Bushido
Ich schaute zu dem Glastisch, auf dem sich all meine Preise stapelten: vier ECHOS, zwei MTV Europe Music Awards, ein Goldener BRAVO-Otto, ein Silberner BRAVO-Otto, zwei Goldene Pinguine, ein VIVA-Comet… Manchmal fühle ich mich wie der Hauptdarsteller in meinem eigenen Film. Ich gehe zum ECHO, spiele meine Rolle und am Abend kehre ich zurück in mein wirkliches Leben. Jedenfalls kommt es mir oft so vor. Es ist schon eigenartig, Bushido zu sein. Als ich dann die vielen positiven Einträge in meinem Forum las, berührte mich das schon sehr. Allein die Vorstellung, dass es da draußen Menschen gibt, die sich wirklich aus tiefstem Herzen für mich freuen, ist mit Worten fast nicht zu beschreiben. Trotzdem wollte ich es versuchen und schrieb ihnen einen Brief. Die Überschrift lautete: Wie sagt man danke?
Wie sagt man danke für das, was ihr mir gegeben habt? Ich war gerade lange drüben bei meiner Mama und sie hat mich gefragt, wie ich das nur geschafft hätte. Als sie mir gesagt hat, wie stolz sie auf mich sei, hat sie sogar geweint. Sie ist aber nicht nur auf mich, sondern vor allem auf euch stolz. Ich bin doch nur ein einfacher Junge, der einen Bruder hat und die beste Mama der Welt -– nicht mehr und nicht weniger. Ihr alle habt mir das Unmögliche möglich gemacht, seit Jahren steht ihr hinter mir und supportet mich, wo ihr nur könnt: CDs, T-Shirts, Poster, Konzertkarten, Votes… wisst ihr eigentlich, wie wertvoll das alles ist? Da steht nicht nur der Europreis dahinter, sondern der nicht bezahlbare Einsatz, den ihr da investiert. Und wofür das alles? Weil ihr an mich glaubt! Weil ihr der Meinung seid, ich hätte es verdient. Ihr habt mich innerhalb von vier Jahren zur absoluten Nummer eins gemacht und ich denke, wir müssen uns alle mal hinsetzen, die Augen schließen und uns alles, was wir erreicht haben, mal wirklich vorstellen. Selbst dann werden wir es noch immer nicht realisieren können. Aus einer Idee wurde ein Wort. Aus dem Wort ein Song. Aus dem Song ein Album und aus dem Album eine Familie. Jetzt stehen wir hier und werden gehasst und geliebt. Es ist diese unbedingte Liebe, die ihr mir gebt und die mir niemand mehr nehmen kann. Wenn ich versuche, das, was ich in meinem Kopf habe, in Worte zu fassen, bleibt mir die Luft weg und meine Augen werden wässrig. Ich kann es nicht glauben und kein Danke der Welt könnte das aufwiegen, was ihr mir gegeben habt. Was wir hier veranstalten, würde man eigentlich nur in einem Hollywoodfilm finden. Lasst uns nicht nach den Gründen suchen, die uns antreiben. Lasst uns einfach nur daran glauben. Wissen schließt Glauben aus und manchmal ist es doch schöner zu glauben, als zu wissen.
Wir sind auf dem Weg zur Unsterblichkeit…
Outro
Was macht Erfolg eigentlich aus? Was habe ich, was andere nicht haben? Muss es darauf überhaupt eine Antwort geben? Fragen, die ich mir selbst immer wieder stelle. Eine plausible Erklärung gibt es wahrscheinlich sowieso nicht. Im August letzten Jahres stand ich auf einer Bühne am Brandenburger Tor und mir jubelten über 100000 Menschen zu. Es ist einfach ein Phänomen.
Die Kids unterhalten sich nicht darüber, dass ich 2003 mit Vom Bordstein bis zur Skyline ein für den deutschen Hip-Hop wegweisendes Album auf den Markt gebracht habe, sie lesen stattdessen die Bravo, hängen sich meine Poster in ihre Zimmer und reden über meine Frisur, meine Tattoos, meine Frauengeschichten und vielleicht – wenn ich Glück habe – noch kurz über mein neues Video. Warum bin ich der einzige, wirklich einzige Rapper, der in Deutschland zu einem Teenie-Star mutiert ist? Was mache ich richtig und die anderen falsch? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht, aber die Lösung muss komplizierter sein, als dass es durch meinen Sich-treu-bleiben-Cordon-Sport-Lederjacke-Haargel-Kragen-hoch-Silberkette-Zahnstocher-auf-alles-scheißen-Stil mit ein paar wenigen Worten zu erklären wäre.
Der Erfolg ist doch wie die Liebe: Manchmal ist er plötzlich da, aber so schnell und unerwartet er kommt, verschwindet er auch wieder. Man kann nichts dagegen tun. Selbst Neffi hat mich nicht bei Universal unter Vertrag genommen, weil er damals schon gewusst hat, dass aus mir einmal ein Star werden würde. Ihm war es auch egal, dass ich der Erste war, der über das Ghetto gerappt hat. Er hat mich nur gesignt, weil ich etwas in ihm hervorgerufen habe. Genau das gleiche Gefühl, das ich heute bei meinen Fans auslöse. Natürlich äußerte sich das bei ihm auf eine andere Weise
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