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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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ohnehin nicht vorstellen.«
    Zum Glück stimmte sie mir darin zu. Sie betonte auch noch mal, dass sie gerade andere Dinge im Kopf habe, als ein Kind zu bekommen. »Freut mich, dass du das so siehst. Dann sind wir ja einer Meinung.«
    Mit diesen Worten endete unser Telefonat. Obwohl ich den Ausgang schon eigenartig fand, denn das passte ja gar nicht in das Szenario, das ich mir ausgemalt hatte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Wenn auch nur ein kleiner, denn noch war das Problem nicht aus der Welt geschafft. Ich ging in die Küche, köchelte mir einen Espresso und stellte mich ans Fenster meiner Balkontür. Draußen stapelte sich der Müll. Kay musste mal wieder dringend aufräumen. Ich trank meinen Espresso und schaute in den Nachthimmel. Was ist das nur für ein Leben?
    Bis dahin hatte ich noch niemandem von der Sache erzählt, auch nicht Arafat, denn ich dachte mir: Wenn sich die Angelegenheit ohnehin von selbst erledigt, brauche ich auch keine schlafenden Hunde zu wecken. Ich fuhr ins Café, bestellte eine Wasserpfeife und tat, als ob nichts gewesen wäre.
    Wieder verstrich eine Woche, als endlich der erlösende Anruf kam.
    Es sei vorbei, sagte sie kurz und knapp.
    »Okay«, antwortete ich leise. Ich meine, wie reagiert man schon auf so eine Nachricht.
    Sie erzählte mir von der Abtreibung und sagte mir, dass ich mir keine Sorgen mehr machen müsste.»Das ist gut. Da haben wir ja noch mal Glück gehabt, wa? Aber sag mal, hattest du irgendwelche Kosten, die ich dir wenigstens erstatten kann?«, fragte ich sie anstandshalber.
    Sie verneinte. Alles was sie wollte war, sich noch ein letztes Mal mit mir zu treffen, um von Angesicht zu Angesicht darüber zu reden.
    Selbstverständlich willigte ich ein. Ich meine, bei allem Respekt, eine Abtreibung erlebt man ja auch nicht alle Tage. So viel Anstand musste schon sein. Wenn man sich gegenübersitzt, sieht vieles ja auch schon anders aus als am Telefon.
    Als sie dann aber irgendwas von wegen »sich nur noch einmal in die Augen schauen« faselte, dachte ich schon: »Also, übertreib mal nicht!« Das klang mir jetzt schon etwas zu krass nach Hollywood. Sofort musste ich an die legendäre Szene mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann in Casablanca denken. Na ja, aber wenn die Mädchen ihre Hormonschübe haben, sind sie halt so. Das musste ich ihr zugutehalten. Ich schau dir in die Augen, Kleines!
    Ich holte sie am Flughafen Tegel ab und wieder ging es zum Italiener nach Charlottenburg. Nach dem Motto: »So wie es anfing, soll es auch enden.« Im Auto herrschte absolute Stille. Mehr als ein Begrüßungshallo gab es nicht. Was sollte ich schon mit ihr reden? Für mich war die Sache schließlich eh schon geklärt.
    Es war ein angenehmer lauer Sommerabend und wir setzten uns nach draußen in den Garten. Das Restaurant war wie immer gut besucht und zum Glück beachtete uns kaum jemand. Die Gäste waren zu sehr damit beschäftigt, das schöne Wetter zu genießen. Wir bestellten unser Essen und ich wartete darauf, dass sie endlich mal was zu mir sagen würde. Doch es kam nichts. Ständig schaute sie auf ihre Uhr, schrieb SMS und zappelte nervös am Tisch herum. Irgendwann wurde mir das zu blöd und ich fragte, was denn los sei.
    Sie stotterte sich einen ab, brachte keinen vernünftigen Satz zu Ende und meinte schließlich, dass halt alles nicht so gelaufen sei, wie man sich das eigentlich vorstellt. Okay, genau das hatte sie mir auch schon am Telefon gesagt. Hatte sie sonst nichts auf dem Herzen?
    »Ja, gut«, meinte ich. »Und jetzt? Ist das alles?«
    Sie nickte.
    »Okay.«
    Stille.
    Das Essen wurde gebracht und ich konzentrierte mich auf meine Spaghetti aglio olio. Ich hoffte, diese unangenehme Situation so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Und als könnte sie meine Gedanken lesen, sagte sie einen Wimpernschlag später, dass ihr Flieger bald gehen würde und sie los müsse. Außerdem wollte sie noch kurz eine Freundin besuchen.
    Jetzt schon? Wir hatten ja kaum unser Essen angerührt. Wie eigenartig war das denn!
    »Soll ich dich fahren?«, fragte ich.
    Sie winkte ab und meinte, sie würde sich ein Taxi rufen.
    Wir standen auf, verabschiedeten uns kurz und schmerzlos, und schon verschwand sie um die Ecke. Das war schon ein bisschen komisch, weil ihr Aufbruch so unvermittelt kam. Na ja, scheiß drauf, sagte ich mir und aß in Ruhe zu Ende. Da kam sie also extra aus der Schweiz nach Berlin geflogen, um mich persönlich zu sehen, und nach 25 Minuten haut sie schon wieder ab?

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