Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
dein Steve ein Hundert-Prozent-Mann ist. Bin gespannt, ob du auch dort bleibst, wenn es nicht richtig peng macht zwischen euch, sondern nur knattert, oder ob du dann wiederkommst.« Wir lachen. »Hör mal, wenn er dich aber ärgert oder sonst irgendwas ist, dann rufst du mich sofort an, ja? Und dann buche ich dir sofort einen Flug zurück.«
Wir umarmen uns ganz fest. Ich weiß nicht, wann wir uns wiedersehen werden, das ist das Schlimme an diesem Abschied. Kann sein, dass meine Mutter in ein paar Tagen oder Wochen wieder da ist. Vielleicht wird sie aber auch für immer in Amerika bleiben.
»Ich wünsche dir von Herzen alles Glück der Erde«, sage ich tränenüberströmt. »Du hast es verdient, Mama. Und pass auf dich auf.«
Als sie winkend durch die Absperrung zum Zoll geht, denke ich kurz daran, mit welchem Mut sie mit ihren 67 Jahren in ein fremdes Land fliegt. Ob sie mit ihren geringen Englischkenntnissen überhaupt zurechtkommen wird da drüben? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass am Flughafen von Detroit jemand Deutsch sprechen wird. Aber Steve wird ja sicher dort sein, um sie abzuholen.
»Schreib eine E-Mail, wenn du angekommen bist, ja!«, rufe ich noch hinterher und mache mit der Hand noch eine Telefonbewegung, falls sie mich nicht mehr gehört hat.
Aber da ist sie schon verschwunden.
Auf der Heimfahrt versuche ich mich abzulenken, indem ich mir tausend Sachen vornehme, die ich in der nächsten Zeit unbedingt erledigen muss. Zum einen muss ich die Gaststätten-Konzession beantragen, diesen Gastro-Kurs machen, mich so langsam mal um eine ordentliche Kaffeemaschine kümmern ebenso wie um Möbel und ein Farbkonzept für das Café.
Da Jojo, der natürlich mit am Flughafen war, heute noch keinen ordentlichen Spaziergang gemacht hat, ziehe ich zu Hause gemütliche Jeans und Turnschuhe an, und dann marschieren wir los.
Wie schön es heute wieder einmal ist. Habe ich eingangs erwähnt, dass der Frühling meine liebste Jahreszeit am Bodensee ist, so bin ich geneigt, diese Meinung jetzt zu revidieren. Eigentlich mag ich den Herbst ja viel lieber. Wenn sich die Blätter der vielen Laubbäume in ein rot-goldenes Farbenmeer verwandeln und die Sonne alles in warmes Licht taucht, dann geht mir das Herz auf, so kitschig das auch klingt.
Ich setze mich am Ufer des Sees ein wenig hin, werfe Steine ins Wasser, die Jojo zu fangen versucht. Jetzt, Mitte Oktober, ist es immer noch so warm, dass ich die Jacke ausziehen kann. Aber schon bald wird wieder der Nebel ganz sachte und leise vom Wasser aufsteigen und die Natur in ein milchiges Grau hüllen. Ich vermisse Frieda. Wie gern würde ich jetzt auf dem Heimweg mit ihr bei einer schönen Tasse Tee sitzen und über die Liebe und das Leben plaudern.
»Komm, Jojo, wir gehen heim.«
Wenn ich der kleinen Hündin etwas zu fressen gemacht habe, kann ich bestimmt noch ein Stündchen ins Krankenhaus. Als wir vor der ›Butterblume‹ ankommen, erwartet uns eine Überraschung. Emily sitzt auf den Stufen vor meiner Haustür, in der Hand hält sie einen großen Kranz aus Beeren und Ähren.
»Hi, Maja«, begrüßt sie mich freudestrahlend. »Ich dachte, ich besuche dich mal in deinem neuen Zuhause.«
Ich freue mich wirklich, sie zu sehen.
»Du hättest dir keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können als heute. Komm rein, ich mache uns einen Tee.« Schließlich habe ich von Frieda gelernt, wie das geht.
»Wow. So toll habe ich mir das hier gar nicht vorgestellt«, sagt Emily begeistert.
»Leon hat mir ja erzählt, dass du dich in dieses Haus hier so sehr verliebt hast, dass du dafür sogar ihn hast sausen lassen. Jetzt verstehe ich, warum«, grinst sie.
»Also, ganz so war es ja eigentlich nicht. Da kamen schon noch ein paar andere Dinge hinzu …«, versuche ich zu erklären, während wir uns ein Plätzchen im zukünftigen Café suchen. Emily blickt sich staunend um. »Weißt du, ich hatte auf einmal so ein Gefühl, als müsste ich noch mal von vorn beginnen. Aber es stimmt schon: Seitdem ich das erste Mal hier war, ließ mich der Gedanke nicht mehr los, hier leben zu wollen. Und mit Leon, da hatte ich immer öfter das Gefühl, dass das nicht mehr passt mit uns.«
»Ich verstehe ja, was du meinst. Wenn ich ehrlich bin, habe ich von Anfang an gedacht, dass ihr beide nicht so richtig zusammenpasst. Obwohl da auch immer so eine Harmonie war zwischen euch. Aber er ist in vielen Dingen so ganz anders als du. Diese ganzen Statussymbole, der Porsche, der Golfclub,
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