Bushido
Fernsehen zu tun hätte. Er kam ihm wohl irgendwie bekannt vor.
»Ja, auf jeden«, antwortete ich auf Arabisch und schmunzelte vor mich hin. Das war ja nur der bekannteste Schauspieler, den wir zurzeit in Deutschland haben. Schon witzig irgendwie.
Der Streifenwagen der Polizei, der wie gewöhnlich einige Meter neben dem Café im Halteverbot stand, parkte aus und fuhr zurück zum Revier. Schichtwechsel. Vielleicht hat die Kripo den Besuch Til Schweigers ja in ihr Protokoll aufgenommen. Ich hätte mich kaputtgelacht, wenn meine Freunde des Boulevards ausgerechnet an diesem Abend einen Paparazzo geschickt hätten. Ich sah die Schlagzeile schon vor mir: »Til Schweiger in Schutzgeld-Skandal verwickelt« oder »Was macht Til Schweiger in der Verbrecher-Bar?« oder noch besser: »Til Schweiger taucht zu Recherchezwecken im Berliner Gangstermilieu unter.« Hehe.
Warum ich diese Geschichte erzähle? Ich weiß auch nicht genau. Irgendwie mochte ich den Moment. Das ist auch schon alles.
Der Echo 2008
»Bushido, wo bleibst du?«, fragte Heiner. Ich entdeckte einen leicht angespannten Unterton in seiner Stimme. »Es sind schon alle da. Wir warten nur noch auf dich.«
»Bin gleich da.«
»Hm, was heißt das genau?«
»In 15 Minuten.«
»Arabische oder deutsche 15 Minuten?«, lachte Heiner.
»Ist es denn schon so spät?«, fragte ich.
»Na ja, wir hatten den Termin vor einer Stunde.«
»Okay, ich bin so schnell wie möglich da.«
Ich legte auf, drehte mich zu der Bedienung im Café um und bestellte eine Wasserpfeife. Nur keine Hektik.
Es war der 15. Februar 2008. Der Tag der ECHO-Verleihung, der Tag, an dem meine 7-Live-DVD und -CD veröffentlicht wurden und der Tag, an dem ich einen neuen Multimillionen-Euro-Vertrag mit SONY BMG unterschreiben sollte. Habe ich etwas vergessen? Ich glaube nicht.
Ich war schon den ganzen Nachmittag auf Achse gewesen. Zuerst musste ich mit Arafat auf die Baustelle meiner Villa, da die Arbeiter wieder irgendetwas falsch gemacht hatten und wir das vor dem Wochenende auf jeden Fall noch regeln wollten. Von dort ging es weiter nach Kreuzberg zum Friseur. Arafat hatte uns draußen vor dem Laden abgesetzt und war weiter zu Hugo Boss gefahren, um sich schnell noch ein neues Hemd zu kaufen. Kay, Nyze und ich gingen die Treppe runter in die kleine arabische Friseurstube, die an dem Tag aus allen Nähten platzte. Man begrüßte sich. Dass ich später groß im Fernsehen sein würde, davon hatten diese Männer dort keine Ahnung. Wer konnte es ihnen verübeln? In dieser Welt gibt es keine Preisverleihungen. Dort wird Musik noch von der Kassette abgespielt.
Obwohl alle Stühle belegt waren, kam ich zum Glück sofort ran. Dann rutschte Kay auf meinen Platz. Wir gingen noch nicht lange zu diesem Friseur. Das Problem war nun, dass er Nyze nicht kannte und er wohl auch nicht mitbekommen hatte, dass er zu uns gehörte. Als Kay und ich fertig waren, chillte Nyze einfach weiter und traute sich auch nicht, etwas zu sagen. Was sollte er auch machen? Er kann ja kein Wort Arabisch. Als Arafat nach einer Stunde zurückkam, schaute er Nyze verdutzt an, der immer noch genauso aussah wie vorher, und wendete seinen Blick zum Friseur.
»Wieso ist er noch nicht fertig?«, meinte Arafat grimmig.
Mittlerweile war es bereits 17 Uhr. Eigentlich hatten wir keine Zeit mehr, um auf Nyze zu warten, aber was sollten wir machen? Auf der anderen Seite lief uns der ECHO auch nicht davon.
Eine halbe Stunde später ging es weiter ins Café. Arafat setzte uns ab. Sein Bruder Yassar sollte uns von dort zu mir nach Hause fahren, damit wir uns umziehen konnten. Als ich mir erst mal die Wasserpfeife bestellte, machte Yassar natürlich richtig Stress, weil Arafat ihm aufgetragen hatte, mich sofort zu meiner Wohnung zu fahren. Mit der Betonung auf sofort!
»Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an«, meinte ich lachend. »Wir kommen eh nicht mehr pünktlich. Lass uns lieber noch ein bisschen chillen.«
»Auf jeden«, sagte Kay und schlürfte an seinem frisch gepressten Orangensaft.
Nyze baute eine Runde Backgammon auf. Nur die Ruhe bewahren.
Es wurde später und später und irgendwie hatte ich zeitmäßig komplett die Orientierung verloren. Mittlerweile waren die Jungs aus meinem Büro, Heiner, DJ Stickle, Chakuza und die Leute von SONY BMG auch nicht mehr bei ihrer Empfangsparty im Q-Hotel, sondern chillten be-reits im ICC, wo der ECHO stattfand. Ich war ausnahmsweise nämlich der Idiot, der dachte, RTL würde mit
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