Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
aufstieß, faltete Gil ein Blatt Papier zusammen und ließ es in der Hosentasche verschwinden. Die Bewegung vollzog sich ohne Eile, und seine sorgsam ausdruckslose Miene war unschuldig– vielleicht zu unschuldig. Es juckte sie in den Fingern, das Blatt in die Hände zu bekommen.
Beinahe hätte sie danach gefragt, doch dann hielt sie sich zurück. Er hatte ihr viel erzählt, und wenn das zarte Vertrauensverhältnis, das sich zwischen ihnen entsponnen hatte, Bestand haben sollte, musste sie darauf setzen, dass er ihr sagte, was er wusste, sobald er dazu bereit war.
» Wie lief das Treffen? « , fragte er.
Die Anrichte war ihrem müden Leib ein wenig Stütze. » Als wir ankamen, hieß es schon, man solle den Ball absagen, nicht zuletzt, weil die meisten guten Köchinnen den größten Teil des Tages beim Friseur in Birraga verbringen. Dann bot Angie Butler an einzuspringen. Sie ist keine ausgebildete Köchin, aber sie ist praktisch in der Pub-Küche groß geworden und hat Nancy oft ausgeholfen, bevor sie zur Uni ging. Sie hat sich über das Hilfsangebot von Deb und Liam sehr gefreut– und ich glaube, sie war ein wenig erleichtert. «
» Es hat den Leuten nichts ausgemacht, dass sie mich kennen? «
» Die meisten waren da schon weg. Und für Angie bist du ein Held. «
Es wäre wahrscheinlich nicht ganz so glatt gegangen, fürchtete sie, wenn die anderen nicht so eilig abgezogen wären. Schon seltsam, dass manche von ihnen ihm derart misstrauten, wohingegen ein wirkliches Ungeheuer völlig unbemerkt geblieben war und für Jahre als geschätztes Mitglied der Gemeinschaft unter ihnen gelebt hatte. Aber das war vorbei, und sie konnte nur hoffen, dass alle eine Lehre daraus gezogen hatten. Wenigstens waren Beth und Ryan auf Gils Seite und bereit, für ihn Partei zu ergreifen. Und es musste doch auch zählen, dass er Jeanie das Leben gerettet hatte. Wenn sich das erst herumsprach, musste sein Ansehen doch steigen?
» Möglich, dass sich der eine oder andere noch ein wenig echauffiert « , räumte sie ein, » wenn bekannt wird, wer Angie da zur Hand geht, aber da sich niemand sonst freiwillig gemeldet hat, hat niemand das Recht, sich zu beschweren. «
Etwas anderes hatte er nicht erwartet, und so zuckte er die Achseln und fügte sich. Nach allem, was sie seit seiner Ankunft so aufgeschnappt hatte, war er wohl sein Leben lang genau so ein Ausgestoßener gewesen wie sein Vater, auch lange vor Paula Barretts Tod schon. Ein grausames Schicksal für einen kleinen Jungen, und vermutlich kaschierte er mit dem argwöhnischen Gehabe des einsamen Wolfs seine Narben. Aber sie wusste mittlerweile, dass er zur Zärtlichkeit fähig war, zu Vertrauen und Respekt.
Das hatte sie in den letzten Tagen selbst erlebt, und Deb und Liam hatten ihr auf dem Weg zum Pub seinen Charakter in den glühendsten Farben geschildert und ihre eigenen Eindrücke damit bestätigt.
» Gibt es in Birraga einen Gebrauchtwagenhändler? « , fragte er.
» Ja, Birraga Autos, am Ostende der Hauptstraße. Neu- und Gebrauchtwagen, wenn auch nicht gerade eine riesige Auswahl. Aber wenn du dir ein Auto kaufen willst, dürfte es dich interessieren, dass der Inhaber von Birraga Autos der Schwiegersohn von Dan Flanagan ist. «
» Mist. Eine Alternative gibt es wohl nicht? «
» Nicht in Birraga. «
» Verdammte Scheiße. «
» Kannst du Motorrad fahren? «
» Ja « , sagte er. » Kann ich. «
» Ryan hat ein gutes, das er kürzlich erst mit Adam überholt hat, um es zu verkaufen. Es hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel, ist aber gut gepflegt. Ryan kann seit seinem Unfall natürlich nicht mehr damit fahren, aber Beth nimmt es hin und wieder, wenn Ryan den Wagen braucht. Jetzt verkaufen sie es, weil sie das Geld brauchen. «
» Dann sollte ich wohl mal bei Ryan vorbeischauen. «
» Sie wohnen im ehemaligen O’Connell-Haus, draußen an der Scrub Road. «
» Ich weiß. « Er wich ihrem Blick nicht aus.
Natürlich. Er war ihr gestern Nacht von den Wilsons aus gefolgt. Er musste ein gutes Stück Abstand gehalten haben, denn sie hatte ihn nicht bemerkt.
Sie wusste nicht recht, was sie mehr erboste, dass er sich als großer Beschützer aufspielte und ihr folgte oder dass sie es nicht gemerkt hatte. Letzteres wahrscheinlich, wenn sie ehrlich war.
» Ich hatte gestern keinen Beschützer nötig « , wies sie ihn zurecht.
» Du hast eine Morddrohung bekommen. Die Straße war dunkel und du unbewaffnet. «
Bevor sie einwenden konnte, dass sie eine erfahrene
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