Burnout vorbeugen und heilen
Zusammenhang zu Auslösern feststellen können), über in Beschwerden 1. Grades (Beschwerden, die ab und zu da sind und bei denen die Klienten einen Zusammenhang zu Auslösern feststellen können), bis schließlich keine Beschwerden mehr da sind, jedoch Körperempfindungen, die von den Klienten als Zeichen für ihre Grundbedürfnisse gedeutet werden können. Nach meinen Erfahrungen brauchen solche Prozesse von 3° zu 2° zu 1° zu 0°, oder von 2° zu 1° zu 0° oder von 1° zu 0° einen Behandlungszeitraum von mindestens eineinhalb Jahren.
Schweregrad
Dauer der Beschwerden
Bewussheit von Auslösern
1°
ab und zu vorhanden
ja
2°
ab und zu vorhanden
nein
3°
ständige Beschwerden
nein
Abbildung 5-1: Schweregrad psychosomatischer Beschwerden (nach Cartmel 1991)
Die Erfahrung des Leiblichen, des Körpers und dessen Wechselwirkung mit seelischen und geistigen Prozessen im Beratungs- oder Behandlungsprozess erscheint mir ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Auflösung der Burnout-Dynamik. Als Berater oder Therapeut können Sie mit einfachen Mitteln dazu beitragen, dass der Klient sich auch körperlich spürt und seine Leiblichkeit und deren Wechselwirkung mit emotionalen und geistigen Prozessen reflektiert:
Stellen Sie ein grundbedürfnisgerechtes Behandlungssetting zur Verfügung: angenehmer Raum, bequeme Stühle, Licht, Luft, Getränke, Essen (bei längeren Gruppensitzungen), angemessene Pausen.
Bewegungsaktive Menschen mögen es, wenn sie in einem Freischwinger sitzen, einen Ball in Hände haben (ich benutze Jonglier- und Goosh-Bälle) und auch aufstehen und sich bewegen können.
Bauen Sie Körpererfahrungen ein wie:
Entspannungs-, Yoga- und Atemübungen, Tanzen, Singen, Musizieren, konzentrative Bewegungstherapie, erlebnisorientierte Sporteinheiten ...
Wählen Sie nach Ihren eigenen Vorlieben aus. Lassen Sie solche Einheiten von anderen Fachleuten durchführen und reflektieren Sie im Anschluss mit den Klienten deren Erfahrungen.
Wenn Sie selbst keine Elemente zur Körpererfahrung in Ihre Beratung / Therapie einbauen möchten, finden Sie mit Ihren Klienten heraus, was diese gerne mögen. Regen Sie sie an, dies zu tun, und reden Sie regelmäßig mit ihnen über ihre Erfahrungen.
Die Erfahrung von Musischem wie Malen, Singen, Musizieren, Lesen ... erscheint mir genauso wichtig. Hier gilt dasselbe wie oben: Bauen Sie musische Elemente ein oder regen Sie die Klienten dazu an, solche Erfahrungen in anderen Zusammenhängen zu machen, und reden mit ihnen regelmäßig darüber. (Berne nannte dieses Vorgehen den Besuch von permission groups.)
Nach dieser allgemeinen Einführung folgen nun Erläuterungen zu den einzelnen Kapiteln des Buches.
5.1 Kapitel 1: Einleitung
Definition Burnout-Syndrom
Als Burnout-Syndrom wird nach der internationalen Klassifizierung von Krankheiten, International Statistical Classification of Diseaseses and Related Health Problems (ICD-10), eine „totale Erschöpfung“ bezeichnet. Es wird im Abschnitt XII (Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen) unter der Rubrik Z (Personen, die das Gesundheitswesen unter sonstigen Gründen in Anspruch nehmen) als Z73 „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ aufgeführt. Das Burnout-Syndrom ist nach ICD-10 also nicht als Krankheit klassifiziert.
So wie ich das Burnout-Syndrom als Zustand totaler körperlicher, seelischer und geistiger Erschöpfung mit verringerter Leistungsfähigkeit und dem Gefühl extremer Erschöpfung, innerlicher Leere und des Ausgebrannt-Seins beschrieben habe, finden sich im ICD-10 andere Diagnosen, die sich einzelnen Symptomen des Syndroms zuordnen lassen.
Beschwerden im Sinne eines Erschöpfungszustandes wie bei einem Burnout-Syndrom kommen auch vor, wenn andere körperliche und / oder seelische Schwierigkeiten vorliegen und der Erschöpfungszustand eine Auswirkung dieser Schwierigkeiten ist, wie z. B. bei einer Erschöpfungsdepression. Diese und andere Formen einer Erschöpfung lassen sich anderen Diagnosen im ICD-10 zuordnen und sind unter Berücksichtigung der Dynamik der dahinter liegenden Erkrankung zu behandeln.
Was und wie man etwas – wie mit dem ICD-10 – als Krankheit definiert, ist Ausdruck fachlicher, gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftspolitischer Machtkonstellationen und Konsensbildungen. Krankheit ist also etwas Relatives. Es wird rege diskutiert, ob denn Burnout eine Krankheit sei oder keine.
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