Burnout vorbeugen und heilen
Betrieb führt zu Disstressverhalten.
Abbildung 5-3: Bedingungen und Ablauf des Burnout-Prozesses (in Anlehnung an Cherniss 1980) (© Schneider 2013)
Ich sehe den Burnout-Prozess als einen in Wellen und Phasen fortschreitenden, manchmal aber wieder aufgelösten Prozess, in dem die persönliche Autonomie (Bewusstheit, Freiheit, aus verschiedenen Handlungsoptionen zu wählen, und die Verbundenheit mit bedeutsamen Menschen und der Welt) des Betroffenen beeinträchtigt ist. Meist beginnt der Prozess mit erhöhten Anforderungen, einer Überforderung, einer übergroßen Begeisterung für etwas oder mit einer Unterforderung. Alle diese Umstände betreffen die körperliche und / oder die seelische und / oder die geistige Ebene.
Körperlich, geistig und seelisch beinhalten sie eine Enttäuschung und einen Verlust. Kann der Betroffene seine körperlichen Ressourcen, seine Bedürfnisbefriedigung, seine Gefühle, seine seelischen und geistigen Prozesse nicht so nutzen und gestalten, dass er eine realistische Anpassung an sich und die Welt schafft, den Verlust verarbeitet, die eigene Enttäuschung wahrnimmt und sich dabei als selbst Handelnder und Gestaltender (autonom) fühlt, arbeitet er sich in das Burnout-Syndrom hinein. Er baut Abwehr auf, das heißt, er greift auf Skriptverhaltensmuster zurück und arbeitet sich damit weiter in sein Problem hinein, zweifelt, verzweifelt und bricht schließlich zusammen, es sei denn, er findet früher einen Ausstieg aus der Skriptdynamik (das Gitterraster in der Abb. 5-4 stellt die Durchlässigkeit dar). Beschreiben lassen sich die Mikroprozesse mit den im Buch dargestellten Modellen der Autonomie, Bedürfnisbefriedigung, Balance der Lebensbereiche und dem Umgang mit Stress, dem dynamisches Handlungspentagon und dem Disstressverlauf (Miniskriptablauf).
Abbildung 5-4: Der Burnout-Prozess (© Schneider 2013)
Burnout kommt zustande durch eine Störung der Autonomie. Aufgelöst werden kann Burnout durch die Erfahrung von Autonomie. Ich benutze die Begriffe „Selbstständigkeit und Verbundenheit“ und „Souveränität“. Dabei beziehe ich mich auf den Autonomiebegriff von Berne, der Autonomie als Bewusstheit (zulassen wahrzunehmen, was real wirklich ist), Spontaneität (Freiheit zu entscheiden, wie man handelt) und Intimität (offene und ehrliche Kommunikation, verbunden mit dem Gefühl, verstanden zu sein) definiert (1967), und auf Lenhardt (1992), der die Verbundenheit als wichtigen Teilaspekt der Autonomie stark hervorhebt. Die Entwicklung von mehr Autonomie ist die zentrale Idee in der Transaktionsanalyse, an der sich alle Modelle und Methoden orientieren und ausrichten.
Zur Definition und Behandlung von Burnout benutzt Burisch (2010, S. 161) das Modell der Handlungsepisode, mit der sich auch meine Beschreibungen und Ansätze zum Großteil abbilden ließen. Auch er stellt, wie ich, die Erfahrung von Autonomie in das Zentrum. [42] Was meinen Ansatz sowohl in der Beschreibung als auch in der Behandlung von Burisch und anderen Autoren unterscheidet ist, dass ich schon viel früher unter der Motivebene, nämlich beim Stillen der Grundbedürfnisse, ansetze und den Körperaspekt gemeinsam mit den Grundbedürfnissen mit einbeziehe.
5.2 Kapitel 2: Balance der Lebensbereiche
Das Bild der Lebensblume mit dem Selbst als Zentrum und der Entfaltung der verschiedenen Lebensbereiche als Blütenblätter ist ein mächtiges Bild; nicht selten berichteten mir Klienten, dass dieses Bild sie lange Zeit begleitet und lange nicht mehr losgelassen habe. Als Illustration der Tatsache, dass verschiedene Lebensbereiche wichtig sind und nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten, ist es äußerst wirksam. Ich verwende das Bild häufig bei der Exploration der Lebenssituation und (wieder) wenn der Klient die Schwierigkeiten in der Ausbalancierung der Lebensbereiche benennt.
Den Begriff der „Work-Life-Balance“ habe ich durch die „Balance der Lebensbereiche“ ersetzt. Es geht ja nicht darum, Arbeit und Leben in die Balance zu bringen, sondern darum, sowohl in der Arbeit als auch im Privaten zu leben und die verschiedenen Lebensbereiche in eine Balance zu bringen.
Die gelungene Trennung und Verbindung verschiedener Lebensbereiche ermöglicht den Klienten, immer wieder Abstand zu Themen und Problemen herzustellen, diese selbst aus der Distanz und mit anderen Menschen zu betrachten und die nötigen körperlichen und seelischen Verarbeitungs- und Loslösungsprozesse zu schaffen. Ein gelingendes
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