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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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sich. Es kommt auch schon mal vor, dass Ashraf in der Disco einem Typen eine Schelle gibt, wenn er mitbekommt, dass der einen Witz über mich macht. Man hält also immer irgendwie zusammen, auch wenn es hin und wieder Streitigkeiten gibt.
    Spontan ging ich die Treppe hinunter, spazierte direkt auf Massiv zu und begrüßte ihn ein zweites Mal. Sofort kam Ashraf dazu und meinte, dass wir uns doch schon so lange kennen würden und wir doch endlich unser Kriegsbeil begraben sollten. Ich hatte nichts dagegen, also setzte ich mich mit Massiv auf eine kleine Empore. Wir redeten über eine Stunde miteinander.
    »Bushido, du weißt doch genau, dass ich nur deinetwegen angefangen habe zu rappen«, meinte Massiv. »Ich war auf deinen Konzerten und alles. Du warst für mich der erste coole Rapper in ganz Deutschland. Schade, dass alles so gekommen ist.«
    »Aber das liegt einzig und allein an dir«, antwortete ich. »Du hast angefangen mich zu dissen. Und zwar mehrfach. Ich hatte doch nie etwas gegen dich. Und das weißt du auch.«
    »Aber du hast mal in einem Interview gesagt, dass alle anderen Rapper froh sein könnten, wenn sie sich von ihrem Geld einen 3er BMW kaufen könnten.«
    »Und was hat das mit dir zu tun?«, wollte ich wissen.
    Ich verstand den Zusammenhang wirklich nicht.
    »Na, ich fahre einen BMW«, sagte Massiv.
    »Ey, das war doch nicht wörtlich gemeint, Alter. Außerdem hast du doch einen 5er und keinen 3er, oder? Aber mal abgesehen davon, hätte halb Berlin sauer auf mich sein müssen.«
    Jetzt musste selbst Massiv ein bisschen schmunzeln.
    »Du darfst solche Sachen nicht zu ernst nehmen«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Aber auf deinem Album rappst du in dem einen Lied mit Kay irgendwas von wegen Oberkörper tätowiert. Damit hast du doch mich gemeint.«
    »Weißt du, wie viele Rapper am Oberkörper tätowiert sind? Da könnte jeder Dritte einen Hals auf mich schieben!«
    Ich hatte Massiv schließlich wirklich nicht damit gemeint.
    »Okay, dann einigen wir uns darauf, dass der Streit auf einem Missverständnis beruhte und alles wieder cool ist.«
    »Cool.«
    Streit beendet.
    Wir küssten uns auf die Wange, wie es unter Arabern üblich ist, und ich freute mich, endlich wieder ganz entspannt mit Ashraf chillen zu können. Das war schon mal viel wert.
    Später kam noch Haydar, ein Kumpel aus dem Café, zu mir und meinte, dass ich mich doch endlich auch wieder mit DJ Desue vertragen sollte. Wie bitte? War das hier eine Friedensparty? Nach dem Motto: Heute haben wir uns alle wieder lieb?
    »Desue ist ein richtiges ... «, meinte ich trocken und hatte eigentlich gar keinen Bock auf den.
    »Ja, aber er steht dort hinten. Bushido, der Junge stirbt innerlich und schiebt richtig Paranoia«, versuchte mir Haydar Desues Lage zu erklären. »Könnt ihr euch nicht kurz die Hand geben? Dann ist der Junge zufrieden und kann wieder in Ruhe sein Ding machen.«
    Ich atmete einmal auf, guckte mich im Saal um und ließ noch mal die letzten Stunden Revue passieren. Vor mir standen meine beiden ECHOS und ich dachte: Fuck, Alter, bist du fame geworden. Jetzt kannst du doch auch echte Größe zeigen und dich mit den Leuten vertragen, die dich eigentlich abgrundtief hassen. Sie werden ohnehin nie dort stehen, wo du gerade bist. Ich war einer der großen Gewinner des Abends, hatte einen richtig geilen Anzug an und um mich herum chillten die coolsten und gefährlichsten Freunde, die man sich vorstellen kann. Dann sah ich Desue, wie er in seinen komischen XXL-Baggy-Hip-Hop-Klamotten vor mir stand, gab ihm die Hand und alles war wieder tutti. Es war ein gutes Gefühl. Es gibt richtige Hurensöhne, mit denen es sich wirklich zu streiten lohnt, aber Desue gehört jedenfalls nicht dazu, ganz egal, was für Fehler er in der Vergangenheit auch gemacht haben mochte. Da gibt es noch ganz andere Kandidaten.
    Gegen sechs Uhr ging dann die Musik aus und wir machten uns auf den Heimweg. Seit langer Zeit war das mal wieder eine Party, auf der ich bis zum Schluss geblieben war. Das will was heißen. Arafat, Kay, Nyze und ich hatten noch Hunger und wir fuhren nach Schöneberg, Köfte essen. Morgens um halb sieben. Ein Hoch auf Berlin!
    Ich lag später in meinem Bett noch lange wach. Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf umher. An diesem Abend hatte ich mal wieder gemerkt, wie verlogen unsere Gesellschaft doch in Wahrheit ist. Noch vor wenigen Wochen war ich der asoziale Proll-Rapper ge-wesen, der mit seinen schlimmen Texten die

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