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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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mehr als der Schmerz, den er selbst erleben würde. Er hatte ihnen schon viel mehr zugemutet, als sie verarbeiten konnten. Es würde einen Punkt geben, an dem die Erinnerung, die er bei ihnen zurückließ, sich ins Negative verkehrte. An dem all das Positive, das er hoffentlich trotz allem bewirkt hatte, vom Negativen gänzlich überlagert würde.
    Wenn die Erinnerung an den Papa nur schmerzerfüllt war.
    Er ertrug diesen Gedanken nicht, und das brachte ihn trotz allem dazu, den Beschluss zu fassen. Wider besseres Wissen.
    Er selbst hätte gern weitergekämpft. Obwohl er wusste, dass er sterben würde, hätte er bis zum letzten Blutstropfen gekämpft. Aber es ging nicht um ihn. Es ging um andere, um entschieden wichtigere Menschen.
    Es ging darum, was er mit den wichtigsten Menschen in seinem Leben machte. Was er nach seinem Tod mit ihnen machte.
    Der Entschluss war ihm im Schlaf gekommen. Zuerst Pillen, schmerzstillende Pillen und Schlafmittel, ein ruhiger, schläfriger Blick über Årstaviken, bevor der Herbst die Bucht endgültig in Besitz nahm. Er würde vollständig betäubt sein. Und dann die klassischen Schnitte tief in die Arterien in Längsrichtung der Unterarme.
    Eine letzte Anstrengung, um sich die richtigen Pillen zu beschaffen. Ein gut ausgeklügelter Einbruch in den Medikamentenschrank. Und dann einem diensthabenden Chirurgen ein Skalpell klauen. Kein Problem.
    Und jetzt saß er im Park des Söder-Krankenhauses und spürte, wie die Pillen wirkten. Der Schmerz im Bauch nahm ab, er wurde immer schläfriger. In der rechten Hand, die er in die Tasche seines Morgenrocks gesteckt hatte, weil die Pillen bewirkten, dass er fror, ruhte das Skalpell.
    Gleich würde Viggo Norlander es tun.
    Nur noch wenige Augenblicke, dann würde er das Skalpell am Handgelenk ansetzen und fühlen, wie das Leben ihn langsam und gutmütig verließ.
    Die Welt war sehr diffus.
    Er merkte, dass er lächelte.
    Es wird noch ein wenig dauern, bis ihr erwachsen werdet, Charlotte und Sandra, bevor ihr versteht, dass ich es für euch getan habe. Aber dann werdet ihr auch verstehen, warum. Ich habe euch die Freiheit zurückgegeben. Die Freiheit von der wahnsinnigen Unterdrückung durch den Krebs.
    Ein Mann erschien. Viggo Norlander konnte ihn kaum fixieren. Er trug einen Arztkittel, sah aber gar nicht aus wie ein Arzt. Er war zu groß. Hatte zu langes Haar. Eine zu große Ausbuchtung unter dem Kittel.
    Er sah zu sehr wie ein Indianer aus.
    Der Indianer kam näher. Er war jetzt sehr nahe. Da drückte er eine kleine Maschinenpistole an Viggo Norlanders Gesicht.
    Viggo Norlander lächelte und dachte: Was für ein komischer Traum.
    Was für ein lächerlicher, unwürdiger letzter Traum.
    Er wurde richtig wütend auf den lächerlichen Traum.
    Der Indianer sagte: »Give it to me.«
    Norlander entgegnete: »My name is John Wayne.«
    Der Indianer zischte: »The maskot, quickly.«
    Worauf Viggo Norlander ihm das Skalpell tief ins Auge stieß.
    Die Kaskade von Kugeln, die zum Himmel aufsprühte, erinnerte stark an ein sehr diszipliniertes chinesisches Feuerwerk.
    Norlander betrachtete seinen Körper. Es sah nicht so aus, als hätte ihn auch nur eine einzige Kugel getroffen.
    Er lachte wieder.
    Der Indianer lag über seinem Schoß, und von dem Skalpell in seinem Auge schauten nur ein paar Zentimeter heraus.
    Norlanders Handy klingelte. Er betrachtete es amüsiert.
    Es war auf jeden Fall ein ziemlich lustiger Traum.
    »Viggo«, sagte das Handy.
    »Paul«, sagte Viggo. »Du bist tot. Und ich selbst habe gerade einen Indianer getötet.«
    Es war einen Moment lang still.
    »Und dabei hatte ich vor, mir das Leben zu nehmen«, sagte Viggo Norlander nüchtern.

41
    Sie waren zurück in dem heißen, stinkenden Raum. Da saßen sie alle drei, Rawan Fahaidawi, Tore Michaelis und Paul Hjelm.
    »Allem Anschein nach war es ein brasilianischer Berufskiller namens Thiago«, erklärte Michaelis. »Es hat Hinweise darauf gegeben, dass er schon früher für Per Naberius gearbeitet hat.«
    »Ich vermute, dass Viggo ihn überrascht hat«, sagte Paul Hjelm. »Er hat zu seiner Zeit so manchen überrascht.«
    »Und er hat das Amulett?«
    »Ja«, erwiderte Hjelm. »Und er hat versprochen, noch ein bisschen zu warten, bis er sich das Leben nimmt.«
    Michaelis sah ihn an und nickte. »Und du?«, fragte er. »Bist du bereit, zu den Lebenden zurückzukehren?«
    »Ich denke schon«, sagte Hjelm. »Sicher, dass du nicht mitwillst?«
    »Dies hier ist eine gute Art und Weise, sich in

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