Butenschön
gesagt.«
»Fällt doch gar nicht auf in dem Trinkergesicht«, warf Kommissar Sorgwitz ein, während er das Bücherregal begutachtete. Ich schwieg, denn er hatte ja recht, wenigstens heute Morgen.
»Wie auch immer«, seufzte Fischer erneut, »ich habe in den letzten Tagen gegen jede Vernunft und auf die Gefahr hin, mich lächerlich zu machen – vermutlich bin ich der erste Heidelberger Polizist seit Menschengedenken, der mehr als drei vollständige Sätze mit einem Privatermittler gewechselt hat, ohne Ausschlag zu bekommen …« Nachdenklich betrachtete er meinen Becher und kratzte sich an der Nase. Dann sah er auf. »Jetzt habe ich doch glatt vergessen, wie ich meinen Satz begonnen habe.«
»Mit Herrn Koller, dessen Unverschämtheit geradezu bodenlos ist und durch die Tatsache, dass er jetzt Bücher schreibt, noch gesteigert wird«, half Greiner.
»Richtig, das auch. Und deshalb ist mir ein Rätsel, welcher Teufel mich geritten hat, zu den Kollegen von der Verkehrsüberwachung zu pilgern und ein gutes Wort für Sie einzulegen.«
»Wir wollten Sie noch abhalten, Chef«, erinnerte Sorgwitz.
»Folgendes habe ich aushandeln können, Herr Koller: Sie überlassen den beiden betroffenen Beamten, den Herren Greiner und Sorgwitz sowie unserer Hausbücherei je ein Exemplar Ihres Bestsellers. Also fünf Stück insgesamt.«
»Gerne. Ihnen keines?«
»Meine Frau besaß es bereits, da war es kaum geschrieben. Fünf Ihrer Bücher, wie gesagt. Und in jedes schreiben Sie vorne eine Widmung rein. Eine freundliche, wohlwollende Widmung, die durchaus den Charakter einer Entschuldigung haben darf.« Fischer sah zu seinen enttäuscht dreinblickenden Wadenbeißern hinüber und schüttelte den Kopf. »Nicht muss, aber darf. Wenn sich irgendwo auch nur ein Hauch Ironie darin findet, benutzen wir das Exemplar zum Heizen, und Sie bringen ein neues. Andernfalls geht das hier«, er wedelte mit meinem Foto, »seinen üblichen Gang, und in die Zeitung kommen Sie auch noch. Als besonders renitenter Fall.«
»Wusste nicht, dass Sie einen offenen Kamin im Revier haben«, murmelte ich. Irgendwie empfand ich diesen Deal schlimmer als jeden Punkt in Flensburg.
»Wir sollten ihm noch die jeweilige Anrede diktieren«, schlug Sorgwitz vor. »In meinem Fall: Dem bestaussehenden, intelligentesten, unbestechlichsten …«
»… Kampfhund des ganzen Polizeisportvereins«, ergänzte ich.
»Sie wissen, was Sie zu tun haben?«, fragte Fischer eindringlich.
»Naja.«
»Lesbar und mit Unterschrift, nicht zu vergessen. Gut, das wäre geklärt. Wir müssen weiter. Meine Herren, gehen Sie bitte schon mal vor, damit ich diesem Lümmel unter vier Augen klar machen kann, wie ernst es uns mit der Sache ist.« Er scheuchte die beiden Kläffer aus dem Raum. Greiner und Sorgwitz wechselten überraschte Blicke, gehorchten aber.
»Wollen Sie mir diktieren, was ich schreiben soll?«, fragte ich müde, nachdem die Wohnungstür ins Schloss gefallen war.
»Nein, das müssen Sie schon selbst wissen. Im Signieren sollten Sie mittlerweile Routine haben. Die Sache ist wirklich nicht lustig, Koller, einige Kollegen haben sich mächtig über Sie aufgeregt. Aber jetzt zu etwas anderem.« Er räusperte sich. »Zu meinem Neffen.«
»Kenne ich nicht.«
»Genauer gesagt, zum Neffen meiner Frau. Adrian.«
»Kenne ich immer noch nicht. Ist er auch geblitzt worden?«
»Schlimmer: Er schreibt.« Als Fischer meine verständnislose Miene sah, sprang er ganz gegen seine Gewohnheit auf. »Verdammt, Koller, nun machen Sie es mir nicht so schwer! Von Ihnen hat doch auch keiner erwartet, dass Sie unter die Schriftsteller gehen! Adrian ist das schwarze Schaf unserer Familie, also der meiner Frau, er studiert und studiert, und es kommt nichts dabei raus außer Romanen, die keiner verlegen will. Sein Vater hätte ihm längst … aber der ist selbst so ein Schwächling, der ist froh, wenn sein Knilch überhaupt etwas tut.«
»Das klingt ja furchtbar.«
»Das ist es auch. Koller, der Kerl ist Ende dreißig. Aus dem wird doch nichts mehr!« Erregt lief der Kommissar hin und her. »Was der alles studiert hat, kann ich Ihnen gar nicht aufzählen! Angeblich steht er jetzt kurz vor dem Examen, aber das stand er vor zehn Jahren schon einmal. Und überhaupt will er nur eins: Bücher schreiben. Schubladen hat er voll mit seinen Ergüssen!« Er kam zurück an den Tisch und setzte sich. »Hören Sie, Sie haben doch jetzt Kontakte. Zu Verlagen, zu Buchhändlern. Könnten Sie nicht
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