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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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Ich ging langsam an ihm vorbei, jedoch ohne meinen Blick von ihm abzuwenden, nickte kurz, um ihm zu zeigen, dass er bloß keine Faxen machen sollte, drehte mich um und reihte mich wieder in der Schlange ein. Es war das typische Knastspiel: Zeigst du Schwäche, hast du verloren und wirst gefickt!
    Ein paar Tage später, wir hatten gerade wieder Ausgang, sprach mich ein Häftling an, der mir vorher nie aufgefallen war. Er machte ein bisschen auf hart, seine Kumpels stellten sich demonstrativ neben ihn, aber ich ließ mich nicht provozieren.
    »Den Typen, den du vor dem Club geschlagen hast, das war einer meiner Kumpels.«
    »Und jetzt?«, antwortete ich.
    »Wenn du wieder aus dem Knast rauskommst, bekommst du richtigen Stress!«
    »Quatsch mich mal nicht voll, du Idiot!«
    Die Tschetschenen bemerkten, dass ich eventuell ein Problem bekommen könnte, und beobachteten die Situation aufmerksam aus der Ferne. Ich nickte ihnen zu und symbolisierte: Alles okay.
    »Du brauchst gar nicht denken, dass du hier in Linz was zu melden hast«, meinte er weiter.
    »Du Hurensohn«, sagte ich leise, aber bestimmt. Wie gern hätte ich diesem Hund seine hässliche Fresse eingeschlagen. »Nur wegen deiner dreckigen Freunde bin ich hier, du Fotze. Wenn einer Stress machen dürfte, dann ich, verstanden?«
    Dann versuchte dieser Vollidiot sich vor den anderen Häftlingen aufzuspielen.
    »Na ja, Bushido, vielleicht kann ich da was klären für dich.«
    »Weißt du was?«, unterbrach ich ihn. »Fick dich und deine Freunde, du Spast! Und wehe, du quatscht mich noch mal voll.«
    Um vor seinen Kumpels nicht als Loser dazustehen, rief er im Gehen noch einen Spruch in meine Richtung, aber das war es auch schon. Was für ein Opfer! Als ob ich von dem Hilfe angenommen hätte. Niemals!

Endlich Besuch!
    Nach fast einer Woche Knast durfte ich zum ersten Mal Besuch empfangen. Ein Wärter brachte mich in einen Raum, in dem Heiner, mein Anwalt, schon auf mich wartete. Die Anklage lautete: schwere Körperverletzung, Nötigung und Urkundenunterdrückung, mit einem Strafmaß von bis zu zehn Jahren. Heiner war nicht mein richtiger Anwalt in dieser Angelegenheit, aber für den Prozess als zweiter Straf-
verteidiger eingetragen, also konnte ich ganz normal mit ihm reden. Er wunderte sich natürlich auch, warum die so einen Affen machten, aber mehr als ein »Hallo, Bushido« brachte er erst mal nicht über die Lippen. Wir drückten uns zur Begrüßung, setzten uns gegenüber an den Tisch und schwiegen uns an. Er fragte mich nichts. Also musste ich auch nicht antworten. Wir haben einfach nur gechillt.
    Ich war total fasziniert von dem Fenster, das es in dem Raum gab. Es waren zwar Gitterstäbe davor, aber man konnte trotzdem nach draußen über die Gefängnismauern hinweg schauen. Nur ein paar Meter trennten mich von der Freiheit. In dem Moment wurde mir das zum ersten Mal bewusst und ich musste richtig krass anfangen zu weinen. Ich sah auf die Straße, blieb eine Weile regungslos stehen, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, atmete tief durch, drehte mich um und erzählte Heiner die ganze Geschichte.
    Aus dieser Situation heraus entstand auch der Song Kein Fenster. Es gab zwar ein kleines Fenster in meiner Zelle, aber durch die Tiefe der Wand konnte man nichts von der Außenwelt erkennen. Dazu kam, dass wir uns mitten im Hochsommer befanden und es unerträglich heiß war. Alleine der Gedanke an ein Schwimmbad war die reinste Therapie.

Kein Fenster
    Du weißt, dass ich immer noch der Alte bin,
aber Mama, Mama, es ist kalt hier drin.
Guck, jeden Tag drehst du die Runden auf dem Hof.
Wenn du fliehen willst, heißt es: »Lass die Hunde auf ihn los!«
Es ist Knast-Rap, ich guck auf das Schachbrett,
hier heißt jeder Dritte Yussuf, Ali oder Achmed.
Und ich muss hier raus, muss zu meinen Freunden,
hier gibt es Araber, Russen oder Deutsche.
Du hast verloren, wenn du ungeduldig bist,
hier, wo jeder Typ sagt, dass er unschuldig ist.
Guck mal, Mama, denn wir leben hier wie Tiere,
ich hab kein Fenster hier, nur eine schwedische Gardine.
Verdammt, ich hasse es, immer, wenn der Wärter stört,
ich hoffe, dass dieses Lied auch die Merkel hört.
Ich will nach draußen, draußen, wo ich einen Benz fahr,
aber Mama, ich hab kein Fenster.

Ich hätte damals nie gedacht, ich werde ein Gangster,
aber Mama, ich hab kein Fenster.
Manchmal hast du Geld, manchmal ist auch kein Cent da,
aber Mama, ich hab kein Fenster.
Und du weißt, dein Sohn, er bleibt immer ein Kämpfer,
aber Mama,

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