwindigkeit bewusst zu steuern und den Gegebenheiten anzupassen. Wenn die Feuerwehr ausrückt, ist eine hohe Geschwindigkeit wichtig. Wenn der Fahrer des Löschfahrzeuges allerdings in einem „Beeil-dich!“-Antreiberverhalten losfährt, merkt er vielleicht erst an der Brandstelle, dass er die anderen Feuerwehrleute gar nicht an Bord hat. Bei aller Eile braucht es Bewusstheit und Umsicht, um wirkungsvoll schnell zu sein.
Woran erkennen wir ein „Beeil-dich!“-Antreiberverhalten? Meistens an unserer Atmung; wir atmen schnell und flach und holen zwischendurch kurz Luft. Bei dieser Zäsur kann uns das Muster auffallen. Oder wir merken, wie wir Luft holen, wenn wir versuchen jemandem zu folgen, der sich gerade im „Beeil-dich!“-Antreiberverhalten befindet, und beginnen, uns ebenfalls zu beeilen.
Beispiel: Schritt für Schritt gehen und erholt ankommen
Ich war in Hamburg zu Fuß von einem Kunden zum anderen unterwegs, als ich bemerkte, dass ich viel schneller ging als alle anderen Fußgänger, ich rannte. Ich hatte nur 500 Meter Wegstrecke von der einen Seite der Binnenalster bis zum nächsten Kunden auf der anderen Seite der Binnenalster zurückzulegen und dafür eine halbe Stunde Zeit. Ich registrierte mein Rennen und Keuchen und dachte in diesem Moment: „Was mache ich denn bloß?“ Ironisch mir zuzwinkernd dachte ich: „Ich muss noch viel schneller laufen!“, hielt inne, verlangsamte meine Schritte und ging bewusst Schritt für Schritt, meine Fußsohlen auf dem Straßenbelag abrollend, die frische Luft und den Wind auf der Haut spürend und den wunderschönen Blick auf die Alster und die Fontäne genießend weiter. Am anderen Ende der Alster kaufte ich mir einen frisch gepressten Orangensaft und ein Gebäckstück, genoss die warme Sommerluft und ging dann ruhigen Schrittes, erfrischt und erholt zu meinem Kunden.
Manchmal merken wir leider dieses zwanghafte Beeilen erst dann, wenn wir völlig außer Atem sind, uns die Zunge auf dem Boden hängt und wenn wir zu alledem doch nicht geschafft haben, was wir eigentlich wollten. Wir haben uns sinnlos abgehetzt, beeilt. Und wir stellen – wie in meinem Beispiel oben deutlich nachvollziehbar – fest: Während wir uns so beeilen, spüren wir nicht hin, wir empfinden und fühlen in diesem Moment nicht. Wir denken während des Beeilens nicht frei, wir denken gar nicht und wenn, dann in festen Gedankenmustern. Diese Feststellung gilt übrigens für alle Antreiber- und Gegenantreiberverhalten.
Wie lernen wir ein „Beeil-dich!“-Antreiber- und Gegenantreiberverhalten? Welche frühen hinderlichen Erfahrungen (Einschärfungen) liegen diesem Verhalten zugrunde? Eine für mich sehr einleuchtende entwicklungsgeschichtliche Erklärung ist folgende: Kinder sind sehr mitteilsam und teilen zunächst ganz frei ihre Gefühle und Gedanken mit. Im Alter von vier bis fünf Jahren ist die Flut ihrer Gedanken so groß, dass sich ihre Worte förmlich überschlagen. So zeigen sie in diesem Alter manchmal ein normales physiologisches Stottern. Für den weiteren Fortgang ist nun von entscheidender Bedeutung, wie die versorgenden Personen mit der Gedanken- und Redeflut der Kinder umgehen. Nehmen sie sich Zeit zuzuhören und
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