Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
wie in einem schwarz-grauen Dschungel. »Ich bin kein Zauberer«, sagte er.
»Zauberer gibt’s auch gar nicht.«
Durch das Fenster hörten sie, wie jetzt auch Gitta nach Boris rief. Ihre Stimme klang panisch. Kein Wunder, nachdem Steffi einfach so verschwunden war. Weiß der Himmel, was sie sich gerade ausmalte.
»Kennst du denn nun das bucklige Männlein?«, fragte Elias.
»Ich muss zu Gitta«, sagte Boris.
Gitta schnauzte Boris gehörig an, als sie ihn endlich am Wickel hatte, aber der Junge machte sich nichts daraus. Er schlängelte sich in ihren Arm und wurde unter Vorwürfen gedrückt und gequetscht und mit Küssen bedeckt. Schöne, gesunde Tanten-Neffen-Beziehung, dachte Elias und fragte sich, warum Bärbel sich keine Sorgen gemacht hatte, als man ihren Filius suchte. Weil sie gewusst hatte, wo er steckte? Oder war sie sicher gewesen, dass sie sich keine Sorgen machen musste, weil sie Steffis Entführer kannte?
Der Abend brach an, und sie fuhren gemeinsam im Polizeibus nach Leer zurück.
»Ich habe versucht, den Journalisten den richtigen Eindruck zu vermitteln«, erklärte Ulf, der am Steuer saß, seinen Kollegen.
»Wovon denn?«, fragte Harm zerstreut.
»Na, davon, wie die Verbrechen eingeordnet werden müssen, soziologisch, mit dem Wissen um die ostfriesische Seele.«
»Wie denn?«, fragte Harm.
»Der Ostfriese ist ehrlich und treu.« Ulf schnaufte ärgerlich, weil Hedda zu lachen begann. Vielleicht konnte er im Rückspiegel auch sehen, wie Koort-Eike mit den Augen rollte.
»Wir haben einen Pressesprecher. Der wird dafür bezahlt, dass er mit der Presse redet«, sagte Harm.
»Bitte schön, kann mir ja egal sein, was man morgen über uns in der Zeitung liest«, meinte Ulf beleidigt. Dann waren sie auf dem Parkplatz der PI . Und weil Olly auch gerade mit ihrem roten Volvo auf den Hof kam, meinte Harm – nur zu ihr, nicht zu den anderen –, dass er gern mal über die hingemetzelte Katze nachdenken würde, in aller Ruhe, am liebsten bei der Frau Staatsanwältin zu Hause und mit einem guten, starken Tee, wenn es möglich wäre.
»Genau was ich mir am Feierabend wünsche«, grummelte Olly, sagte ihm dann aber doch zu, und so saßen sie schließlich zu dritt auf ihrer Terrasse – eine steinerne Insel der Zivilisation inmitten der ostfriesischen Wildnis. Kühe säumten den Horizont. Irgendwo ratterte ein Trecker. Es sah aus, als wolle es bald nieseln.
»Erste Frage: Hängt diese beschissene Tiermetzelei mit dem Verschwinden von Stefanie Coordes zusammen?«, wollte Harm wissen, der schlückchenweise seinen zu heißen, zu süßen Tee trank.
»Keine Ahnung«, sagte Olly. »Wie lautet die zweite Frage?«
»Die gibt’s nicht.«
»Die gibt’s doch«, meinte sie. »Zum Beispiel: Was mach ich mit den Tierschützern? Die haben nämlich bei mir im Büro angerufen und sich beschwert. Was wollen die denn? Dass ich ein Statement übers Annageln von Tieren an Stallwänden abgebe? Ich find’s auch total beschissen, habe ich durch Saskia weitergeben lassen.« Saskia war ihre Sekretärin.
»Ich würde dir vorschlagen …«
»Nee«, sagte Olly.
Harm verzichtete also auf seinen Vorschlag, ein bisschen diplomatischer mit der Öffentlichkeit umzugehen. Dafür riet er Elias, sich nun endlich mit den gelben Zetteln am Riemen zu reißen. »Es ist ja, wenn man mal den vernünftigen Menschenverstand einschaltet, nicht gerade wahrscheinlich, dass ein Geschwindigkeitsmesser oder eine Streife ausgerechnet Gitta Coordes erwischt haben soll, während sie mit Mordplänen zwischen Bremen und Neermoor hin- und herdüste. Mit solchen schrägen Einfällen machst du die Kollegen kirre. Schon gar, wenn du sie ihnen auf die Lampen pappst.«
»Mag sein«, meinte Elias. »Aber wissen kann man nie.«
Sie brüteten auf ihren Terrassenstühlen, während um sie herum winzige Unkrautsamen durch die Luft segelten, als wollte die Natur die Terrasse zurückerobern, was ihr sicher auch gelingen würde, so wie Olly ihren Garten behandelte.
Harm nahm einen weiteren Schluck aus seiner Teetasse. »Steffi braucht ihre Rheumamedikamente, weil sie ohne Behandlung Schmerzen kriegt. Aber ihr droht ohne das Zeug nicht unmittelbar Lebensgefahr, oder?«
Elias nickte.
»Ist doch scheißegal. Sie ist tot«, sagte Olly, was zynisch geklungen hätte, wäre ihr Tonfall nicht so bitter gewesen.
»Das wissen wir nicht«, widersprach Harm. »Die Hunde haben nicht angeschlagen.«
»Aber die sind nicht Sherlock Holmes. Die können sich irren.«
»Wir
Weitere Kostenlose Bücher