Bushido
uns abzuholen. Zu dritt gingen wir zum Fahrstuhl, doch ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Irgendetwas sagte mir, dass ich dort nicht hochfahren sollte.
»Heiner, lass uns gehen!«, sagte ich schnell.
Neffi schaute dumm aus der Wäsche, aber er konnte natürlich nichts daran ändern. Dazu kannte er mich schon viel zu lange. Keine Ahnung, ich hatte eben nicht das Gefühl, dass Universal wirklich um mich kämpfte. Unter diesen Voraussetzungen wollte ich den Vertrag nicht verlängern. Ganz ehrlich: Ich bin Künstler. Natürlich will ich betüdelt werden. Universal checkte das aber nicht. Ich fühlte mich wie in einer Beziehung, in der ein Partner glaubt, nach vielen Jahren der Zusammengehörigkeit nicht mehr um die Liebe des anderen kämpfen zu müssen. Für mich ein unerträglicher Zustand. Der Vertrag wanderte in den Papierkorb.
Ab dem 1. März 2007 war ich also vertragsfrei und die großen Majors gaben bei meinem Anwalt ihre Gebote ab. Auch Universal war wieder dabei. Ich traf mich mit Neffi in Düsseldorf und er fragte mich, ob ich überhaupt noch Interesse hätte, mit ihnen weiterzuarbeiten, wenn das Angebot stimmen würde. Die letzten fünf Wörter waren ausschlaggebend: Wenn das Angebot stimmen würde! Mir ging es nicht darum, die größtmögliche Summe herauszuholen, sondern das Ge-samtpaket musste einfach stimmen.
Parallel zu meiner Künstlerkarriere läuft mein eigenes Verlagsgeschäft, und ich weiß so natürlich ganz genau, wie das Musikbusiness funktioniert. Wenn ich allein mit einem Label-Sampler 1,3 Millionen Euro umsetze, dann musste das Angebot für mich als Solo-Künstler logischerweise entsprechend höher sein. Ich gebe zu, Universal hatte schon ein bisschen die Arschkarte gezogen, da sie nicht nur mit Bushido, dem Rapper, sondern immer auch mit Bushido, dem
Geschäftsmann, verhandelten, der alle Zahlen und Gewinnmargen auswendig kannte. Da ihr erstes Angebot, von dem jeder andere Rapper in Deutschland nur geträumt hätte, für mich nicht ausreichend gewesen war, lehnte ich ab. Nach langem Hin und Her legten sie schließlich noch was drauf. Das finale Angebot wollten mir Frank Briegmann, der Präsident von Universal, und Tom Bohne, der Vizepräsident, aber nur persönlich unterbreiten. Hui, endlich kam ein bisschen Action ins Spiel.
Heiner und ich machten uns also wieder auf den Weg zu Universal und hörten uns an, was sie uns anzubieten hatten. Neffi rief mich im Vorfeld schon undercover an und meinte, dass so ein Angebot noch nie einem deutschen Rapper gemacht worden sei. Es würde sozusagen in die Geschichte eingehen. Uhh, jetzt war ich erst recht gespannt. Wir standen erneut zu dritt vor dem Fahrstuhl, nur dass wir dieses Mal tatsächlich nach oben fuhren. Es ging direkt ins Büro von Tom Bohne, der uns freudestrahlend erwartete. Er begrüßte uns und eröffnete, ohne Zeit zu verlieren, das Gespräch mit den Worten, Universal würde mich gern zum Millionär machen und was ich davon hielte.
Natürlich hatte er sich erhofft, dass ich bei dem Angebot aus den Latschen kippen würde. Leider musste ich ihn enttäuschen.»Aber Tom«, fing ich meinen Satz nach kurzer Überlegung an, »ich bin doch schon Millionär.«
Mit meiner Antwort zerstörte ich sein ganzes Konzept. Die Leute von Universal glaubten wirklich, die symbolbehaftete Summe von einer Million Euro würde in mir eine Art Jubelsturm auslösen. Falsch gedacht.
Ganz ehrlich: Mich ließ diese Summe kalt. Natürlich hört sich eine Million Euro im ersten Moment nach viel an, aber wie gesagt, wenn man weiß, welche Summen theoretisch machbar sind, wird diese angeblich magische Zahl ganz schnell entzaubert. Als ich so in diesem Büro saß und die Wand anstarrte, erinnerte ich mich an die Zeit zurück, als mich Neffi frisch unter Vertrag genommen und mir prophezeit hatte, niemals mehr als 30000 Alben zu verkaufen. Drei Jahre später hingen fünf Goldene und eine Platin-Schallplatte an seiner Wand. Als ich damals von Aggro Berlin gekommen war, hatte ich ja selbst gedacht, dass 30000 verkaufte Platten schon eine Menge wären. Aber heute? Bei meinem 7-Album gab es eine Woche vor Veröffentlichung schon weit über 100000 Vorbestellungen. Zeiten ändern sich, lautet ein Titel auf diesem Album. Noch Fragen?
Ich war auch nicht so blauäugig zu glauben, dass Universal meine Familie wäre. Im Endeffekt bleiben Künstler und Plattenfirma immer nur Geschäftspartner, selbst wenn die zwischenmenschliche Beziehung sehr intensiv ist. Verkaufst
Weitere Kostenlose Bücher