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Bushido

Bushido

Titel: Bushido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Fuchs-Gamboeck , Georg Rackow
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verbinden kann. Ich bin absolut deren Meinung, aber dann sollten sie nicht mit zweierlei Maß messen, wenn der Name Bushido ins Spiel kommt.
    Was ist denn schon gut oder böse heutzutage? Anders gefragt: Wer hat denn überhaupt das Recht, so etwas zu entscheiden? Ist das richtig, was in einer Verfassung steht oder was eine Regierung ihren Landsleuten vorgibt? Sind Verbote etwa dazu da, Probleme zu lösen? Ich sage Nein. Man muss in die Köpfe der Menschen rein, damit sich überhaupt etwas verändert. Eine Sache, einen Menschen oder eine Ideologie verbieten zu wollen, halte ich generell für den falschen Weg. Die Kunst eines Einzelnen einschränken zu wollen, halte ich für höchstgefährlich. Aus Verbotsversuchen entsteht ein Kult, der noch viel wirksamer ist als die Kunst an sich. Ich bin mir dessen durchaus bewusst, dass ich als Person kontrovers gesehen werde. Deswegen wird meine Musik auch nicht im Radio gespielt. Trotzdem oder gerade deswegen kamen allein 2007 über 100000 Menschen zu meinen Konzerten.
    Anstatt das Gespräch mit mir zu suchen, rollen meine Kritiker wie eine Dampfwalze mit dem Zensurstift über mich drüber. Ich frage mich, was sie sich dadurch erhoffen? Politiker, Frauenrechtler und all diese komischen Menschenrechtsorganisationen kapieren einfach nicht, dass sie meine Reputation bei den Jugendlichen nur noch stärken, indem sie mich, meine Musik und meine Konzerte verbieten wollen. Das sage ich schon seit Jahren, aber wer bin ich schon? Ich bin nur ein Proll-Rapper, der Autogramme auf Nazi-Glatzen schreibt.

Das Café
    Die Polizei zählt das Café Al Bustan zu den gefährlichsten Plätzen Berlins. Für mich ist es der einzige Zufluchtsort, an dem ich mich wirklich wohl fühle. Natürlich ist das Café kein Café im wörtlichen Sinne. Man kann dort sonntags auch nicht brunchen oder belegte Schnittchen bestellen. Allein die Vorstellung ist übelst lustig. Das Café ist einfach unser Treffpunkt. Dort findest du auch keine Speisekarte. Zu essen gibt es entweder Reis mit gebratenem Hähnchenfleisch und Tomaten oder Scampis mit Knoblauch in Olivenöl. Das weiß auch jeder. Alkohol ist selbstverständlich strengstens verboten.
    Die Tische und Stühle sehen aus wie vom Sperrmüll, aber sie erfüllen ihren Zweck. In der Ecke stehen ein Spielautomat und ein alter Fernseher. Bis vor kurzem hatten wir sogar einen gecrackten Premiere-Decoder, so konnten wir uns samstags die Bundesligaspiele ansehen. Eines Tages war er verschwunden – keine Ahnung. Nachgefragt hat aber auch niemand. Die Toilette im Café wird zwar jeden Tag sauber gemacht, aber seitdem ich hier ein- und ausgehe, hängt über dem Pissbecken ein Schild mit der Aufschrift »Außer Betrieb«. Solange das zweite aber noch funktioniert, beschwert sich niemand. An den Wänden hängen Deutschlandfahnen und Bilder von Jassir Arafat. Die Leute im Café sind schon sehr patriotisch.
    Wenn jemand ins Café käme, den wir nicht kennen, würde diese Person zwar einige grimmige Blicke ernten, aber trotzdem seinen Tee bekommen. Und auch er müsste, so wie alle, dafür nichts bezahlen. Er würde zwar gefragt werden, ob er von der Kripo wäre, aber sonst könnte er dort chillen. Kein Problem. Natürlich macht das keiner, aber theoretisch wäre es möglich. Da fällt mir ein, die Bullen hatten tatsächlich mal einen Spitzel im Café, der sogar heimlich Wanzen angebracht hat. Irgendwann kam er aber nicht mehr und erstaunlicherweise wunderte sich niemand darüber. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist.
    Es ist für Fremde wirklich schwer zu begreifen, was das Café für mich bedeutet. Wenn ich mit Ari telefoniere und er sagt, ich müsse auf jeden Fall noch im Café vorbeischauen, würde sich das für einen Fremden so anhören, als hätten wir uns seit Wochen nicht mehr gesehen. Das ist wie ein Ritual. Chakuza, Stickle oder D-Bo fahren diesen Film nicht so sehr, aber wenn ich zu Kay oder Nyze sage: »Café?«, dann nicken sie nur und wissen Bescheid. Das ist gerade das Coole daran. Es muss nicht immer alles einen Sinn ergeben und wir müssen dort auch nicht immer etwas zu tun haben – es geht einfach nur darum, da zu sein. Man chillt dort mit seinen Freunden, kann Tee trinken, eine Wasserpfeife rauchen, Zeitung lesen und über Geschäfte reden. Das ist unser Lifestyle. Wie bei den Sopranos: Die Typen chillen im »Bada Bing!«, bekommen sogar Ärger mit ihren Frauen, weil sie dort bis in die Nacht abhängen, aber sie machen es einfach, weil es dazugehört. Sie

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