Bushido
können nicht anders – wir auch nicht.
Ich weiß, ich habe es schon mal gesagt, aber es bedeutet mir einfach sehr viel, ein Teil dieser Familie zu sein. Ich kann es gar nicht oft genug erwähnen. Der Name Abou-Chaker ist in Berlin legendär. Er ist allgegenwärtig. Das ist ähnlich wie im Chicago der 1920er-Jahre. Damals kannte auch jedes Kind den Namen Al Capone. Für kleine Jungs war es das Größte, einmal mit eigenen Augen den berühmt-berüchtigten Boss in seinem kugelsicheren Auto vorbeifahren zu sehen. Alle krassen Geschichten, die in Berlin passieren, haben fast immer etwas mit der Abou-Chaker-Familie zu tun. Als ich als kleiner Bengel mit meinen Kumpels auf der Straße Fußball gespielt habe, tuschelten wir schon über diese Unterwelt, die Gangster, über Arafat und seine großen Brüder – das waren alles Helden für uns.
Ari lernte ich über seinen Cousin Hamoudi kennen. Damals, bevor ich zu Aggro Berlin gegangen bin, lief ich Hamoudi mehrmals die Woche über den Weg. Meistens in Schöneberg, wo ich früher oft ab-hing. Hamoudi war auch einer der besten Freunde von King Ali, dem »Dicken Ali«, und von Maxim. Man kannte sich eben.
Eines Tages, das war so Anfang 2002, gingen Specter, Ben Tewaag, der Sohn von Uschi Glas, und ich in die Nava Lounge. Das heißt, wir versuchten es, denn die Türsteher wollten uns nicht reinlassen. Specter hat dann mit Hamoudi gequatscht, der zufälligerweise vor der Tür stand, der wiederum Arafat anrief, der zehn Minuten später vorbeikam und uns hereinließ. Er hatte aber kein Wort mit mir geredet. Er schaute mich nicht einmal an. Den Rest der Geschichte kennt ihr ja.
Nachdem mich Arafat aus der Aggro-Falle gerettet hatte, wurden wir nicht nur Freunde, sondern auch Geschäftspartner. Gemeinsam mit ihm gründete ich 2006 die A&F GmbH, Abou-Chaker & Ferchichi. Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich diesen Schriftzug auf dem Briefpapier lese. Wir kaufen bei Zwangsversteigerungen heruntergekommene Wohnungen auf, lassen sie renovieren und verkaufen sie zum dreifachen Preis. Das Gute daran ist, ich habe absolut keinen Stress und verdiene damit jede Woche mehr Geld, als so mancher Rapper in einem ganzen Jahr.
Vor zwei Jahren bin ich Euro-Millionär geworden. Wenn ich im Café sitze, habe ich aber nicht das Gefühl, dass ich viel reicher bin als irgendjemand dort. Natürlich gibt’s da ein paar Typen, die mehr Geld, viel mehr Geld haben als ich, aber man sieht es ihnen nicht an. Ich habe eben schon meine Lieblingsserie erwähnt, die Sopranos, in der das Leben einer New Yorker Mafia-Familie beschrieben wird. Natürlich lästern die Leute immer wieder, wenn ich die Sopranos zitiere und es fallen Sprüche wie: »Bushido macht jetzt einen auf Gangster und hält sich für einen Mafioso!« Trotzdem, seit der Schießerei im Januar 2006 sind plötzlich alle ganz still geworden.
Es war ein angenehmer Winterabend. Ich saß mit Saad allein vorm Café. Wir hatten uns einen kleinen Tisch auf den Bürgersteig gestellt, rauchten Wasserpfeife und besprachen erste Details seines Debütalbums Das Leben ist Saad. In der Straße war es ruhig. Alle paar Minu-ten lief ein Fußgänger an uns vorbei – das war’s. Dann passierte alles ganz schnell. Von oben kam ein schwarzer BMW die Straße herunter. Das Fenster der Beifahrerseite öffnete sich, kurz bevor sich das Auto auf unserer Höhe befand. Als ich die 9-Millimeter sah, schrie ich »Runter!« und warf den Tisch um. Saad und ich schmissen uns auf den Boden und robbten uns auf allen vieren rein ins Café. Die Schüsse verfehlten uns nur um wenige Meter. Wer weiß, was passiert wäre, hätte ich nicht so schnell reagiert. Ich will gar nicht darüber nachdenken. Die Kugeln gingen direkt durch die Scheibe. Man kann die Löcher heute noch sehen. Sofort stieg ich mit Saad in meinen 7er und wir machten, dass wir wegkamen. Zehn Minuten später stand das SEK mit 300 Männern in Kampfmontur vor dem Café. In Berlin geht das ganz schnell. Die Leute, die auf uns schossen, wurden nie erwischt. Am nächsten Tag titelte die B.Z.: »Was trieb Rapper Bushido in der Gangster-Kneipe?«
Ich mache also einen auf Mafioso, ja? Hm, alles klar. Spätestens jetzt war auch allen Außenstehenden bewusst, dass es zwischen New York und Berlin keinen großen Unterschied gibt. Im Café findest du auch für jeden Seriencharakter aus den Sopranos den passenden Gegenpart. Es passieren ja auch die gleichen Geschichten. Wenn die Frau von einem der Jungs zu Hause
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