Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
Vom Netzwerk:
Kölner Snipes-Store. Ganz entspannt ging ich runter, schob meinen Zettel durch den Schlitz der Plexiglaswand und freute mich darauf, wieder nach Hause zu dürfen.
    Auf einmal sah ich aus dem Augenwinkel, was auf dem Zettel stand. Mir lief es eiskalt den Rücken runter. Mit roten Buchstaben war das Wort HAFT draufgestempelt.
    »Sind die behindert?«, schrie ich laut vor mich hin.
    Der Bulle guckte mich verdutzt an.
    »Ich weiß noch nicht mal, was mir vorgeworfen wird.«
    »Keine Diskussion. Du kommst jetzt in die U-Haft.«
    Aha, auf einmal waren wir also per Du. So lief das hier. Na, wunderbar.

Prison Break
    Mit einem gepanzerten Sicherheitswagen wurde ich abtransportiert. Ich fühlte mich ein bisschen wie Sylvester Stallone in Lock Up. Der wurde ja auch wegen einer Bagatelle ins Gefängnis gesperrt. Der Transporter fuhr durch die halbe Stadt. Als ich ausstieg, stand ich bereits mitten im Gefängnishof. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und sah nach oben. Überall vergitterte Fenster. Die Gefangenen guckten aus ihren Zellen raus und begrüßten mit lautem Gebrüll die Neuankömmlinge. Es war alles wie im Film, perfekt inszeniert. Nur spielte ich die falsche Hauptrolle.
    Ich wurde zur Anmeldung geführt, musste meine Wertgegenstände abgeben und mich nackt ausziehen. Dann schauten sie mir zu dritt in mein Arschloch rein, angeblich um sicherzustellen, dass ich auch ja keine Drogen schmuggelte. Diese Opfer! Wie hätte ich das denn anstellen sollen? Ich wurde doch direkt vom Revier hierhergebracht.
    »Wollt ihr jetzt demonstrieren, dass ihr die Chefs seid, ja? Das weiß ich auch so. Lasst uns doch diese kleinen Spielchen einfach überspringen. Ich bin kein dummer Junge mehr. Ich weiß, wie das läuft.«
    »Schnauze halten! Du redest nur, wenn du gefragt wirst, verstanden?«
    Verstanden.
    Die meisten Leute, so wie diese Gefängniswärter, glauben ja wirklich nur das, was sie in der Zeitung lesen. Die reduzieren mich auf den dummen Berliner Proll-Rapper, der keine Ahnung davon hat, wie die Welt funktioniert. Die Amis haben dafür sogar eine eigene Redewendung: Never underestimate the power of street knowledge! Auf Deutsch heißt das so viel wie: Unterschätze niemals die Macht der Straße und die Lebenserfahrung, die sie dir verleiht! Genau das war mein großer Vorteil. Am Ende hatte ich immer noch ein Ass im Ärmel. Also blieb ich ruhig. Natürlich wusste ich, dass sie mich für 48 Stunden einsperren konnten. Dazu brauchte man nur einen Richter, der seine Unterschrift unter den Beschluss setzte. Dabei spielte es keine Rolle, ob jemand schuldig oder unschuldig war. Doch die Knast-Bullen dachten, sie könnten mir mit ihrem Gepose Angst einjagen. Das war nichts als reine Schikane. Die Bullen vom Revier hatten ihre Kollegen in der JVA wohl ausführlich gebrieft.
    Ich wurde zwar gefragt, ob ich eine Einzelzelle haben wollte, aber das lehnte ich ab. Die Zeit im Gefängnis würde schon langweilig genug werden, dachte ich mir. Da könnte ein bisschen Gesellschaft nicht schaden. Doch bevor ich in meine Zelle durfte, musste ich noch bei einer Psychologin vorstellig werden. Ich wurde in einen anderen Raum geführt, wo die Olle mir aus meiner Akte alle Anklagepunkte laut vorlas.
    »So, Herr Ferchichi, was haben wir denn da: Schwere Körperverletzung, Nötigung und Urkundenunterdrückung. Hm, das ist ja nicht von schlechten Eltern! Fangen wir gleich an: Sind Sie von Ihrer Mutter oder Ihrem Vater als Kind sexuell missbraucht worden?«
    »Wie bitte?«
    Ich dachte wirklich, ich hätte mich verhört.
    »Sie haben mich schon verstanden. Antworten Sie bitte auf meine Frage!«
    Hatte die Olle noch alle Tassen im Schrank?
    »Sie wollen eine Antwort? Ich gebe Ihnen eine Antwort: Ich bin Berliner, okay? Und ich habe so ne Eier«, sagte ich stolz und griff mir wie Michael Jackson in den Schritt. »Wenn jemand mein Auto kaputt macht, haue ich ihm auf die Fresse. Wenn jemand Hurensohn zu mir sagt, haue ich ihm auf die Fresse. Da gibt es gar keine Diskussion. Ich habe kein Problem, so wie Sie jetzt vielleicht denken, ich habe eine Haltung, eine Meinung. Ich lasse mir von einer österreichischen ... nicht einfach so, ohne Grund, meine Reifen zerstechen, nicht wenn ich nicht vorher seine Mutter, seine Schwester oder seine Freundin gefickt habe. Das ist eine ganz einfache Geschichte.«
    Die Psychologin nickte, zuckte ein paarmal mit ihren Augenbrauen und machte sich ihre Notizen. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wenn in Berlin zwei Leute

Weitere Kostenlose Bücher