Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
was über die Menschen erfahren willst, musst du ihnen in die Augen sehen, Elias. Gerade hier in Ostfriesland.«
»Gute Idee«, sagte Elias.
Der Galgenvogel war dieses Mal nicht zu Hause, sondern in seinem Büro, das im selben Gebäude lag, aber einen separaten Eingang hatte. Futtermittel aus biologischem Anbau stand oben auf einer Holztafel, die wohl den Anspruch des Biologischen unterstreichen sollte.
»Natürlich war Gitta die ganze Nacht hier«, brummelte er, sortierte dabei Papiere auf dem Schreibtisch und hatte ein rabenschwarzes Gewissen – das konnte man erkennen, auch ohne Spezialist für Augen zu sein. »Also wenn Gitta irgendwas Ungesetzliches getan hat …«
»Hat sie nicht«, sagte Elias.
»Ist echt scheiße, sich mit Weibern einzulassen, die man nicht kennt. Aber die kennste ja nie«, meinte der Galgenvogel vertraulich. »Ich dachte, Gitta ist zu Hause angebunden, und manchmal kommt sie eben her … Das Leben ist zum Poppen da, oder? Wir hätten’s nett miteinander gehabt.«
»Und?«, fragte Elias und nahm sich einen Zettel aus dem Notizblockkästchen, das auf dem Schreibtisch stand.
»Und was?«
»Die Nacht von Donnerstag auf Freitag – bitte mit Uhrzeiten.«
»Also gut, einmal bin ich wach geworden«, räumte der Galgenvogel ein, »ich denke, so gegen drei, keine Ahnung. Da war sie halt mal weg, aber ich dachte, zum Pinkeln. Was soll man denn auch sonst glauben, vor allem, wo sie am nächsten Morgen selig neben mir geschlummert hat. Und wahrscheinlich war sie wirklich zum Pinkeln und ist gleich wieder zu mir unter die Decke gehuscht. Ich sag das nur. Ich weiß gar nichts. Aber im Ernst, wenn ich geahnt hätte …«
Elias notierte die Aussage. Dann fragte er den Galgenvogel nach dem Geburtsnamen (ebenfalls Galgenvogel) und Geburtsdatum (Heiligabend 1962 – »Ist ’n Ding, was?«) und ließ ihn schließlich in der Ecke des Zettels unterschreiben. Aufenthaltsort von Gitta Coordes in einem Teil der Mordnacht (ab 22:30 Uhr bis circa 11:00 Uhr am Freitag) ungewiss. Wenn er den Zettel an das entsprechende Formular heftete, ging das vielleicht auch offiziell durch.
Wohlgemut machte er sich auf die Rückreise. Ulf war schon nach Hause gegangen. Alles lief prima. Keine Ahnung, warum Harm sich Sorgen machte, dass er mit dem Kollegen Probleme haben könne.
Der dritte Tag nach Svens Rückkehr war ein Samstag, also frei. Am vierten Tag hatten sie eigentlich auch frei, trafen sich aber trotzdem, weil Harm wieder eine Teamsitzung einberufen hatte. Der Chef des Zentralen Kriminaldienstes, Jens Jensen, war ebenfalls dabei. Er musterte mit undurchsichtiger Miene seine Mordkommission und hörte zu, während Harm die Entwicklungen der letzten Tage zusammenfasste.
Der Neermoorer Badeteich war von Tauchern abgesucht worden, und die beiden anliegenden Teiche ebenfalls. Hatte aber alles nichts gebracht, außer Kosten natürlich. »Wir haben als Verdächtige erstens die Mutter Bärbel mit unsicherem Motiv, zweitens die Tante Gitta – wegen Überlastung …«
»Ich bin auch überlastet«, erklärte Jens Jensen milde und schaute sie der Reihe nach an, als überlege er, wie weit ihn selbst seine Überlastung treiben könne, was seine K 1-ler anging.
»Gitta hat für die Tatzeit ein Alibi«, sagte Harm. Da fiel Elias ein, dass er den Zettel vom Galgenvogel und die dazugehörigen Erkenntnisse noch nicht weitergereicht hatte. Er suchte in seiner Hosentasche und übergab Harm das provisorische Protokoll. Harm las es sich durch und sagte so leise, dass man merkte, wie sauer er war: »Das hätte ich vielleicht auch früher haben können?«
»Vergessen«, sagte Elias. »Aber ich fahre gleich nachher zu Gitta und verhöre sie in der Sache.«
»O nein. Heddawird fahren. Dann kriege ich vielleicht einen ordentlichen Bericht in dieser nicht ganz unwichtigen Angelegenheit.«
Ulf grinste, und Harm klopfte mit der Hand auf den Tisch, weil ihn das Grinsen ärgerte. »Die Aussage von Herrn Galgenvogel ist vage – das muss man also erst mal untersuchen, und wir lassen es deshalb außen vor. Um noch einmal auf die Verdächtigen aus der Familie zurückzukommen … Drittens wären da die Großeltern, aber die schließen wir aus.«
»Warum?«, wollte der ZKD -Chef wissen.
»Den Opa, weil er wegen Bettlägerigkeit nicht kann. Und die Oma wegen der Katze und der Hühner. Ich verwette mein Hemd drauf, dass der Tiermord und Steffis Verschwinden zusammenhängen. Aber die Oma hätte wohl kaum ihre eigenen Viecher an die Wand
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